Schnell muss es gehen: Das Team von Kai Effinger sorgt für spärliches Licht, dann wird fotografiert. Foto:  

Kunst für einen guten Zweck: Der Fotograf Kai Effinger will mit seinen Nachtporträts Geld für sauberes Trinkwasser sammeln.

Stuttgart - Der Hintergrund ist dunkel. Nur einige verschwommene Lichter lassen sich noch erkennen. Sie wirken, als würden sie in der Ferne vorbeiziehen. Im Vordergrund ist ein helles Gesicht zu sehen. Die Mimik ist ausdruckslos, die eisblauen Augen weit offen. Am Hals sind Muttermale zu erkennen, der dunkelblaue Pulli scheint in dem schwarzen Hintergrund zu versinken.

„Als hätte man die Person in das Bild reingesetzt“, beschreibt Kai Effinger das Foto. Er ist Künstler und seit zwei Jahren in den Bereichen Grafikdesign und Fotografie unter dem Namen Blattkunst tätig. An der Fotografie beeindruckt den 22-jährigen Stuttgarter die Schnelligkeit: „Es ist großartig, die schönsten Momente so schnell wie ein Wimpernschlag festzuhalten.“ Diese Schnelligkeit hat der Fotograf vor allem in den letzten elf Monaten bewiesen.

Von Stuttgart aus reiste er mit einer kleinen Gruppe in mehrere große Städte Deutschlands und der Schweiz, um verschiedene Gesichter vor die Linse zu bekommen. Der Hintergrund war dabei immer dunkel, fast schwarz. In der Ferne sah man nur einige Autolichter oder Straßenlaternen. Das Gesicht wurde mit Hilfe zweier flacher Rechner beleuchtet, deren Bildschirm sehr hell eingestellt wurde und die man mit einem weißen Hintergrund versah.

Keine Maske, keine Stylisten

„Mit Hilfe des eingeschränkten Dauerlichts entsteht ein natürlicher Schatten, der den eigenen Charakter der Person hervorhebt“ sagt Effinger. „Für alle Fotografierten war diese Art von Beleuchtung völlig neu. Gerade die Künstler hatten mit großen Strahlern oder einer Blitzanlage gerechnet und mich zuerst nicht ernst genommen bei meiner Anfrage.“

Innerhalb von Minuten entstanden ausdrucksstarke Fotos. Langes Posieren, Maske und Stylisten gab es nicht. „Es ging darum, sich so zu zeigen, wie man ist. Oft habe ich einfach auf den Auslöser gedrückt, während ich mit der Person im Gespräch war oder gleich zu Beginn, ohne dass man sich auf den Moment vorbereiten konnte.“

Oft hatte der Fotograf auch keine Zeit. So erzählt Effinger von Abenden in Berlin, in denen er von Veranstaltung zu Veranstaltung rennen musste, um die letzten Porträts zu schießen. Zunächst war er nur in Stuttgart aktiv, schließlich reiste er nach Berlin, Hamburg, Düsseldorf und in die Schweiz, um seine Modelle zu finden. 500 Menschen im Alter von 18 bis 45 hat er fotografiert. Nicht nur bekannte Menschen, aber so mancher Promi macht mit. Darunter die Stuttgarter Hip-Hop-Gruppe Die Orsons, Schauspielerin Cosma Shiva Hagen, Rapper Torch und No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa. Im Vordergrund standen dabei immer das Gesicht und die Individualität. Effinger: „Ich möchte mit den Fotos zeigen, dass egal wer du bist oder wie du aussiehst, du etwas bewirken kannst und dass das schon mit wenig Aufwand getan ist.“

Blattkunst für sauberes Trinkwasser in Afrika

Doch warum reist er mit zwei sogenannten Tablet-Computern und einer Spiegelreflexkamera durch halb Deutschland? Sein Projekt heißt „Licht An - Blattkunst supports Viva con Agua“. Damit will er die Menschen auf die Trinkwasserknappheit in Afrika aufmerksam machen. „Licht in die Dunkelheit bringen“, so nennt es Effinger, wenn er von den Fotos spricht.

Ausgewählte Bilder wird er in einem Fotobuch zeigen, 25 Fotos stellt er bis 29. Mai im Wilhelmspalais aus. Die auf 1000 Stück limitierten Fotobücher werden verkauft, und die Ausstellungsstücke werden versteigert. Den Erlös möchte er Viva Con Agua spenden, das Projekt des früheren Fußballprofis Benjamin Adrion setzt sich für sauberes Trinkwasser in Entwicklungsländern ein.

„Mit Hilfe meiner Fotos ist es mir endlich möglich, eine größere Summe an Viva Con Agua zu spenden und Menschen, für die Trinkwasser nicht selbstverständlich ist, zu helfen. Gleichzeitig kann ich andere auf dieses Problem aufmerksam machen“, sagt Kai Effinger. „Die Personen auf den Bilder sollen dabei die Aktiven darstellen, die sich für das Projekt und die Trinkwasserknappheit einsetzen. Die Lichter im Hintergrund sind diejenigen, die es bereits tun. Und die Dunkelheit sind die, die über solche Probleme Bescheid wissen, aber dabei nur zusehen.“

Die Ausstellung „Licht An - Blattkunst supports Viva Con Agua“ ist vom 22. bis 29. Mai im Wilhelmspalais Stuttgart zu sehen. www.blattkunst.com