Der Kreis reduziert aufgrund rückläufiger Zugänge die Zahl der Plätze in der vorläufigen Unterbringung für Flüchtlinge. Unter anderem die Containeranlage im Seelbacher „Wiesengrund“ wird Ende des Jahres zurückgebaut. Foto: Köhler

Zum Weltflüchtlingstag am Freitag hat das Landratsamt Bilanz gezogen. Nach drei Jahren mit hohen Zugangszahlen ist 2025 demnach eine spürbare Entspannung eingetreten.

Bis Ende Mai 2025 wurden 245 Asylbewerber sowie 85 geflüchtete Menschen aus der Ukraine neu in die vorläufige Unterbringung des Kreises aufgenommen. Im Vergleich zu den Vorjahren bedeutet das einen deutlichen Rückgang, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts

 

„Diese Entwicklung bringt dem Kreis eine dringend benötigte Atempause“, erklärt Alexandra Roth, Dezernentin für Infrastrukturen, Baurecht und Migration. „Wir nutzen diese Phase, um unser Unterbringungssystem strategisch und wirtschaftlich neu auszurichten.“

Zum Stichtag Ende Mai waren insgesamt 1492 Menschen in den aktuell 30 Gemeinschaftsunterkünften des Kreises untergebracht. Der Großteil der Bewohner stammt aus der Türkei (circa 40 Prozent), gefolgt von Flüchtlingen aus Afghanistan (14 Prozent) und Syrien (13 Prozent). Insgesamt leben Menschen aus rund 30 verschiedenen Nationen gemeinsam in den Einrichtungen des Kreises.

Anlagen in Schwanau, Seelbach und Steinach betroffen

Derzeit hält der Kreis noch 2168 Plätze in der vorläufigen Unterbringung vor. Bereits im ersten Halbjahr wurden 161 abgebaut. Von den aktuell noch zehn Containeranlagen in Betrieb werden bis Jahresende drei geschlossen. Betroffen sind die Standorte Schwanau, Seelbach und Steinach, teilt Kreissprecher Kai Hockenjos auf Anfrage unserer Redaktion mit.

Die Anlage in Schwanau sei bereits unbewohnt, in Seelbach und Steinach seien jeweils noch 34 Personen untergebracht – dort soll der Rückbau im Dezember beginnen. Die Container im Seelbacher „Wiesengrund“ werden damit nach etwa zwei Jahren wieder abgebaut. Das entspricht in etwa dem zeitlichen Rahmen, den das Landratsamt bereits bei deren Aufbau genannt hatte.

„Containeranlagen sind zwar eine schnelle Lösung in akuten Situationen, aber sie sind teuer und auf Dauer nicht tragfähig“, erklärt Migrationsdezernentin Roth. Deshalb werde die niedrigere Belegungssituation genutzt, um auf nachhaltigere und wirtschaftlichere Formen umzusteigen.

Ab 2026 soll noch Platz für rund 1900 Menschen sein

Die Gesamtzahl der Unterbringungsplätze soll bis Anfang 2026 auf 1912 reduziert werden. Für vier weitere Anlagen laufen im kommenden Jahr die Mietverträge aus – ihr Abbau ist abhängig von der weiteren Entwicklung der Zahlen. „Wir beobachten das weltpolitische Geschehen sehr genau“, betont Roth. „Eskalationen wie aktuell im Nahen Osten müssen wir stets mitdenken.“

In den vergangenen zwölf Jahren wurden mehr als 12 000 Flüchtlinge aus der vorläufigen in die sogenannte Anschlussunterbringung überführt – eine Leistung, die Roth würdigt: „Die Städte und Gemeinden im Ortenaukreis haben Gewaltiges geleistet.“ In der vorläufigen Unterbringung stehen Sozialarbeiter des Landratsamts zur Verfügung. In der Anschlussunterbringung übernehmen kommunale Integrationsmanager die weitere Betreuung.

Kreis dankt Kommunen und Ehrenamtlichen

Mit jedem Flüchtling wird eine individuelle Integrationsvereinbarung abgeschlossen, um Hemmnisse frühzeitig zu erkennen und gezielt abzubauen – sei es in Sprache, Bildung, Arbeit oder Wohnraum. Neben dem hauptamtlichen System tragen auch viele Ehrenamtliche maßgeblich zum Gelingen der Integration bei. Ob in Helferkreisen, Vereinen oder als Einzelpersonen. „Ohne unsere engagierten Bürgerinnen und Bürger wären viele Erfolgsgeschichten nicht denkbar“, so Roth. „Ihr Engagement verdient größten Respekt und Dank.“

Ein deutliches Zeichen erfolgreicher Integration ist laut Kreisverwaltung die hohe Zahl an Einbürgerungen: 2024 erhielten 1260 Menschen im Kreis die deutsche Staatsbürgerschaft – so viele wie nie zuvor. Auch 2025 deute sich eine anhaltend hohe Nachfrage an. „Die Entscheidung zur Einbürgerung ist ein starkes Bekenntnis zur demokratischen Gesellschaft“, betont Roth. „Sie zeigt, dass Integration nicht nur gelingt, sondern gelebt wird.“

Bevölkerungsstatistik

Auch die Bevölkerungsstatistik im Kreis spiegelt die globalen Fluchtbewegungen wider: Ende 2024 war die ukrainische Staatsangehörigkeit bereits die zweitgrößte unter den ausländischen Bevölkerungsgruppen – direkt nach Rumänien. Syrien liegt ebenfalls unter den Top Fünf. Dennoch stammen etwa 42 Prozent aller ausländischen Mitbürger aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.