„Karl-Marx-Stadt 1984“ heißt diese Aufnahme. Foto: Ulrich Wüst

Die Galerie Hartmann Projects zeigt ab 18. September Ulrich Wüsts „Stadtbilder“ – Aufnahmen ostdeutscher Städte, die den Fotokünstler berühmt gemacht haben.

Stuttgart - Häuser, Fassaden, Straßen, Städte: Dass sich Ulrich Wüst in seinen Fotografien vielfach mit der gebauten Umwelt befasst, liegt nahe: Der gebürtige Magdeburger war bis 1977 als diplomierter Stadtplaner in Ost-Berlin tätig; erst 1983 begann er, hauptberuflich als freischaffender Fotograf zu arbeiten

In internationalen Museen vertreten

Von 1979 bis 1985 dokumentierte er mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen den Zustand und die Entwicklung ostdeutscher Städte. Diese „Stadtbilder“ gelten als die wichtigste Werkgruppe seiner DDR-Jahre und haben Wüst berühmt gemacht, erst in der DDR, dann weltweit, nachdem er mit ihnen 2017 auf der documenta 14 in Kassel vertreten war.

Wüst, Jahrgang 1949, zählt heute zu den bekanntesten deutschen dokumentarisch-künstlerischen Fotografen. Seine Fotos sind in internationalen Museen und Galerien zu sehen, die Liste seiner Ausstellungen ist lang, doch in Baden-Württemberg war der Künstler bislang nicht mit einer Einzel-Schau vertreten.

Erstmals erscheint ein Bildband über die „Stadtbilder“

Diese Lücke füllt nun die Galerie Hartmann Projects im Galerienhaus in Stuttgart, die ab 18. September eben jene „Stadtbilder“ präsentiert. Die Schau ist zweigeteilt; im zweiten Teil ab Mitte November nach einer kurzen Schließung werden die gezeigten rund fünfzig Bilder durch weitere ergänzt und neu gehängt. Zudem soll dann das geplante, die Ausstellung begleitende Buch vorgestellt werden. Denn obwohl Wüst viele Bildbände publiziert habe, gebe es bislang keinen über sein Hauptwerk, die „Stadtbilder“, so der Galerist und Verleger Markus Hartmann.

Nüchtern und doch fein ironisch

Wüst kommentiert in seinen vermeintlich nüchtern-objektiven Fotografien zwischen den Zeilen sehr fein und treffend den Zustand des Sozialismus. Der Diktatur und Monotonie des rechten Winkels im sozialistischen Plattenbau im Ost-Berlin des Jahres 1982 entkommen zwei Kinder auf einem pilzkopfartig gerundeten Spielgerät – am linken Bildrand sind sie kaum zu erkennen. Auf einer anderen Aufnahme von 1984 entsteht zwischen dem berühmten Karl-Marx-Monument in Chemnitz, dem damaligen Karl-Marx-Stadt, und dem Ergebnis des Städtebaus drumherum eine vielsagende Spannung. Wüsts Fotografien mögen auf den ersten Blick grau, flach, beinahe öd wirken – wer sich auf sie einlässt, kann tief in sie und ihre subtil-ironischen Botschaften hinabsteigen.

Ausstellung in zwei Teilen

Galerienhaus
Die Ausstellung „Ulrich Wüst – Stadtbilder 1979 bis 1985“ der Galerie Hartmann Projects im Galerienhaus in der Breitscheidstraße 48 ist in zwei Teilen zu sehen, von 18. September bis 6. November und von 16. November bis 18. Dezember. Öffnungszeiten auf der Homepage www.hartmannprojects.com. Während des Stuttgarter Galerienrundgangs Art Alarm am 25. September geöffnet von 11 bis 20 Uhr, am 26. September von 11 bis 17 Uhr.

Fotosommer
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit der Loock Galerie in Berlin und wird im Rahmen des Stuttgarter Fotosommers (15. bis 30. September) gezeigt.