Die Bahn will bei ihrem Projekt Stuttgart 21 den Flughafen zum zweiten großen Umsteigepunkt neben dem neuen Tiefbahnhof in der City ausbauen. Am Flughafen soll dafür direkt unter dem Messe-Haupteingang ein neuer ICE-Bahnhof entstehen. Im Bild als Station NBS (Neubaustrecke) aufgeführt. Foto: Stadt Stuttgart/ StN-Grafik Lange

Flughafen zahlt Millionen ohne Bindungswirkung für Bahn - LE streitet um S-Bahn.

Stuttgart - Die Bahn will Anfang 2012 die Pläne für das letzte Teilstück ihres Projekts Stuttgart 21 öffentlich machen. Dabei sollen am Flughafen zum Ärger von Leinfelden-Echterdingen Fernzüge auf S-Bahn-Gleisen fahren. Der Airport kann trotz Millionenzahlungen nicht über die Lage eines zweiten Bahnhofs bestimmen.

In der Doppelstadt auf den Fildern ringt man seit mehr als einer Dekade mit der Bahn. Sie plant, Fernzüge aus Singen über Stuttgart-Rohr auf den bestehenden S-Bahn-Gleisen zum S-Bahn-Halt unter den Flughafen-Terminals zu schicken. Für den ungeliebten Mischverkehr hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer extra eine Ausnahmegenehmigung erteilt. "Wir haben schon vor mehr als zehn Jahren noch unter OB Fischer für eine zweite Trasse neben der Autobahn gestimmt", sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Harry Sandlaß.

In der Doppelstadt fürchtet man, dass die Zusatzzüge auf der S-Bahn-Trasse einen S-Bahn-Ringschluss über Neuhausen nach Esslingen unmöglich machen könnten. Den Eindruck hat das Eisenbahn-Bundesamt im März 2011 verstärkt. Die Genehmigungsbehörde reichte Unterlagen an die Bahn zurück. Sie seien "nicht geeignet", den geforderten Leistungsnachweis für die Mischlösung zu erbringen.

Doch eine unterirdische Lösung

Eckart Fricke, Konzernbevollmächtigter der Bahn in Baden-Württemberg, hat die Stadträte in diversen Sitzungen eines Arbeitskreises zu besänftigen versucht. Ein Kompromiss, der eine mögliche Klage der Stadt verhindern soll, ist dennoch nicht in Sicht. Fricke habe über zehn Alternativen für die Flughafen-Anbindung referiert, sagt die Grünen-Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko. Für die ICE, die vom Hauptbahnhof über den Fildertunnel zum Flughafen rasen, brachte er einen oberirdischen Haltepunkt beim Bosch-Parkhaus an der Autobahn ins Gespräch.

Beim jüngsten Treffen aber habe der oberste Konzernrepräsentant im Land wieder zurückgezogen. Jetzt solle doch ein unterirdischer Fernbahnhof nahe an den Terminals entstehen und sich die S-Bahn mit den Zügen aus Zürich, Rottweil und Freudenstadt abwechseln. "Und das, obwohl Fricke gesagt hat, dass diese Lösung Murks ist", zeigt sich Grischtschenko enttäuscht.

Die Bahn hätte am Flughafen noch alle Freiheiten. Der Airport hatte Mitte 2008 112 Millionen Euro bezahlt, um Stuttgart 21 zu retten. Diesen Obolus zählt die Bahn nicht zu den 4,5 Milliarden Euro, die sie selbst, Bund, Land, Stadt, Region und Flughafen für Stuttgart 21 maximal aufwenden.

Flughafen erhofft sich mehr Passagiere

Insgesamt steuert der Flughafen bis zu 359 Millionen Euro bei. Er hat aber offenbar kein vertraglich fixiertes Mitspracherecht. "Die Zahlung geschieht unabhängig vom Projekt Flughafenbahnhof", teilt ein Flughafensprecher auf Anfrage mit. "Soweit unsere Vorstellungen nicht berücksichtigt sind, werden wir sie im Planfeststellungsverfahren einbringen", so der Sprecher weiter. Der Flughafen nähme damit trotz seiner riesigen Finanzspritze nur die gleiche Rechtsposition wahr wie Zehntausende Einwohner entlang der S-Bahn-Strecke. Der Airport setzt das Geld ein, weil er sich dank eines neuen ICE-Halts 1,2 Millionen zusätzliche Passagiere pro Jahr erwartet.

Als "grob fehlerhaft" und "nicht reif für ein Planfeststellungsverfahren" sieht die Schutzgemeinschaft Filder die Bahn-Pläne an. Auch sie könnte letztlich klagen und eine Baugenehmigung verzögern.

Die Messe, deren Hallen nach den bisherigen Bahn-Plänen von den ICE-Tunneln unterfahren würden, hält sich bedeckt. 30 Millionen Euro hat die Messegesellschaft deswegen zusätzlich investiert. Die geschwungenen Hallendächer werden über Druckrohranker im Filderboden fixiert, Fundamente wurden verstärkt, das Parkhaus über der Autobahn erhielt für Gleise eine größere Spannweite. Die Bahn müsse den Schlenker unter der Messe nicht unbedingt bauen, sagt Thomas Glawa, Prokurist der Messe-Baugesellschaft. Sie sei aber dabei, die 30-Millionen-Vorleistung zu begleichen. "Wir wünschen uns eine möglichst ideale Anbindung der Messe", sagt Glawa. Mit einem Ausgang aus dem Tiefbahnhof, der auf die Messe-Piazza führt, wäre dieser Wunsch erfüllt.