Das Ansehen von Lehrer unterscheidet sich stark je nach Berufsgruppen Foto: StN

Vom „faulen Hund“ zum „armen Schwein“? Das Image von Lehrern wandelt sich. Eine Forsa-Studie zeigt, dass Lehrer in der Bevölkerung unerwartet gut wegkommen.

Stuttgart - Net gschimpft isch g’nug g’lobt. Dieses schwäbische Sprichwort nimmt sich Gerhard Brand am Montagmorgen zum Anlass, um das Ergebnis der Studie noch etwas aufzuhübschen. „Bei 52 Prozent der Befragten haben Lehrer ein hohes Ansehen. Und der Prozentsatz derer, die darüber hinaus genug gelobt haben, beträgt noch einmal 34 Prozent“, sagt der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). Letztere Befragte haben also zumindest nicht geschimpft. Mache also summa summarum einen Anteil von 86 Prozent derer, die die Arbeit der Pädagogen in Baden-Württemberg schätzen. „So bleibt ein Rest von 14 Prozent. Diese Befragten attestieren Lehrern ein niederes Ansehen.“

Schon seit längerem wollen Bildungsgewerkschaften wie der VBE beobachten, dass sich das Bild der Lehrer in der Öffentlichkeit wandelt. Auf dem vergangenen Weltlehrertag stellte der Verband fest, dass sich der Ruf der Pädagogen wegen den Debatten um Inklusion und Überforderung in den Kollegien verändert hat: Und zwar, so die drastische Formulierung, vom „faulen Hund“ zum „armen Schwein“. Bestätigen die Ergebnisse der Befragung eine solche Behauptung?

Philologenverband bestätigt Ergebnisse

„41 Prozent der Befragten denken, dass das Ansehen von Lehrern in den vergangenen Jahren gesunken ist“, sagt der VBE-Landesvorsitzende Brand. Er interpretiert außerdem aus der Studie, für die das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1003 Bürger am Telefon befragt hat: Die Menschen machen sich Sorgen um den Ruf der Lehrer. „Eine Besonderheit zieht sich durch die gesamte Untersuchung. Es gibt eine deutliche Diskrepanz zwischen der persönlichen Meinung und der vermuteten Einschätzung, wie der Rest der Bevölkerung auf Lehrer blickt.“ Denn nicht einmal jeder Dritte denkt der Studie zufolge, dass die Pädagogen generell in der Öffentlichkeit ein gutes Image haben (29 Prozent). „Dies wird bei einer Gruppe der Befragten besonders deutlich: bei den Beamten“, sagt Brand.

Stark bemüht das öffentliche Bild der Pädagogen aufzupolieren, ist der Deutsche Philologenverband (dPhV). Der Bundesvorsitzende, Heinz-Peter Meidinger, kann die Ergebnisse der Forsa-Studie aus Erfahrung grundsätzlich bestätigen. „Auch wir haben in Erhebungen festgestellt, dass es einen großen Unterschied zwischen dem Nah- und Fernbild gibt“, sagt Meidinger unserer Zeitung. Menschen, die Lehrer im eigenen Bekanntenkreis haben, beurteilen Pädagogen positiver als andere. „Wer Lehrer kennt, hat meistens Verständnis für sie. Und ihr Image ist mittlerweile besser geworden.“

Dass die Pädagogen zuweilen keinen guten Ruf haben, sieht der Chef des Philologenverbands in hartnäckigen Vorurteilen begründet. Die meinungsbildenden Klischees bestünden etwa darin, dass Lehrkräfte lediglich halbtags arbeiteten und dass die Beamtenstruktur ihnen eine Sicherheit garantiere, die von anderen neidisch beäugt wird. „Und auch die Pisa-Studie aus dem Jahr 2001 hat am Image der Lehrer gekratzt.“

Aktion „Lehrer des Jahres“ soll Image aufpolieren

Ein Mal im Jahr kürt der Philologenverband gemeinsam mit der Vodafone Stiftung daher den „Lehrer des Jahres“ und will damit den Ruf der Pädagogen verbessern. „Lehrer werden zu oft über das Klagen zum Beispiel über eine mangelnde Ausstattung an den Schulen wahrgenommen“, sagt Meidinger. Dieses Bild soll der Lehrerpreis korrigieren, den der Verband seit dem Jahr 2008 in allen Bundesländern ausschreibt.

Die Erhebung des Forsa-Instituts kommt noch zu einem weiteren Ergebnis, das der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand hervorhob: Dass allerlei Schimpfwörter für Lehrer eher bei Politikern denn bei den Bürgern beliebt sind. Obwohl sich vor etwa einem Jahr SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel mit dem Begriff „Heulsusen“ über die Lehrer mokiert hatte, genießen diese bei SPD-Anhängern höchste Wertschätzung (65), gefolgt von Grünen-Fans (62 Prozent) und CDU-Affinen (52 Prozent). Bei den Beamten erreichen die Lehrer die höchsten Zustimmungswerte (74 Prozent).

Dagegen stehen sie bei nur 44 Prozent der Selbstständigen hoch im Kurs, bei 30 Prozent von ihnen ist das Ansehen der Pädagogen niedrig. Dieser Wert liegt bei den Beamten bei nur vier Prozent. Die Achtung vor dem Beruf steigt mit dem Bildungsgrad.

Negative Klischees

Gewerkschaftschef Brand wies darauf hin, dass die Lehrer selbst oft unzufrieden sind. „Lehrer fühlen sich alleingelassen mit ihren Aufgaben. Sie fühlen sich nicht wertgeschätzt“, sagte Brand. Grund sei die enorm angestiegene Arbeitsbelastung. Dies liege daran, dass die Landesregierung das komplette Bildungssystem umgebaut habe, die Lehrer aber nicht mit genügend Informationen versorge. Die Gewerkschaft wünscht sich, dass höchstens die Hälfte der geplanten 11600 Stellen gestrichen werden. Sonst könne die Bildungsqualität nicht aufrechterhalten werden.

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands Heinz-Peter Meidinger sieht auch in den aktuellen Debatten um wenig Geld und schlechte Ausstattungen an den Schulen einen Grund dafür, dass sich bei einigen Menschen ein „generell negatives Bild festsetzt.“ Internetseiten wie das Bewertungsportal spickmich.de trügen nicht gerade zum guten Image des Lehrerstands bei. „Nicht förderlich sind auch soziale Netzwerke, auf denen nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer gemobbt werden. Oder Videos, die Lehrer in bestimmten Situationen zeigen, etwa wenn jemand ausflippt.“

Einige Vorteile gegenüber Lehrern reichten zurück in vergangene Jahrhunderte und ließen sich deshalb nicht so schnell anschütteln. „Das Bild vom deutschen Studienrat ist zum Glück passé.“