Über Baden-Württemberg reiht sich Kondensstreifen an Kondensstreifen: Ein Fluglärm-Staatsvertrag mit der Schweiz soll den Flugverkehr im Grenzgebiet regeln. Foto: dpa

Die Ratifizierung des umstrittenen Fluglärm-Vertrags mit der Schweiz soll vorerst ausgesetzt werden. Der Verkehrsminister versprach dem Land Baden-Württemberg, noch einmal mit der Schweiz über offene Punkte zu verhandeln.

Berlin - Wegen massiver Widerstände in Baden-Württemberg will Deutschland die Schweiz um Nachverhandlungen über den bereits unterzeichneten Fluglärm-Staatsvertrag bitten. Ziel sei, offene Fragen in einer völkerrechtlich verbindlichen Form zu klären, sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nach einem Treffen mit Vertretern aus dem Südwesten am Montag in Berlin. Bis dahin soll mit Schritten zur Ratifizierung im Bundestag gewartet werden. In Südbaden gibt es heftige Proteste gegen den Vertrag für Anflüge auf den Flughafen Zürich. Er sieht vor, dass Anflüge abends künftig früher über Schweizer statt über deutschem Gebiet stattfinden sollen.

Ramsauer sagte, er wolle seiner Schweizer Amtskollegin Doris Leuthard anbieten, dass die Klärungen etwa als Anhang, Zusatz oder Protokoll beider Seiten geschehen könnten. Falls in einigen Punkten erforderlich, könne auch der Vertrag selbst „noch einmal angefasst“ werden. „Dieses Vorgehen setzt voraus, dass von Schweizer Seite Bereitschaft gegeben ist“, sagte der Minister. Nach aller bisherigen Mühe in den jahrelangen Diskussionen gehe er davon aus, dass diese Bitte nicht abgewiesen werde.

Ramsauer spricht mit Vertretern aus dem Land

In dem Gespräch mit Vertretern aus Baden-Württemberg habe sich „eine Reihe von Fragen“ gezeigt, die einvernehmlich auf deutscher Seite geklärt werden müssten, sagte Ramsauer. Der Landrat des am stärksten betroffenen Kreises Waldshut, Tilman Bollacher (CDU) nannte unter anderem Flugbewegungszahlen, Flugrouten und Höhen. „Ziel muss sein, dass wir einen Staatsvertrag bekommen, der eine nachhaltige Entlastung vom Flugverkehr definitiv sicherstellt.“

Ramsauer betonte mit Blick auf die Vertreter aus dem Südwesten: „Uns eint nach wie vor das Ziel: weniger Fluglärm und eine dauerhafte Lösung.“ Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sprach von einem Verhandlungserfolg bei dem Treffen mit Ramsauer. Der Erfolg hänge nun „sehr davon ab, ob die Schweiz erkennt, dass es eine Chance ist.“

Nach der Unterzeichnung des Vertrags Anfang September hatte sich in der Region Widerstand aufgebaut. Die baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten von Union und FDP hatten erklärt, im Parlament gegen den Vertrag stimmen zu wollen. Im Stuttgarter Landtag wenden sich alle Fraktionen gegen den Staatsvertrag, da er die Lärmsituation in Südbaden nicht dauerhaft verbessert hätte. Vielmehr seien wegen niedrigerer Flughöhen und unklarer Flugrouten steigende Belastungen wahrscheinlich.

Die Schweiz ist offen für Gespräche

Die Regierung in Bern ist bereit, „die von deutscher Seite aufgetauchten offenen Fragen gemeinsam anzuschauen und zu klären“, erklärtedie Sprecherin des Schweizer Verkehrsministeriums, Annetta Bundi. Regelrechte Nachverhandlungen seien dafür nicht erforderlich.

„Wir verschließen uns dem nicht“, sagte die Sprecherin des Schweizer Verkehrsministeriums. Die Klärung umstrittener Punkte könne über einen Noten-Austausch erfolgen, was eine rechtsverbindliche Form garantiere. Der Staatsvertrag sei ein für beide Seiten akzeptabler Kompromiss. Eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Abkommen „durch die Parlamente ist wichtig und sollte baldmöglichst zu Klarheit führen“.