Draußen vor der Werkstatt ist Zeit für ein Gespräch. Foto: Klein

In der Werkstatt für Menschen mit Behinderung der BruderhausDiakonie in Fluorn-Winzeln können auch Menschen mit Förder- und Betreuungsbedarf direkt im allgemeinen Werkstattbetrieb arbeiten.

Fluorn-Winzeln - Dominik Huber (Name von der Redaktion geändert) verpackt konzentriert Plastikteile. Plötzlich springt er auf, wird laut. Die anderen Beschäftigten um ihn herum kennen das, ebenso die betreuenden Mitarbeiter. Ein Arbeitserzieher ist zur Stelle. Er reagiert besonnen – wenngleich Huber an ihm rüttelt und unvermittelt von einem Besuch bei seiner Familie und in der Kirche erzählt. Der Mitarbeiter nimmt den jungen Mann beiseite, beide machen bei schönem Wetter draußen eine Pause. Huber beruhigt sich. Fantasie und Realität mischen sich bei ihm, wenn ihn eine emotionale Welle überkommt.

Zusammenarbeit funktioniert

"Solche Situationen kommen bei Klienten mit komplexem Hilfebedarf immer wieder vor", erläutert Bereichs- und Werkstattleiter Thilo Mutscheller. Schon seit zehn Jahren läuft ein Projekt, das die Durchlässigkeit zwischen den Angeboten für Menschen mit komplexem Hilfebedarf und den anderen Werkstattangeboten erhöhen soll. Bisher haben Menschen mit Behinderung und einem hohen Unterstützungsbedarf an den tagesstrukturierenden Angeboten des sogenannten Förder- und Betreuungsbereichs (FuB) der Werkstätten teilgenommen. In kleinen Gruppen geht es dort um grundlegende menschliche Bedürfnisse: Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme oder Inkontinenzversorgung. Aber auch um kreative, musische und kulturelle Aktivitäten sowie Bewegungsangebote, die den Klienten helfen, sich selbst und ihre Umwelt zu erfahren.

In der Werkstatt in Fluorn-Winzeln sind nun die bisher separat betreuten Gruppen des Förder- und Betreuungsbereichs aufgelöst und in den normalen Werkstattbetrieb integriert. "Die Zusammenlegung funktioniert hervorragend", sagt Mutscheller. Die in den Werkstattbetrieb integrierten Angebote umfassen zum Beispiel einen Morgenkreis sowie gemeinsames Singen oder Malen.

Geschützter Raum

Dass Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf auch arbeiten können, ist für Mutscheller nur eine Frage der Ausgestaltung der Arbeitsplätze. "Unsere Beschäftigten produzieren und arbeiten im geschützten Rahmen oft sehr gut", weiß Mutscheller. Die Werkstatt in Fluorn-Winzeln ist beispielsweise für die Metallindustrie, eine Brauerei und einen kunststoffverarbeitenden Betrieb tätig. Die Beschäftigten verpacken Schrauben, bekleben Teile mit Etiketten oder setzen Komponenten zusammen. Gleichwohl müsse die Qualität der Produkte und Dienstleistungen für die Kunden gewahrt bleiben.

Ein Vorteil des erst vor einem Jahr neu eröffneten Werkstattgebäudes ist die Großzügigkeit der barrierefreien Räume. Sie befinden sich alle auf einer Etage. Die Gänge sind besonders breit und auch mit großen Rollstühlen befahrbar, die Bäder und Toiletten für verschiedene Unterstützungsbedarfe ausgestattet.

Wichtige Unterstützung

"Wir handeln nach dem Grundprinzip, dass jeder arbeiten kann, wenn er nur genug Unterstützung bekommt", sagt Mutscheller. Arbeit gebe den Menschen eine Tagesstruktur. Der Produktionserfolg sei nicht entscheidend. Als im Frühjahr die Kleingruppe des FuB aufgelöst wurde, ist in deren Raum die Berufsbildung eingezogen. "Das ist genau im Sinne des Bundesteilhabegesetzes: alles unter einem Dach."

In Zeiten des Fachkräftemangels keine Selbstverständlichkeit: "Wir haben alle unsere Stellen besetzt", betont Mutscheller. Derzeit betreuen inklusive Auszubildenden und Freiwilligendienstleistenden zwölf Mitarbeiter auf acht Vollzeitstellen die insgesamt knapp 50 Werkstattbeschäftigten. Auch Hauswirtschaft und Reinigung werden in der Werkstatt Fluorn-Winzeln von den Klienten erledigt. "Das schafft zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten", sagt Mutscheller.