Auch zwischen Fluorn und Winzeln verläuft eine Mundartgrenze. Symbol-Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Mundart von Fluorn bis Winzeln / Schwäbisch-alemannische Sprachscheide

Westlich von Fluorn und Winzeln verläuft die schwäbisch-alemannische Sprachscheide. Der steile Abfall zum Kinziggraben trennt zwei Volksstämme oder solche, die sich dafür halten.

Fluorn-Winzeln. Bereits in den Nachbarorten Aichhalden, Heiligenbronn, Schramberg und Schiltach überwiegt das Alemannische. Aus diesem Gebiet sind einige Ausdrücke eingedrungen: "Gucka" (Tüte), "Guulr" (Hahn), "Koab" (Kerl) und "keia" (werfen, fallen).

Ursprünglich waren Schwäbisch und Alemannisch dieselbe Mundart. Aber in der Zeit um 1500 setzte die Zwielautung ein. Der Alemanne spricht noch wie im Mittelalter "Mus", der Schwabe sagt aber "Maus". Mit bestimmten Ausdrücken steht der Südschwabe dem Alemannischen näher als dem Nordschwaben: "gsai" (alemannisch), "gwä" (schwäbisch).

Die Veneinung geschieht in Winzeln mit "nidd", in Fluorn aber mit "net".

Auch zwischen Fluorn und Winzeln verläuft eine Mundartgrenze, die allerdings nicht stark ausgeprägt ist. Fluorn zählt zur Sprachlandschaft des Wirtembergischen, während Winzeln, Hochmössingen und Waldmössingen zum sogenannten Hohenbergischen (Untere Grafschaft Hohenberg um Oberndorf gehören).

Diese Sprachgrenzen decken sich mit den historischen Territorien. Fluorn gehörte zu Württemberg und zum Oberamt Sulz, während Winzeln mehr als drei Jahrhunderte lang im Besitz der Freien Reichsstadt Rottweil war und seit 1804 zum württembergischen Oberndorf zählte.

Vom Rottweilerischen freilich unterscheidet sich der Winzler Dialekt durch lange Vokale, wobei für ihn typisch ist, dass der folgende Konsonant verschluckt wird, "Wiit" statt "Wirt", "Fiidig" satt "Feiertag". So kann man den Winzler auch vom Fluorner unterscheiden, während die Winzelner "Forelle" sagen, sagt der Fluorner "Faurell", der Winzler sagt "Kuchen" und der Fluorner "Beerda".

Im Schwäbischen gibt es den Vokal der zwischen "e" und "a" liegt. Auffallender weise lautet die Endung des Eigenschaftswortes, die im Hochdeutschen sowohl "ig" wie "ich" geschrieben wird. In Fluorn allgemein "ich", in Winzeln aber "ig" ("lommerlig/lommelich"). So kann man durch "ewig" den Winzler vom "ewich" des Fluorners unterscheiden. Das "ai" des Mittelhochdeutschen blieb im Hochdeutschen erhalten: "saia" (säen) "maiha" (mähen), "Klai" (Klee) und "Saidorf" (Seedorf). Der ältere Zwielaut "ei" wird in Winzeln und Fluorn zu "oa": "Stoa" (Stein), "Moasle" (Meise) und "Toag" (Teig).

In beiden Ortsteilen ist das alte "om" nicht wie im Schwäbischen zu "au" geworden, sondern erhalten geblieben: "Schomm" (Schaum) und "Pflomma" (Pflaume).

Bei der in Winzeln üblichen Dehnung kommt es zur "r"-Unterdrückung: "Hiisch" (Hirsch), "Jaddepfl" (Kartoffeln) und "kuuz" (kurz). Der Winzelner ist zudem etwas mundfaul. So spricht er im Gegensatz zum Fluorner das "t" in "ischt" nicht aus.

So wie der Winzler auf gedehnte Vokabeln das "r" verschluckt, so schiebt er nach den Zwielauten ein "b" ein: "neib" (neu), "en dr Aub" (in der Au) und "bauba" (bauen). Dieses eingeschlossene "b" hört man auch in Fluorn, etwa in "Seible" (kleines Schwein).

Wie die einzelnen Zinken in Winzeln beschrieben werden, zeigt sich an dem Sprichwort: "Goosch en d’Loagruab naus ond siesch koa Kend, goosch da dabach naus und spirsch koan Wend, und goosch d’Bruck nuff und kriagsch koan Spott, no hosch an bsondre Gnad bei Gott."

Das Sprichwort bezeichnete früher, dass es in der Lehmgrube ("Loagruab") die meisten Kinder gab, im Tannbach ("Dabach") war der Westwind immer stark zu spüren, und auf der Bruck (Oberndorfer Straße) konnte man zu früheren Zeiten damit rechnen, dass verfeindete Familien auch Unbeteiligten gegenüber wüste Beschimpfungen aussetzten.