Das toskanische Forte dei Marmi hat einst schon Thomas Mann angelockt. Heute sind es Promis wie George Clooney, Naomi Campbell und Leonardo DiCaprio, die die gepflegte Atmosphäre schätzen.
Nach einem katastrophalen Frühjahr und Frühsommer scheint endlich auch in Norditalien die Sonne. Allmählich treffen im luxuriösen toskanischen Badeort Forte dei Marmi die Stammgäste ein. In den in eine üppige Gartenlandschaft eingebetteten Villen wohnten einst Modeschöpferin Coco Chanel und die früheren Fiat-Eigner, die Familie Agnelli, die mit dem Wasserflugzeug aus Genua anreiste. Auch Thomas Mann verbrachte hier 1926 einige Zeit mit seiner Familie. Davon zeugt seine Novelle „Mario und der Zauberer“, die kein schmeichelhaftes Bild des Ortes zeichnet. Aufschlussreich sind seine Beobachtungen über die frühen Jahre des Faschismus in dem Badeort, der bei dem Literatur-Nobelpreisträger Torre di Venere heißt.
Heute sind es Prominente wie George Clooney, Naomi Campbell, Leonardo DiCaprio oder die Influencerin Chiara Ferragni, die die gepflegte Atmosphäre schätzen. Einige residieren auf ihren Luxusjachten, die vor der Küste ankern. Der Tenor Andrea Bocelli hat hingegen ein festes Domizil – und Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber ist Ehrenbürger. Mit Quadratmeterpreisen von mehr als 10 000 Euro in Meeresnähe ist Forte dei Marmi nach einer jüngst veröffentlichten Rangliste die teuerste italienische Sommerfrische.
Luxusboutiquen wie sonst höchstens in Mailand
„Villeggiatura“ hieß das früher. Da hört man doch die eleganten Ferienvillen unter schattenspendenden Pinien und Zypressen gleich mit. In den Apuanischen Alpen im Hintergrund sieht man die Carrara-Marmorsteinbrüche, die auch besichtigt werden können. Eine Seebrücke ist die Hauptattraktion der Uferpromenade. An den breiten, sauberen Sandstränden, die den Blick auf die Halbinsel von Portovenere freigeben, reiht sich ein exklusives Strandbad ans andere.
Alles wirkt hübsch und aufgeräumt. Im schmucken Zentrum um das Backstein-Fort, das dem Ort seinen Namen gab, geht’s entspannt zu; Luxusboutiquen wie sonst höchstens in Mailand. Dazwischen locken Cafés, je nach Tageszeit, mit Cappuccino oder Aperitivo. Selbstverständlich wird viel Rad gefahren, Steigungen hat es ja keine.
Es sind vor allem begüterte Familien, die die Ruhe und Sicherheit Forte dei Marmis schätzen. Für jede Generation ist etwas geboten. Spielplätze, Radwege, Strände, Restaurants, der Markt, die Luxus-Läden lassen keine Langeweile aufkommen. Der Nachbarort Pietrasanta ist beliebt bei Bildhauern. Der 2023 verstorbene Fernando Botero hat hier gelebt und auch Kirchenfenster gestaltet. In den Galerien lassen sich Kunstwerke bewundern – und natürlich auch kaufen.
Der kleine Ort erwacht erst ab Ostern zum Leben
Im Sommer gibt es abends Theater- und Ballett-Aufführungen sowie Konzerte. Neben jüngeren Stars haben sich in diesem Jahr auch die Alt-Stars Antonello Venditti („Grazie Roma“) und Umberto Tozzi („Ti amo“, „Gloria“) angesagt. In den bekannten Strandclubs wie dem Twiga Beach Club des früheren Formel-1-Managers und Ex-Partners von Heidi Klum, Flavio Briatore, tanzen Prominente wie Leonardo di Caprio bis in die frühen Morgenstunden. In Forte die Marmi werden Geschäfte abgeschlossen. Es entstanden und entstehen Freundschaften und Feindschaften, es lernen sich Ehepartner kennen und trennen sich wieder, es gab und gibt unzählige Affären. Eine davon hatte der berühmte Schriftsteller Curzio Malaparte („Die Haut“) in den 1930er Jahren mit der Mutter des späteren Fiat-Chefs Giovanni Agnelli („L’ Avvocato“).
Der kleine Ort erwacht erst ab Ostern zum Leben. Mitte September ist dann schon wieder Schluss. Forte dei Marmi zählt vier Fünf-Sterne-Häuser. Eines davon ist das in eine grüne Parklandschaft eingebettete Augustus Hotel & Resort. Alles begann 1953 als Augusta Pesenti ihre private Residenz in ein Hotel umwandelte. Nach und nach kamen Villen in der Umgebung und andere Strukturen dazu, darunter die früher der Familie Agnelli gehörende gleichnamige Villa am Strand. Es entstand eine Art weitläufiges Resort – nur dass es den Begriff damals noch nicht gab. Für eines der inzwischen mehr als hundert Zimmer müssen die Gäste in der Hochsaison mehr als 1000 Euro pro Nacht hinblättern. Selbst eines der 74 großzügigen Strandzelte im Augustus Beach Club kostet bis zu 500 Euro – pro Tag.
Der Hotel-Direktor begrüßt die Gäste wie Familienmitglieder
Es geht gediegen zu. Man kennt sich. Direktor Umberto Grotti begrüßt manche der Gäste wie Familienmitglieder. Der Hotelkomplex wird in der dritten Generation von der Familie Maschietto geführt. Laut Chef Giacomo Maschietto hat sich der Umsatz innerhalb von sechs Jahren auf 17 Millionen Euro verdoppelt. Unter den Gästen gibt es viele Deutsche, Schweizer, Araber, Briten und Italiener – aber auch Russen und Ukrainer. Viele Russen haben einen Zweitpass, heißt es in einem Café im Zentrum – etwa aus Zypern.
Übrigens hat der Ort auch eine enge Beziehung zur Kunst: Vor mehr als 500 Jahren suchte Michelangelo persönlich in den Bergen hinter Carrara den schönsten weißen Marmor aus. Verschifft wurden die edlen Blöcke dann aus Forte dei Marmi. Seit rund hundert Jahren lebt der Ort, der im Winter nur 7000 Einwohner zählt, zwar hauptsächlich vom Tourismus. Aber der weiße Stein leuchtet noch immer im Hintergrund aus den Apuanischen Alpen.