Fola Dada Foto: Simone Krauth / promo

Die Jazz-Sängerin Fola Dada aus Stuttgart übt mit den "DSDS"-Kandidaten das Singen.

Stuttgart - Sarah ist "zu wackelig", Zazou nervt, Ardian immerhin "groovt gut", findet Dieter Bohlen. Auf Fola Dada wartet Arbeit. Die Stuttgarterin ist Gesangstrainerin bei der RTL-Show "Deutschland sucht den Superstar". Damit's nächstes Mal besser klappt, wird sie mit den Kandidaten üben, üben, üben.

Zitternd steht Zazou auf der Bühne. Eben hat sie "Hot'n'Cold" von Katy Perry interpretiert. Ein tückisches Lied. Die 19-Jährige, die noch zierlicher ist, als sie im Fernsehen wirkt, macht ihre Sache ordentlich. Doch Dieter Bohlen, Juror bei "Deutschland sucht den Superstar" ("DSDS"), packt die Keule aus. Sie sei hier die mit Abstand schlechteste Sängerin, haut er der Schweizerin um die Ohren: "Langsam hab' ich genug von dem Gequake." Und weiter: "Der Vocalcoach führt zu nichts."

Fola Dada (33) wird es nicht gern gehört haben. Die Stuttgarterin sitzt in schwarzen Jeans und schwarzer Bluse am Bühnenrand. Beim Auftritt lächelt sie ihren Schützlingen aufmunternd zu, singt mit, gibt mit den Händen den Takt vor. Ob es Zazou bemerkt hat? Egal. Fola Dada spitzt bei jedem Ton aufmerksam die Ohren. Seit 2005 ist sie bei der Mutter aller Castingshows der Vocalcoach - die Gesangstrainerin.

Gemeinsam mit einem Kollegen versucht sie, den Teilnehmern beizubringen, das Beste aus sich rauszuholen. Wobei das Beste oft gar nicht so viel ist. "Wir haben es mit Leuten zu tun, die Amateure sind, die zum Teil noch nie auf einer Bühne gestanden haben", so Fola Dadas realistische Einschätzung. Eine Gesangsausbildung dauere Jahre. "Es wäre utopisch zu glauben, wir könnten in der kurzen Zeit richtige Stimmbildung machen." Entmutigen lässt sich Fola Dada nicht.

Jeden Donnerstag, Freitag und Samstag ist sie in den MMC-Fernsehstudios im Einsatz, einem weitläufigen Areal in der Kölner Vorstadt. Dort übt sie mit ihren Schützlingen Atemtechnik, Interpretation und Bühnenperformance, gibt gut gelaunt Tipps, ruft ihnen "Lass den Ton aus dem Saal fliegen!" und "Halte die Spannung!" zu. Sie sprüht vor Energie. An der scheint es Ardian (19) zu fehlen, als er "Beautiful Monster" von Ne-Yo probt. Fola Dada zupft an seinen Wangen, schüttelt ihn, als ob sie ihn wecken wollte. Jetzt geht es für Zazou, die neben Ardian und Sarah (18) zu Dadas Gruppe gehört, auf die Bühne. Das Programm: Wie alle Teilnehmer muss sie ihr Lied zweimal singen. Am Nachmittag hat bei der Kameraprobe jeder erneut einen Doppelauftritt. Am Abend folgt die Durchlaufprobe, am Samstag die Generalprobe - und die Show.

Bei "DSDS" ist alles durchgeplant

"Ich will Luftschlangen. Ganz fett", ruft der Regisseur bei der Kameraprobe. "Wir brauchen mehr Laser!" "Nahaufnahme der Tänzerinnen!" Und: "Sarah, setz dich seitlich hin, sonst sieht dich keiner!" Kandidat Pietro (18) fragt derweil, ob heute schon einer "Bild" gelesen habe. Eine Assistentin will wissen, ob der Karlsruher, der sich den Fuß gebrochen hat und an Krücken geht, beim Auftritt wirklich zwei Schuhe tragen will: "Mit einem Schuh würde es besser wirken." Bei "DSDS" ist alles durchgeplant, nichts wird dem Zufall überlassen.

Zwischen den Proben haben die Jungs und Mädchen Einzeltermine, in Fola Dadas Büro im dritten Stock. Sie am Schreibtisch, auf dem ein elektrisches Klavier steht, ihre Schüler davor. Als Erster ist Ardian dran. Der mosert los. "Orange? Wieso Orange? Blau wär' okay. Silber auch. Aber ich soll beim Auftritt eine Krawatte in Orange tragen." Fola Dada nimmt ihm den Wind aus den Segeln: "Komm, lass uns was Wichtiges machen - den Refrain üben." Zwo, drei, vier.

"Nutz mal das Wort ,beautiful'. Wenn du das total übertreibst, kommst du leichter auf den hohen Ton", sagt Dada. "Setz dich auf den Stuhl, lehn dich zurück und spann den Brustkorb an. Was passiert?", will die Gesangstrainerin wissen, die sonst an den Musikhochschulen in Stuttgart, Freiburg und Nürnberg Jazz- und Popgesang unterrichtet. "Dann klingt es nicht so kratzig", antwortet Ardian überrascht. Als Nächstes muss er in die Knie gehen, "wie ein Skispringer". Brav macht er mit. Dadas Erklärung: "Ich will dir zeigen, wo dein Körper Kraft herholen kann, um Töne zu halten." Ob's Ardian verstanden hat? Er ruft jedenfalls: "So machen wir's!", klatscht mit seiner Lehrerin ab und geht zum Mittagessen.

Zazou löst ihn ab. Sie will Tonleitern üben. Gäng, gäng, gäng, gäng, gäng. "Schön nach oben!" Und nun ein "schlecht gelauntes Ja, a, a, a, ah!". Zazou hat Mühe, bekommt es am Ende aber hin. In der zweiten Strophe sieht Fola Dada allerdings Probleme: "Da musst du energischer rangehen, den hohen Tönen mehr Dampf geben!" Wie beim mongolischen Obertongesang solle sie immer wieder "nach oben springen". Zazou schaut verdutzt - erst recht, als ihr Fola Dada am Schluss ein "Denk an die Mongolen!" mit auf den Weg gibt.

Kandidaten, die sich verweigern, die mit ihr streiten, hat Fola Dada noch nie erlebt. "Die meisten erwarten von mir Feedback. Kritik nehmen sie gern an." Vielleicht auch deshalb, weil Dada - anders als Juror Dieter Bohlen - keine Sprüche klopft. Wenn es mal wieder hakt, streift sie sich durch die kurzen, krausen Haare, denkt nach - und macht konstruktive Vorschläge. Mit ihrer ruhigen, ausgeglichenen Art scheint sie die Kandidaten zu erreichen: "Sie ist toll und bringt uns echt viel bei", sagt Zazou. Für Dada ist es "schön, wenn ich die Entwicklung einer Stimme begleite". Jeder habe Potenzial. "Es ist immer wieder erstaunlich, was wir zusammen erreichen."

Wenn zehn Prozent hängen bleibt, ist das gut

Wie aber schafft man es überhaupt, dass sich ein Kandidat in nur einer Woche, die zwischen zwei Sendungen liegt, hörbar steigert? "Mit Erfahrung, mit Menschenkenntnis, mit Wärme", sagt Fola Dada. Es gehe um Vertrauen. "Ich versuche, zu vermitteln, wo es langgehen soll." Da die Teilnehmer Fachbegriffe meist nicht verstehen, benutze sie auch Körpersprache. "Ich möchte auf allen Ebenen, also bei Mimik, Gestik, Stimme, eine Verbindung herstellen." Bleiben dann zehn Prozent aus dem Unterricht hängen, sei es gut. "Wenn beim Auftritt etwas von dieser Energie oder auch nur gute Laune rüberkommt, bin ich zufrieden." Und wie schätzt sie das Niveau der diesjährigen Teilnehmer ein? "Das ist sicher die Staffel mit den beständigsten Leuten. Es gibt keine Totalausfälle."

Dennoch muss sie die Jungs und Mädchen immer wieder motivieren. Und manchmal auch streng sein. Na ja, zumindest ein klein wenig. "Die wissen ganz genau, wie sie sich präsentieren müssen. Wie sie in die Kameras schauen, was sie sagen sollen." Künstlerisch jedoch haben all ihre Möchtegern-Stars Defizite. "Die kann ich nicht in wenigen Wochen ausgleichen." Stattdessen schafft sie eine besondere Atmosphäre: "Ich will, dass meine Schüler den Unterricht mit mir als Oase der Ruhe empfinden."

Kreislaufkollapse, Sexaffärchen, Macho- Sprüche, Zickenkrieg: "Das ganze Drumherum interessiert mich nicht", sagt Fola Dada und schüttelt energisch den Kopf. "Es ist schon heftig, wie diese Menschlein in eine ihnen unbekannte Welt geworfen werden." Wenn dann jede Woche ein Kandidat fliegt, spendet Fola Dada Trost. "Die meisten merken nach den ersten Tränen schnell, dass das Leben weiter geht." Und warum katapultieren die Zuschauer oft zuerst die Mädchen hinaus? "Das liegt nicht an den gesanglichen Fähigkeiten, sondern eher daran, dass vor allem Mädchen anrufen - für die Jungs", sagt sie und schmunzelt. Wie sieht es mit einem Favoriten aus? Fola Dada hält sich bedeckt: "Ich lag schon so oft daneben. Das ist unberechenbar."

Hätte sie vor einigen Jahren, als sie ihre Gesangskarriere startete, nicht auch Lust gehabt, bei "DSDS" aufzutreten? "Nein, ich konnte mich noch nie verbiegen." Klar, große Hallen würde sie schon gern füllen. "Mit Soul-Jazz geht das nicht, dafür gibt's kein großes Publikum." Also spielt sie mit ihrer Band im Stuttgarter Bix, in den Wagenhallen: "Das ist mein Ding." Vor einigen Wochen veröffentlichte Fola Dada ihr Album "Dada". Der Gesangsunterricht jedoch bleibt ihr zweites Standbein: "Ich lebe nicht nur von der Kunst, ich brauche Sicherheit, um kreativ sein zu können."