Stuttgart - Soziale Netzwerke, aber auch Unternehmen wie Lidl, die Deutsche Bahn oder Google stehen am Pranger, weil sie sich immer wieder in Datenskandale verwickeln. Personenbezogene Infos werden jedoch an viel mehr Stellen gesammelt. Die meisten Bürger kennen sich jedoch im Datendschungel nicht mehr aus.

Es gibt verschiedene Orte, an denen Daten von Bürgern gesammelt werden. Experten unterscheiden zwischen öffentlichen und privaten Stellen - also Behörden und etwa Unternehmen.

Wer kümmert sich um den Datenschutz?

Wer kümmert sich um den Datenschutz?

Der Landesbeauftragte für Datenschutz gibt Auskunft darüber, welche öffentlichen Stellen Daten über den Bürger sammeln. In Baden-Württemberg bekleidet dieses Amt seit April 2009 Jörg Klingbeil. Bei ihm können sich Bürger beschweren, falls ihre Daten durch Behörden des Landes oder der Kommunen missbraucht wurden. Bei Fragen, die Bundesbehörden betreffen, ist der Bundesdatenschützer Peter Schaar zuständig. Um den privaten Datenschutz im Land kümmert sich das Innenministerium. Beschwerden nimmt auch die Verbraucherzentrale entgegen.

Welche Ämter sammeln Daten von Bürgern?

Welche Ämter sammeln Daten von Bürgern?

Beim Einwohnermeldeamt werden die Meldedaten gesammelt. Das Standesamt registriert Änderungen im Personenstand. Also Geburten, Eheschließungen, Begründungen von Lebenspartnerschaften und Sterbefälle. "In Stuttgart befinden sich die Daten in doppelter Ausführung lediglich auf Papier geschrieben im Stadtarchiv und im Standesamt", sagt Anja Henrich, stellvertretende Amtsleiterin. 2013 sollen die Daten im Zuge der Personenstandrechtsreform jedoch digitalisiert werden. Das Finanzamt speichert die Steuerdaten. Also diejenigen Informationen, die auf der Lohnsteuerkarte stehen beziehungsweise über die Steuererklärung angegeben werden. Die Daten sind streng geschützt, weil über sie Rückschlüsse auf die Lebensverhältnisse einer Person gezogen werden können - zum Beispiel wenn der Steuerzahler angibt, dass er ledig ist und bei der Steuererklärung die Unterhaltszahlung eines Kindes angibt. Beim Sozialamt tauchen die Daten derjenigen Menschen auf, die Sozialleistungen in Anspruch nehmen. In einer Sozialhilfeakte finden sich Angaben zum Einkommen, zu Schul- und Berufsausbildung, Scheidungsurteile und ärztliche Atteste. Das Gesundheitsamt speichert Informationen für Untersuchungen, die im Amt gemacht werden - etwa eine Einschulungsuntersuchung, HIV-Tests oder amtsärztliche Untersuchungen für Menschen im öffentlichen Dienst. Eine Führerscheinstelle notiert sich die Daten, die auf dem Führerschein zu sehen sind. Des Weiteren besitzen Schulen und Hochschulen Daten von Schülern oder Ehemaligen, teilweise auch von deren Eltern.

Was bedeutet Elena?

Was bedeutet Elena?

Der Name steht für "elektronischer Entgeltnachweis". Elena ist das größte Erfassungs- und Vernetzungsprojekt von Arbeitnehmerdaten, das es in Deutschland je gegeben hat. Es sieht vor, dass alle drei Millionen Arbeitgeber hierzulande Daten wie Verdienst, Arbeitszeit oder Sozialabgaben elektronisch an einen Zentralcomputer der Deutschen Rentenversicherung in Würzburg weiterleiten. Ziel ist: Weniger Bürokratieaufwand, wenn ein Bürger einen Antrag stellt, bei dem er eine Arbeitgeberbescheinigung braucht. Datenschützer wehren sich gegen das Gesetz. Ihr Vorwurf: Es werden höchst sensible Informationen über Arbeitnehmer weitergeben. Dazu gehören nicht nur die Daten, die in der Gehaltsabrechnung stehen, sondern auch Angaben über Abmahnungen, vertragswidriges Verhalten oder Kündigungsgründe. Einen Eindruck über das Ausmaß gibt die Stärke des Fragebogens, den der Arbeitgeber ausfüllen muss: Er umfasst rund 40 Seiten.

Wer taucht im Rechner der Polizeidienststellen auf?

Wer taucht im Rechner der Polizeidienststellen auf?

Wer eine Straftat begangen hat, wird im Polizeiauskunftssystem (Polas) erfasst. Es kann die Meldedaten eines Täters registrieren sowie Einzelheiten zur Haft, zum Aussehen der Person und zu seiner Psyche. Wie lange die Daten gespeichert werden, richtet sich nach dem Alter des Täters und der Schwere der Tat. Am längsten bleiben Sexualdelikte durch Jugendliche oder Erwachsene in der Datenbank - nämlich 20 Jahre. Es gibt eine Grauzone im Auskunftssystem: Auch die Daten von Verdächtigten werden gespeichert und erst wieder gelöscht, wenn ein Gericht die Unschuld des Betroffenen feststellt.

Welche Strafregister sammeln Daten?

Welche Strafregister sammeln Daten?

In der Verkehrssünderkartei in Flensburg werden alle rechtskräftigen Ordnungswidrigkeiten (über 40 Euro Bußgeld), Verurteilungen in Verkehrsstrafsachen, Fahrverbote und Entziehungen von Führerscheinen gespeichert. Die Punkte werden mit der Zeit getilgt. Dann werden auch die Daten gelöscht. "Es gibt also keine Nullkonten eines jeden Bürgers", sagt ein Sprecher des Kraftfahrt-Bundesamts. Beim Bundeszentralregister werden unter anderem strafgerichtliche Verurteilungen mit den Personendaten gespeichert. Wer bei der Meldebehörde ein polizeiliches Führungszeugnis beantragt, erhält ein Schreiben, das sich aus den Daten des Bundeszentralregisters speist.

Habe ich ein Recht darauf zu erfahren, welche Daten Behörden speichern?

Habe ich ein Recht darauf zu erfahren, welche Daten Behörden speichern?

Die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder geben dem Bürger ein Auskunftsrecht gegenüber der behördlichen Stelle, die seine Daten speichert. Seit 2006 gilt in Deutschland zudem das Informationsfreiheitsgesetz. Es soll jedem Bürger Zugang zu Informationen und Unterlagen der öffentlichen Stellen des Bundes ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn der Bürger nicht persönlich betroffen ist. So muss das Innenministerium beispielsweise Auskunft darüber geben, wie viele Videokameras in Deutschland installiert sind, wenn sich ein Bürger dafür interessiert.

Welche Daten werden im halb öffentlichen Bereich gesammelt?

Welche Daten werden im halb öffentlichen Bereich gesammelt?

"Daten werden sowohl von den gesetzlichen als auch den privaten Krankenkassen gespeichert, wobei die Rechtsgrundlage einmal das Landesdatenschutzgesetz, zum andern das Bundesdatenschutzgesetz ist, das macht die Sache etwas unübersichtlich", sagt der Landesbeauftragte für Datenschutz, Jörg Klingbeil. "Auch Krankenhäuser verfügen natürlich über Patientendaten." Daneben sind personenbezogene Daten im Ver- und Entsorgungswesen gespeichert. Also bei den Stadtwerken oder beim Stromversorger.

Welche Informationen werden bei Kundenbindungsprogrammen gespeichert?

Welche Informationen werden bei Kundenbindungsprogrammen gespeichert?

Manche Unternehmen bieten Rabattprogramme an. Voraussetzung für einen Rabatt ist das Vorzeigen der Kundenkarte beim Kauf. "Die Rabatte bezahlen Verbraucher mit der Preisgabe ihrer Daten", sagt Christian Gollner, Datenschutzexperte der Verbraucherzentrale in Baden-Württemberg. "Die Unternehmen verzeichnen die Einkäufe und können Konsumprofile erstellen." Dies ist nützlich für die Gestaltung von Werbung. Bei Missbrauch der Daten könnten diese bei der Entscheidung für die Vergabe von Krediten oder die Gewährung von Versicherungen herangezogen werden, sagt Gollner. Er rät den Verbrauchern, die Datenschutzbestimmungen genau zu lesen und ungewünschte Passagen zu streichen. Auch wer mit der Bahncard Punkte sammelt oder beim Einkaufen mit der Karte zahlt, hinterlässt Datenspuren.

Wie gefährlich sind Gewinnspiele?

Wie gefährlich sind Gewinnspiele?

"Wir haben den Eindruck, dass Gewinnspiele vor allem dazu dienen, Verbrauchern bei der Teilnahme auch eine Einwilligung zu Werbung abzuringen", sagt Gollner. Im Kleingedruckten versteckten sich Einwilligungsklauseln zu Datenweitergabe und Ansprache durch Werbung, vor allem im Internet. Verbraucher könnten zwar im Nachhinein der Werbeansprache widersprechen. Unseriöse Unternehmen würden Daten jedoch vermutlich weiterhin zum eigenen Profit weitergeben, sagt Gollner.

Was weiß das Internet?

Was weiß das Internet?

"Das Internet weiß viel über Verbraucher", sagt Datenschutzexperte Christian Gollner. Bei sozialen Netzwerken liefern sich Anbieter und Datenschützer ein Katz-und-Maus-Spiel. "Viele Menschen geben Persönliches preis oder Persönliches wird durch Freunde oder Bekannte öffentlich", sagt Gollner. Die Anbieter von sozialen Netzwerken nähmen aber Datenschutz zunehmend ernst und böten in ihren Portalen Einstellungsmöglichkeiten, um Daten vor ungewolltem Zugriff zu schützen. "Vorsicht ist bei Standardeinstellungen geboten." Nach der Voreinstellung seien Daten wenig geschützt.

Was speichern Auskunfteien?

Was speichern Auskunfteien?

Auskunfteien sind Unternehmen, die Informationen zur Kreditwürdigkeit von Verbrauchern sammeln. "Sie ermitteln einen Wahrscheinlichkeitswert, der Banken zum Beispiel für die Risikoabschätzung bei der Kreditvergabe dient", sagt Gollner. Der Weitergabe der Daten stimmen die Verbraucher selbst zu, wenn sie etwa einen Mobilfunkvertrag unterschreiben oder ein Konto eröffnen. Das Problem: Die Schufa schaut nicht auf den Einzelnen, sondern vergleich Risikogruppen. So kann es passieren, dass auch ein Gutverdiener abrutscht. Denn schon eine Wohngegend mit schlechtem Ruf kann die Einstufung drücken.