Rusts Bürgermeister Kai-Achim Klare hat zu den Vorwürfen auf Facebook Stellung genommen. Foto: Gemeinde Rust

"Kai-Achim Klare – Gesundheitspolitik, die tötet!" Flyer mit diesem Vorwurf von "Gesundheit ist keine Ware – Ortenau" fanden die Ruster am Wochenende in ihren Briefkästen. Klare bezeichnet das Schreiben "als persönliche Diffamierung".

Rust - "Das Papier reiht sich ein in eine ganze Folge persönlicher Diffamierungen gegenüber Kolleginnen und Kollegen aus dem Kreistag. Es überschreitet Grenzen", erklärt Klare auf Facebook. Verteilt wurde der Flyer von der Organisation "Gesundheit ist kein Ware – Ortenau", einem Bündnis aus Gewerkschaften, Parteien und Jugendorganisationen, anlässlich der erneuten Kandidatur Klares als Ruster Bürgermeister. "Wir haben den Menschen damals versprochen, dass wir daran erinnern werden, wer von den Kreisräten für Klinikschließungen und wer für Personalkürzungen gestimmt hat. Und wenn sich einer von diesen zum Bürgermeister aufstellen lässt, sind wir zur Stelle", erklärt Yannik Hinzmann für "Gesundheit ist keine Ware" gegenüber der LZ und fügt hinzu: "Es wird im Rahmen des Bürgermeister-Wettkampfs nicht die letzte Aktion von uns gewesen sein."

Klare ist SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag Ortenau. Im Flyer wird ihm vorgeworfen, dass die SPD-Fraktion bis auf zwei Abweichler "voll und ganz für die Klinikschließungen in der Ortenau" gestimmt habe, besonders hervorgehoben werden dabei Oberkirch und Ettenheim. "Die SPD-Fraktion stimmte im Gesundheitsausschuss kollektiv für das Nachnutzungskonzept des Ettenheimer Krankenhauses, was die faktische Schließung bedeutet", wirft ihm der Flyer vor.

Klare verteidigt in seiner Stellungnahme seine Arbeit und die seiner Kollegen. Sie hätten "unter unglaublichen Einsatz um Lösungen gerungen, um die beste medizinische Versorgung im Kreis zu organisieren". Er habe sich zusammen mit seiner Fraktion "immer dagegen gewehrt, Ettenheim zu schließen, ohne dass klar definiert ist, welche Leistungen in Zukunft erbracht werden sollen. Gleiches gilt für Kehl und Oberkirch."

Intensives Ringen um Lösung für Ettenheim

Mit dem Antrag der CDU und SPD und der Erarbeitung der "Zweiten Säule" habe man dafür gesorgt, dass "zentrale Funktionen der Kliniken (etwa Notfallsprechstunde, Notarztversorgung) in ›Zentren der Gesundheit‹ überführt und dort sogar noch neue Leistungen" angesiedelt würden. Zwar würden "sehr komplexe Operationen" dort nun nicht mehr ausgeführt, wohl aber die Nachsorge. Für dieses Konzept habe man 100 Millionen Euro bereitgestellt, etwa für Genesungsbetten, die aktuell nicht durch die Kasse übernommen werden.

"Für Ettenheim ist eine ausgezeichnete Lösung erarbeitet worden, die nicht nur eine Vielzahl Klinikleistungen enthält, sondern neue Bereiche etabliert", erklärt Klare seinen Entschluss, der Umwandlung zuzustimmen. Ein weiterer Vorwurf des Flyers ist "Demokratieabbau" – insofern als dass die nicht-operativen Aufgaben des Gesundheits- und Klinikausschusses vom Kreistag auf einen Verwaltungsrat übertragen wurden. Die Linke Liste Ortenau hat dort keinen Sitz, denn mit zwei Kreisräten hat sie kein Fraktionsrecht. Zudem tagt der Ausschuss nicht öffentlich. Klare verteidigt, dass die SPD und er zweimal die Schaffung eines Gewerkschaftssitzes in diesem Verwaltungsrat beantragt hätten – leider vergebens.

Dem Vorwurf, dass der Kreistag 2020 beschlossen habe, dass der Klinikgeschäftsführer Christian Keller einen Plan vorlegen soll, wo beim Ortenau-Klinikum noch gespart werden könnte, begegnet Klare nur indirekt. Denn der Plan, den Keller Anfang 2021 vorlegte, beinhaltet laut Hinzmann auch, dass Ärzte-, Pflege- und auch Hilfskräftestellen gekürzt werden sollen. "Ich kann vielleicht noch verstehen, wenn man Kliniken schließt, um sein Gesicht zu wahren - aber dass man in Corona-Zeiten Stellen kürzt, geht mir nicht in den Kopf", erklärt Hinzmann gegenüber der LZ.

Plakat-Aktion

Kai-Achim Klare ist nicht der Erste, der für Klinikschließungen verbal und öffentlich angegriffen wurde. So wurden etwa im April Flugblätter in "Steckbrief-Optik" gegen Klinik-Geschäftsführer Christian Keller verteilt.