Monaco war für Mercedes in diesem Jahr kein gutes Pflaster. Foto: imago

Lewis Hamilton und Mercedes erleben in Monte Carlo ein Wochenende zum Vergessen und präsentieren sich dünnhäutig. Max Verstappen übernimmt derweil die Führung in der Gesamtwertung und könnte den Traum vom achten Titel platzen lassen.

Stuttgart - Lewis Hamilton und Mercedes haben sich an das Gewinnen gewöhnt wie im Fußball der FC Bayern. Wenn es dann mal eine Niederlage setzt, wird es schwierig, damit umzugehen, weil man dieses Gefühl, nicht Sieger zu sein, ja fast nicht kennt. Man könnte sich ja mal souverän hinstellen und sagen: Okay, da haben die anderen jetzt aber auch mal einen tollen Job gemacht. So aber ist es nicht.

 

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Stattdessen haben sich Lewis Hamilton und Mercedes nach dem Formel-1-Klassiker im Fürstentum Monaco als dünnhäutige Verlierer präsentiert. Hamilton wurde Siebter, das entspricht seinen Ansprüchen nicht im Entferntesten, und sein Teamgehilfe Valtteri Bottas war wegen einer feststeckenden Radmutter an seinem Rennwagen ausgeschieden. So etwas strapaziert die Nerven von Hamilton im Besonderen, aber auch die Teamführung kommt mit derlei Ergebnissen nur schwer zurecht. Gewonnen hat die Monaco-Raserei im Übrigen der Red-Bull-Widersacher Max Verstappen, der damit Hamilton frecherweise auch noch die WM-Führung wegschnappte. Ist Mercedes am Ende?

Schmerzhafte Niederlage

Noch lange nicht, aber diese Niederlage tat weh. „Es macht unheimlich Spaß – wir sind wieder Jäger“, ließ sich der Mercedes-Teamchef Toto Wolff zwar lässig vernehmen, aber im Prinzip war es viel schlimmer. „Am liebsten würde ich gerade heulen, aber das wäre nicht produktiv“, meinte Wolff noch, für den der Monte-Carlo-Trip einer „zum Vergessen“ war. Man müsse jetzt herausfinden, warum das gesamte Wochenende über die Pace gefehlt habe. In Summe sei er, also Wolff, alles andere als fröhlich.

Toto Wolff ist einer der erfolgreichsten Teamchefs der Formel-1-Geschichte – und das kommt nicht von Ungefähr. Sein enormer Ehrgeiz ist immer ganz wunderbar zu erkennen, wenn er am Kommandostand vor Wut fast die Tischplatte spaltet wie ein Karatekämpfer. In dieser Hinsicht befinden sich der Teamchef und sein erster Angestellter Hamilton auf Augenhöhe. Denn so wie sich der mit schätzungsweise 40 Millionen Dollar Jahresgehalt fürstlich entlohnte Topmann der Serie nach dem missratenen Monaco-Wochenende verbal benahm, war das eher nicht von vorbildlichem Teamgeist geprägt. Schon gar nicht gegenüber einer Mannschaft, die ihn sechsmal zum Weltmeister machte und der er alles verdankt.

Verbockte Strategie

Zur verbockten Boxenstrategie, die Hamilton statt einen Platz nach vorne zu bringen um zwei Plätze zurückwarf, meinte er nur: „Ich habe keine Reaktion dazu. Wir reden darüber intern und arbeiten daran und versuchen, stärker zurückzukommen.“ Noch verschärfter hörte sich die Manöverkritik des siebenfachen Weltmeisters in Richtung seiner Ingenieure und Schrauber nach dem siebten Platz im Qualifying an. „Heute Abend werde ich harte Diskussionen mit meinen Ingenieuren führen müssen“, sagte Hamilton nach der Session in spürbar autoritärem Ton. „Es gibt Dinge, die wir tun hätten sollen, aber nicht getan haben“, schimpfte er noch und verwies darauf, die Dinge intern klären zu wollen. „Hinter verschlossenen Türen werde ich das ansprechen.“ Und die Truppe womöglich zusammenfalten.

Da wird einer mal Siebter, und schon scheint die Welt aus den Fugen zu geraten – sie haben bei Mercedes offenbar große Angst, dass Hamilton in diesem Jahr seinen achten WM-Titel doch nicht holt und dadurch keine neue Rekordmarke aufstellt. Klappt es 2021 nicht, müsste der Rennfahrer ja 2022 noch weitermachen, das ist wohl nicht das, was der inzwischen 36 Jahre alte Brite will. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Hamilton nach 2021 mit dem achten Titel im Rucksack zurücktritt. Und weil es in diesem Jahr mit der Rekordmarke unbedingt klappen muss, ist die Ungeduld bei dem Rennfahrer wohl noch viel größer, als sie es ohnehin schon ist. Das gilt auch für das Team, dass sich ab 2022 auch im Hinblick auf das Personal im Cockpit neu aufstellen möchte.

Große Probleme

Nun aber bereiten Verstappen und Red Bull große Probleme. Auch McLaren und Ferrari werden immer stärker . Dieses Gefühl, Druck zu bekommen, verstärkt die Notwendigkeit, sich gegen einen biegsamen, möglicherweise illegalen Heckflügel am Red-Bull-Auto zu wehren. Wenn Red Bull den Flügel in Baku einsetzen sollte, „dann wird das angesichts des Vorteils, den das bedeutet, zu den Stewards gehen“, erklärte Wolff dem Sender Sky. Wenn das nichts bringt, geht es zum Internationalen Berufungsgericht. „Daher glaube ich, dass die Fia das Thema vor Baku regeln wird. Wenn nicht, wird’s schmutzig“, sagte Toto Wolff nach dem verflixten siebten Platz.