Der Breitband-Ausbau in Neuweiler, mit dem Lücken geschlossen werden sollen, verschiebt sich um voraussichtlich ein Jahr. Der Grund dafür ist kompliziert – es geht um Fördermittel, Fristen und die Frage, ob der Staat den Wettbewerb verzerrt hat.
In Sachen schnelles Internet ist in der Gemeinde Neuweiler in den vergangenen Jahren einiges geschehen.
Seit 2018, erklärte Bürgermeister Martin Buchwald, sei die Gemeinde massiv am Thema dran, habe inzwischen fast das gesamte Gemeindegebiet mit Glasfaser versorgt.
Graue Flecken
Jetzt „fehlen noch die grauen Flecken“ – also jene Bereiche, die zwar über Internet verfügen, aber nicht über die Netzgeschwindigkeiten, die mittlerweile als Standard gelten.
Konkret gingt es in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates um einen diesbezüglichen Ausbau in Neuweiler und Breitenberg.
„Viele Teile des Gemeindegebiets sind bereits mit Glasfaser erschlossen“, meinte auch Thorsten Sager-Roßbroich von der Breitbandberatung Baden-Württemberg.
Dies geschah jedoch über die Jahre hinweg unter sich immer wieder verändernden Förderrichtlinien – mit dem Ergebnis, dass mancher Ausbau von früher heute als nicht mehr ausreichend gilt. Ein sogenannter grauer Fleck.
Um solche bestehenden Lücken zu schließen, seien nun noch Investitionen in Höhe von rund zwei Millionen Euro nötig. Abzüglich der Fördermittel muss die Gemeinde Neuweiler selbst rund 200 000 Euro davon aufbringen.
Förderung in Gefahr
Das war zumindest bis September dieses Jahres Stand der Dinge. Seitdem droht Ungemach – weil auf EU-Ebene eine grundsätzliche Beschwerde gegen das Vorgehen in Sachen Förderung vorliegt.
Und ohne Förderung können sich viele Städte und Gemeinden – darunter auch Neuweiler – den Ausbau nicht leisten.
Die Fördervoraussetzungen
Um das Problem zu verstehen, ist zunächst ein Blick auf die Fördervoraussetzungen erforderlich. Darin heißt es, vereinfacht gesagt, der Staat darf den Breitbandausbau nur (finanziell) unterstützen, wenn kein privatwirtschaftlicher Anbieter diesen Ausbau übernehmen will.
Durch Gespräche mit und Anfragen bei Telekommunikationsunternehmen muss das im Vorfeld geklärt und nachgewiesen werden – durch sogenannte Branchendialoge und Markterkundungsverfahren.
Die Fördermodelle
Um den Breitbandausbau zu unterstützen, gibt es seitens des Staates nun zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es beim Ausbau einen Zuschuss an eine privaten Dritten, der das Projekt umsetzt, oder die nötige Infrastruktur (in Form von Leerrohren und Glasfaserkabel) wird komplett vom Staat finanziert und bleibt in dessen Besitz. Den Netzbetrieb übernimmt dann ein Telekommunikationsunternehmen, das Pacht für die Nutzung des Netzes bezahlt.
Jene Betreiber wurden in der Vergangenheit meist für einen längeren Zeitraum gesucht. Diese übernahmen, wenn das vorab so festgelegt war, dann nicht nur den Betrieb des bereits bestehenden Netzes, sondern zudem auch den Betrieb des erst zukünftig noch entstehenden Netzes.
Die Beschwerde
Gegen dieses Vorgehen wurde nun eine grundsätzliche, sogenannte Beihilfenbeschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt. Gemeint ist damit eine Beschwerde gegen die staatliche Unterstützung (Beihilfe). Diese darf laut Rechtslage nicht den Wettbewerb verzerren.
Das allerdings, so argumentiert der Beschwerdeführer, sei der Fall – zumindest dann, wenn ein Netzbetreiber automatisch auch neue Gebiete übernimmt, die nicht zweifelsfrei von Beginn an in der Auftragsvergabe mit aufgeführt waren. Weil Unternehmen, die nicht bereits im Geschäft sind, dadurch in diesen Gebieten auch künftig keine Chance mehr bekommen können, obwohl sie diese Chance bekommen müssten.
Nun prüft die EU-Kommission die Angelegenheit. Sollte diese zum Schluss kommen, dass Förderungen unzulässig waren, kann die Kommission anordnen, die Zuschüsse zurückzufordern.
Das Problem
Derzeit sind viele Breitbandausbau-Vorhaben durch die Beschwerde also in der Schwebe – bis die EU-Kommission eine Entscheidung getroffen hat. Wie lange das dauert, ist unklar.
Die Gemeinde Neuweiler befindet sich nun in der Zwickmühle. Denn um die bewilligte Förderung in Anspruch nehmen zu können, müssen Fristen eingehalten werden, binnen derer etwa die Suche nach Unternehmen für den Ausbau begonnen haben muss.
Hält Neuweiler aber diese Fristen ein und treibt den Ausbau voran, könnte es sein, dass die Gemeinde komplett auf ihren Kosten sitzenbleibt – was eben dann der Fall wäre, wenn die EU-Kommission die Zuschüsse später für unzulässig erklären würde. Alles selbst zu bezahlen, kann sich Neuweiler aber schlicht nicht leisten.
Die Lösung
Um auf der sicheren Seite zu sein, so erklärte Sager-Roßbroich, bleibe eigentlich nur, mittels eines neuen Branchendialogs und eines neuen Markterkundungsverfahrens erneut nachzuweisen, dass niemand aus der Privatwirtschaft den Ausbau selbst stemmen will. Dann würden auch alle Fristen von neuem beginnen.
Das Projekt verzögere sich damit allerdings um etwa ein Jahr. Start wäre dann etwa um die Jahresmitte 2025, wenn bis dahin alles geklärt sei.
Der Gemeinderat blieb nach diesen Ausführungen sichtlich ernüchtert zurück – stimmte dem Vorgehen aber zu. Bürgermeister Buchwald meinte, über diese Situation seien im Gremium sicher „alle so begeistert wie ich“. Es sei aber „alternativlos“.