Europa soll unabhängig von Öl und Gas werden. Solarenergie spielt dabei eine zentrale Rolle und wird deshalb von der EU gefördert. Foto: dpa/Marijan Murat

Die EU will mit der Europäischen Allianz der Photovoltaikindustrie die Produktionskapazitäten deutlich vergrößern.

Die Europäische Union will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der beschleunigte Ausbau der Solarindustrie soll im Moment vor allem die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen verringern. Langfristiges Ziel aber ist der Kampf gegen den Klimawandel in Europa, bei dem die Photovoltaik eine zentrale Rolle spielt. Um die Kapazitäten besser zu bündeln und zu steuern, hat die EU-Kommission nun zusammen mit Vertretern von Industrie, Forschungsinstituten und Verbänden die Europäische Allianz der Photovoltaik-Industrie ins Leben gerufen. Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, erklärte Binnenmarktkommissar Thierry Breton in Brüssel, dass Europa nur durch gezielte Kooperationen „im globalen Wettbewerb bestehen kann“.

EU sieht Solarindustrie als Jobmotor

Erklärtes Ziel ist es, bis 2025 die Produktionskapazitäten in der EU deutlich auf 30 Gigawatt über die gesamte Wertschöpfungskette zu erhöhen. Geplant waren bisher 20 Gigawatt. EU-Kommissar Breton erhofft sich auch wichtige positive Nebeneffekte: Die Solar-Initiative soll wie eine Art Job- und Wachstumsmotor wirken. 400 000 neue Stellen müssten neu besetzt werden, und es werde eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von 60 Milliarden Euro generiert, so die optimistische Prognose aus Brüssel.

Die Europäische Union rennt mit ihrer Initiative offene Türen ein. Nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft ist in Deutschland die Nachfrage nach Photovoltaik das sechste Jahr in Folge zweistellig gewachsen. Vor allem bei privaten Hausbesitzern sei die Nachfrage durch die Energiekrise nochmals sprunghaft gestiegen, große Zuwächse gebe es auch bei Anlagen auf Freiflächen, erklärte Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Die Investitionsbereitschaft sei hoch, doch dem würden noch immer die aktuellen Förder-, Netzanschluss- sowie Planungs- und Genehmigungsbedingungen im Wege stehen. Bei Privatleuten erwartet der Verband angesichts der stark gestiegenen Energiekosten und des Wunsches nach mehr Unabhängigkeit eine weiter steigende Nachfrage in diesem Jahr.

Industrie beklagt den Paragrafendschungel

Auch in Brüssel wurde erkannt, dass der Dschungel aus verwirrend vielen Genehmigungsverfahren gelichtet werden muss, wenn die Europäische Allianz der Photovoltaikindustrie tatsächlich Erfolg haben soll. So plant die EU-Kommission vor allem im Produktionsprozess etwa, bürokratische Hindernisse abzuschaffen und Antragswege zu vereinfachen. Auf diesem Weg sollen zukunftweisende Innovationen erleichtert werden. Zu den Zielen gehört auch, die Ausbildung von Fachkräften voranzutreiben, die in vielen Bereichen schon jetzt Mangelware sind. Eine der größten Herausforderungen wird allerdings der Aufbau von robusten Lieferketten sein. Das heißt, dass die EU sich von der Abhängigkeit von wenigen Partnern lösen will und ein breites Netzwerk an Lieferanten aufbauen möchte.

Das ist eine bittere Lehre aus der jahrelangen gefährlichen Fixierung auf russische Energielieferungen. Doch die Abhängigkeit von China im Bereich der Photovoltaik ist noch wesentlich größer. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet vor, dass im Moment 90 Prozent der nach Europa importierten Paneele und wichtige Bauteile in China produziert werden. Bis 2027 könnte sich diese Vorherrschaft auf zumindest 75 Prozent reduzieren, weil die USA Milliardensummen in die Produktion von Photovoltaikanlagen investieren, heißt es weiter.

Das Problem ist auch hausgemacht

Dabei ist dieses Problem auch hausgemacht. Vor etwa zehn Jahren war Deutschland in Sachen Solarenergie in allen Bereichen führend in der Welt. Dann entdeckte China diesen Zukunftsmarkt und begann seine Produzenten massiv staatlich zu fördern. Zur selben Zeit wurde in Deutschland die Einspeisevergütung drastisch gestrichen. Die Nachfrage brach ein, deutsche Hersteller gingen pleite, rund 100 000 Arbeitsplätze wurden abgebaut. China besetzte daraufhin konsequent den Markt und streicht heute die Gewinne ein.