Nanotechnologie: Ein Wissenschaftler hält das Aufnahmeobjekt vor der Nanometer-Darstellung der Oberfläche eines Wafers in einem Elektronenmikroskop Foto: dpa

Die Forschung im Land ist hervorragend, aber die Ergebnisse finden kaum Anwendung.

Stuttgart - In Sachen Forschung liegt der Südwesten vorn, sagt eine aktuelle Studie der Baden-Württemberg-Stiftung. Damit das so bleibt, muss das Land sich allerdings bei den Optischen Technologien, in der Nanotechnologie, den Lebenswissenschaften und beim Thema Umwelt und Energie mehr anstrengen.

Baden-Württemberg versteht sich als das Land der Tüftler und Erfinder. Aus gutem Grund, wie die aktuelle Studie der Baden-Württemberg-Stiftung zeigt. Die Auswertung mit dem sperrigen Titel "Strategische Forschung 2010 - Studie zur Struktur und Dynamik der Wissenschaftsregion Baden-Württemberg" hat zum Beispiel untersucht, wie viele Patente die Forscher und Erfinder anmelden, wie viele Publikationen sie jedes Jahr veröffentlichen und in welchen Wissenschaften die schwäbischen Tüftler sich anstrengen müssen, damit das Land im nationalen und internationalen Vergleich seine Spitzenpositionen behält. Außerdem haben die Initiatoren Wissenschaftler und Wirtschaftsvertreter interviewt. Für die 350.000 Euro teure Studie hat die Stiftung den niederländischen Wissenschaftsverlag Elsevier und das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe beauftragt.

"Baden-Württemberg ist in der Forschung spitze", sagt Christoph Dahl, der Geschäftsführer der Stiftung. 30 Prozent aller Patente stammen aus dem Schwabenland. Um das Niveau zu halten, müsse man aber in vier Bereichen nacharbeiten: in den Optischen Technologien (zum Beispiel Laser), der Nanotechnologie (zum Beispiel Zusatzstoffe für Lacke und Kunststoffe), den Lebenswissenschaften (Medizin, Biologie und mit der Biologie verwandte Disziplinen wie Biochemie und Bioinformatik) sowie beim Thema Umwelt und Energie.

Deutschland fehlen 34.000 Ingenieure

Das große Problem der Biowissenschaften: Die Forschung ist hervorragend, aber die Ergebnisse finden in der Industrie kaum Anwendung. Das betrifft vor allem die Biochemie, die Genetik und die Molekularbiologie. Man vermutet, dass überwiegend Biotechnologie- und Pharmazieunternehmen außerhalb des Landes das Wissen der Schwaben in die Praxis überführen. Hierzulande hätten die Firmen zwar Niederlassungen, die von den Forschungserkenntnissen profitierten. Die Patente würden aber oft am Ort der Zentrale angemeldet, sagt Knut Koschatzky vom ISI. "Wir müssen uns stärker an der Anwendung orientieren."

Umwelt und Energie machen ein kleines Forschungsfeld aus, das Land spezialisiert sich derzeit auf die Energieforschung. Das zeigt die Zahl der Veröffentlichungen: Das Land liefert 27 Prozent aller Beiträge. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Fotovoltaik, in der Baden-Württemberg bundesweit einen dominanten Standort darstellt.

In der Nanotechnologie liegt die Zahl der Patente im unteren zweistelligen Bereich. "Hier muss Baden-Württemberg sich mehr anstrengen, denn Nanotechnologien werden einen immer größeren Stellenwert einnehmen", sagt Koschatzky. Besonders bei der Materialforschung hinke das Land hinterher. Die Optischen Technologien gehörten hingegen zu den Kernkompetenzen des Landes. Damit das so bleibe, sei es unerlässlich, die Technologien mit Innovationen aus anderen Feldern wie der Medizintechnik oder der Sensorik zu verbinden.

Das Land braucht dringend mehr Ingenieure und Wissenschaftler, um die Spitzenposition zu behaupten. Zwar heißt es in der Studie, dass es zurzeit mehr Absolventen gibt als Akademiker, die in den Ruhestand gehen. Doch in Deutschland fehlen laut dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) schon jetzt 34.000 Ingenieure. Tendenz steigend. Der Mangel betrifft Baden-Württemberg heftiger als die anderen Bundesländer. 9000 Frauen und Männer fehlen.

Die Baden-Württemberg-Stiftung gründete sich 2000 als Landesstiftung Baden-Württemberg und hat ein Vermögen von 2,4 Milliarden Euro. Die Stiftung investiert jedes Jahr 50 Millionen Euro in Projekte der Bereiche Forschung, Bildung und soziale Entwicklung.

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