Janet Donnelly führt die Studie im Zuge ihrer Doktorarbeit durch. Foto: Donnelly

Eigentlich ist er nicht als klassischer deutscher Exportschlager bekannt – und doch wird der St. Georgener Dialekt nun an einer australischen Universität erforscht. Wie es dazu kam und wie die Bergstädter bei der Untersuchung mithelfen können, erklärt Sprachforscherin Janet Donnelly.

St. Georgen - Janet Donnelly kommt vom anderen Ende der Welt, aus Australien – ganz schön weit weg von St. Georgen. Und doch hat sie sich als Thema für ihre Doktorarbeit an der University of New England – ebenfalls in Australien – das Sprachrepertoire der Bergstädter ausgesucht. Was aber verbirgt sich hinter dem etwas sperrigen Untertitel "Wahrnehmungsdialektologie und Minderheitendialekte in Südwestdeutschland"? Und wie ist Donnelly überhaupt ausgerechnet auf den St. Georgener Dialekt gekommen?

St. Georgener verstehen verschiedene Dialekte

"Viele Einwohner und Einwohnerinnen von St. Georgen verstehen und sprechen etliche alemannische Dialekte und Hochdeutsch, und manchmal auch andere Sprachen." Diese Fähigkeit will Donnelly im Zuge ihrer Doktorarbeit erforschen – mit dem Ziel, sie aus der Perspektive der Sprecher zu verstehen.

Donnelly selbst versteht nur ein bisschen Sandergemerisch, wie sie erklärt. Dass sie sich trotzdem ausgerechnet den St. Georgener Dialekt ausgesucht hat, hat einen einfachen Grund: "Mein Mann kommt aus St. Georgen, und wir sind seit 25 Jahren verheiratet. Obwohl ich nie in St. Georgen gewohnt habe, besuchen wir St. Georgen und die Region mindestens jährlich und manchmal öfter", berichtet die Sprachforscherin. "Ich war erstaunt, als ich erfuhr, dass jede Stadt, jedes Dorf und jedes Tal im Schwarzwald unterschiedliche Dialekte hat. Im Schwarzwald ist es notwendig, viele Dialekte zu verstehen." Für Ausländer "wie mich" sei es hingegen unpraktisch, nur Hochdeutsch zu verstehen und zu sprechen, gibt Donnelly ihre Erfahrungen und Eindrücke wieder. "Ich frage mich, ob Einwanderer und Einwanderinnen in St. Georgen die Möglichkeit haben, alemannische Dialekte auch zu lernen."

Donnellys Mann wird als "Dialektassistent" fungieren

Donnelly selbst braucht beim Verstehen des St. Georgener Dialekts jedenfalls etwas Unterstützung. Denn "es gibt viele Wörter und Grammatik, die ganz unterschiedlich von Hochdeutsch sind. Ich habe die Bücher ›So schwädsè mèr in Sandèrgè‹, Bände I, II, III von dem Dialektstammtisch des Vereins für Heimatgeschichte St. Georgen gekauft, um den Dialekt zu lernen", berichtet Donnelly. "Außerdem wird mein Mann als Dialektassistent fungieren, besonders für Kleingruppenworkshops später dieses Jahr."

Denn mit der Umfrage, die Donnelly derzeit unter den St. Georgenern durchführt, ist es in Sachen Forschung noch nicht getan. "In den Workshops werden wir die vielfältigen sprachlichen Repertoires diskutieren und hoffentlich Beispiele dafür aufzeichnen, wie Einwohner und Einwohnerinnen mehrere Dialekte oder Sprachen verstehen und manchmal auch sprechen können." Nachdem die Umfrage und die Workshops abgeschlossen sind, will Donnelly die Erkenntnisse für ihre Doktorarbeit verwenden, "die ich voraussichtlich im März 2024 abschließen werde". Die Ergebnisse der Umfrage könnten aber bereits früher, oder auch noch später veröffentlicht werden – natürlich anonymisiert und etwa im Zuge wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel und Konferenzpräsentationen.

"Jede Perspektive ist interessant"

Doch all das liegt noch in der Zukunft. Zunächst einmal hofft die Forscherin auf rege Teilnahme an ihrer Umfrage, die über das Internet abrufbar ist. Teilnehmen kann jede Person, die derzeit in St. Georgen wohnt oder dies in der Vergangenheit getan hat. "Jede Perspektive ist interessant", betont Janet Donnelly, "egal ob Sie von Kindheit an Dialekte gesprochen haben, Dialekte oder andere Sprache später gelernt haben oder nur Hochdeutsch sprechen". In den kommenden Monaten will die Sprachforscherin so viele Antworten wie möglich sammeln, bevor es an die Vorbereitung der Workshops geht.

Info: Teilnehmen

Wer Janet Donnelly bei ihrer Doktorarbeit unterstützen und an der Befragung teilnehmen will, kann dies im Internet tun. Der Fragebogen ist im Internet verfügbar. Fragen zur Forschung beantwortet Donnelly unter der E-Mail-Adresse jdonne20@myune.edu.au.