Das Abgaszentrum der Autoindustrie ist im Porsche-Entwicklungszentrum Weissach angesiedelt. Foto: Holger Leicht

Das Abgaszentrum der deutschen Autoindustrie im Porsche-Entwicklungszentrum Weissach wird geschlossen. Die Kartellvorwürfe gegen deutsche Autobauer und die scharf kritisierten Abgasexperimente mit Affen und Menschen dürften dazu beigetragen haben.

Stuttgart - Wendelin Wiedeking feierte es einst als großen Coup. Fünf deutsche Autobauer machten im Januar 1996 gemeinsame Sache bei der Erforschung besserer Abgasreinigungssysteme und eröffneten das Abgaszentrum der deutschen Automobilindustrie (ADA). Angesiedelt wurde dieses Gemeinschaftsprojekt von Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW im Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach. Der Stuttgarter Sportwagenbauer war damals noch unabhängig und das Entwicklungszentrum in Weissach galt als erste Adresse für Spitzentechnik. Die Weissacher Ingenieure erhielten viele Entwicklungsaufträge von anderen Autoherstellern, weil der Nischenanbieter damals von den großen Konzernen nicht wirklich als Wettbewerber wahrgenommen wurde. Der damalige Porsche-Chef Wiedeking wertete die Eröffnung als Premiere der besonderen Art. Erstmals werde in Deutschland in der Grundlagenforschung zusammengearbeitet, was bisher undenkbar gewesen sei, so Wiedeking. Auch die Landesregierung von Baden-Württemberg wollte dazu einen Beitrag leisten und unterstützte das Projekt finanziell.

Spektakuläre Forschungsergebnisse sind nicht bekannt geworden

Nach der Eröffnung wurde es sehr still um dieses einzigartige Projekt. Spektakuläre Forschungsergebnisse wurden nicht bekannt. Nun wird das Abgaszentrum aufgelöst, in dem ein gutes Dutzend Ingenieure aus den beteiligten Unternehmen arbeiteten. „Nach Erreichen der wesentlichen Forschungsziele im Bereich der Grundlagenforschung von Abgasnachbehandlungssystemen haben wir in Abstimmung mit den weiteren Gesellschaftern beschlossen, den operativen Betrieb des ADA zeitnah einzustellen“, bestätigt ein Daimler-Sprecher. BMW habe schon im vergangenen September die Initiative ergriffen und beschlossen beim Abgaszentrum auszusteigen, sagt ein Sprecher des Münchner Autobauers. Das Thema Abgasreinigung sei mittlerweile so wichtig für die Wettbewerbsposition, dass man die Grundlagenforschung in Eigenregie betreiben wolle.

Der VW-Vorstand wird den Aufsichtsrat über den Rückzug informieren

Der Vorstand des VW-Konzerns wird den Aufsichtsrat bei seiner Sitzung am Freitag dem Vernehmen nach über den Rückzug informieren. Offiziell äußert sich VW zu diesem Thema nicht. Wie zu hören ist, will VW-Chef Matthias Müller klare Kante zeigen. VW plant deshalb, sich aus allen Projekten zurückzuziehen, die zwielichtig erscheinen könnten. Dazu beigetragen hat gewiss der im vergangenen Jahr bekanntgewordenen Kartellverdacht gegen die deutschen Autobauer. Beim Abgaszentrum ging es jedoch um erlaubte vorwettbewerbliche Gemeinschaftsforschung. Die Kartellbehörden haben dies auch mehrfach überprüft und – wie zu hören ist – nichts zu beanstanden gehabt.

Das Ende des Abgaszentrums dürfte durch die vor kurzem bekannt gewordenen Experimente beschleunigt worden sein, bei denen Menschen und Affen Abgase einatmen mussten. Bei den Versuchen der verkappten Lobby-Organisation EUGT, an der mehrere Autobauer beteiligt waren, spielten VW-Mitarbeiter eine Schlüsselrolle.