Selbst die Fotografin Cordula Treml (links) war fasziniert von ihrer Ausstellung und davon, dass die Porträtierten so zahlreich waren und sich gerne vor den Bildern fotografieren ließen. Foto: Siegmeier

Die Fotokunstausstellung »Odysseen – Hier vorüber wandernde Menschen« des Zimmertheaters im Alten Rathaus stößt auf großes Interesse. Ganz persönliche Lebensgeschichten von 40 Menschen aus Rottweil sind dort über einen QR-Code auf dem Smartphone abrufbar.

Es war ein durchaus ungewöhnlicher Anblick bei einer Vernissage. Freilich werden da schon mal Smartphones gezückt, um das eine oder andere Exponat zu fotografieren. Doch dass sich gleich mehrere Leute ihr Smartphone ans Ohr halten und gespannt lauschen, das gibt’s wohl nur selten. Genau das ist bei der Fotokunstausstellung »Odysseen – Hier vorüber wandernde Menschen« im Alten Rathaus aber unbedingt notwendig.

Schauspieler haben die Texte eingesprochen

Zu sehen sind gut 40 großformatige Porträts, die die in Paris lebende Fotografin Cordula Treml von in Rottweil lebenden Menschen angefertigt hat. Sie hat sich auch die besonderen Lebensgeschichten der Porträtierten erzählen lassen, die begleitend zu den Bildern von Schauspielern des Zimmertheaters eingesprochen wurden und per QR-Code abrufbar sind.

Am Samstagabend wurde die Ausstellung mit Porträts vieler bekannter und weniger bekannter Rottweiler Gesichter eröffnet. Das Zimmertheater hat sie zu seinem neuen Stück »Soul oder die seltsamsten Menschen der Welt«, inszeniert. Das Stück feiert am kommenden Freitag, 24. März, um 20 Uhr Premiere.

Theatercafé wurde zum Fotostudio

Die Resonanz war riesig. »Es ist die erste Ausstellung des Zimmertheaters hier im Alten Rathaus und eine Ausstellung, die wir so noch nicht hatten«, sagte Oberbürgermeister Christian Ruf bei der Eröffnung. Dass das Theater ins Rathaus komme, habe es noch nicht gegeben. Deshalb freue er sich nun umso mehr, dass dies möglich wurde. »Das Zimmertheater ist unser professionelles Theater in Rottweil. Die Stadt ist Partner des Theaters und fördert es mit Barmitteln, und wie zuletzt auch dadurch, dass wir die Stallhalle als Spielort zur Verfügung stellen«, so Ruf.

»Es war ein wirklich tolles Projekt«, freut sich Intendantin Bettina Schültke. Sie erzählt, dass das Theatercafé für die Aufnahmen kurzerhand in ein Fotostudio verwandelt worden sei – und sich die Menschen so wohlgefühlt hätten, dass sie ihre Geschichten gerne erzählten. »Danke, dass ihr so viel Vertrauen hattet«, sagte sie in Richtung der Porträtierten.

Intendant Peter Staatsmann betonte, dass ein Teil der Wirklichkeit sei, dass »wir Rollen entsprechen müssen. Dass wir ihnen folgen, dass wir sie einhalten oder irgendwann auch nicht mehr einhalten. Wer weiß, dass er Rollen durchlebt, der legt sie auch leichter wieder ab«, so Staatsmann. Auch der Stuttgarter Georg Wilhelm Friedrich Hegel habe sich mit Identität beschäftigt. Für ihn ist sie »nicht allzu fest gefügt und niemals unabänderlich und endgültig«. Identität ist die Identität von Identität und Nichtidentität, so lautet Hegels Definition.

Geblieben, der Arbeit oder oft der Liebe wegen

Die etwa zwei bis drei Minuten langen Geschichten der Porträtierten anzuhören, fasziniert und begeistert gleichermaßen.

Die Beweggründe und vielleicht auch Zufälle, warum Menschen in Rottweil angekommen oder gestrandet sind, sind vielfältig, ihre Herkunft ebenso. Sie sind geblieben – der Arbeit, oder meist auch der Liebe wegen. Und sie alle lieben Rottweil. Es lohnt sich hineinzuhören.

Die Porträts samt Geschichte sind auch im Internet über die Homepage des Zimmertheaters unter www.zimmertheater-rottweil.de abrufbar.

Die Ausstellung im Rathaus sowie in den Schaufenstern des Stadtmuseums und des Kirsnerschen Hauses sind noch bis zum 21. April zu den üblichen Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen.