Der US-amerikanische Außenminister John Kerry möchte mehr Flüchtlinge aus Syrien in sein Land lassen. Foto: EPA

Obama trägt der weltweiten Kritik Rechnung und will deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen. Hohe Anforderungen bei den Anti-Terror-Überprüfungen hatten die Einreise bislang verhindert. Außenminister Kerry wirbt für Anhebung der Flüchtlingsquote auf 100 000 Menschen.

Washington - Der Technologie-Unternehmer David Galbraith stellte auf Twitter ein Porträt des Apple-Gründers Steve Jobs ein. Darunter schrieb er den Satz: „Ein syrisches Einwanderer-Kind“. Die Twitter-Botschaft verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Sie erinnert daran, dass der Mann, der der Welt das iPhone gebracht hat, einen syrischen Vater Namens Abdul Fatah Jandas hatte. Der kam in den 50er Jahren in die USA und gab seinen Sohn dort zur Adoption frei.

Galbraith sagt, das Bild des wie Treibholz an den Strand gespülten dreijährigen Aylan Kurdi habe ihm schlagartig klar gemacht, wie wichtig es sei, in der Flüchtlingskrise zu helfen. Deshalb habe er auf Twitter Assoziationen wecken wollen. „Weil ein anderes Kind von Eltern der gleichen Nationalität eine Chance bekam, schuf es das größte Unternehmen der Welt.“

Widerstand von Senatoren gegen Kerrys Pläne

Das ist eine Perspektive auf die Flüchtlinge, die aus dem Bürgerkriegsland fliehen. Mit einer anderen musste sich US-Außenminister John Kerry im Kongress auseinandersetzen. Dort hatte er bei einer Anhörung von Senatoren und Repräsentanten hinter verschlossenen Türen für eine deutliche Anhebung der Quote an Flüchtlingen geworben, die in die USA kommen dürfen. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen strebt die Regierung die Aufnahme von 100 000 Asylsuchenden an. Ob die USA zusätzliche 30 000 Flüchtlinge zu dem bisherigen Kontingent akzeptieren, hängt von den Entscheidungen im Kongress ab. Die Abgeordneten setzen die Quoten fest und stellen die Mittel bereit.

Senator Jeff Sessions aus Alabama gehörte zu denen, die Vorbehalte gegen die Einreise von Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten äußerten. Der Republikaner drückte die Sorge aus, Terroristen des IS oder von El Kaida könnten so ins Land kommen. Diese Bedenken erklären auch die bisherige Flüchtlingspolitik der USA, die seit 2011 genau 1554 Syrer ins Land gelassen haben. Bevor Asylsuchende einreisen können, müssen sie durch eine mehrstufige Sicherheitsüberprüfung laufen. Die dauert nach Auskunft des US-Außenministeriums in der Regel zwischen 18 und 24 Monaten.

Drängen auf ein effizienteres Verfahren

Für viele Bewerber bedeuten diese Hürden die Quadratur des Kreises. „Wie wollen sie Leute überprüfen, wenn sie keine Regierung haben, deren Behörden bei der Überprüfung kooperieren“, bringt Jon Alterman vom Center for Strategic and International Studies das Problem auf den Punkt. Angeheizt wird die Paranoia im Kongress von dem Fall zweier irakischen Flüchtlinge in Kentucky, denen 2009 Verbindungen zur El Kaida nachgewiesen werden konnten. Für den Vorsitzenden des Heimatschutz-Komitees im Repräsentantenhaus, Michael McCaul aus Texas, ist das Grund genug, Zurückhaltung zu wahren. „Bevor wir irgendwelche neuen Flüchtlinge hier reinlassen, muss der Präsident dem Kongress und dem amerikanischen Volk Sicherheiten geben, dass unsere Sicherheitsüberprüfungen ausreichend sind.“

Wohlwollende Senatoren wie die Demokratin Amy Klobuschar drängen auf ein effizienteres Verfahren. Unterstützung erhält sie von Lindsey Graham, der zu den wenigen Republikanern gehört, die mehr Syrer ins Land lassen wollen. „Wir sollten unseren fairen Anteil nehmen. Die meisten Amerikaner haben keine Vorstellung, was es zurzeit bedeutet, im Mittleren Osten zu leben.“

Nur ein Zeichen des guten Willens?

Kerrys Vorstoß bleibt nach Einschätzung von Analysten vor allem ein Zeichen des guten Willens der US-Regierung, die international unter Druck steht, in der Flüchtlingskrise mehr zu tun. Flüchtlingsorganisationen drängen die USA, mindestens 65 000 Syrer im Jahr aufzunehmen. Selbst wenn der Kongress die generelle Asylbewerber-Quote erhöhte, bedeutet das kaum Entlastung in der Syrien-Krise. Denn 100 000 wäre die Gesamtzahl aller Flüchtlinge, von denen bisher so gut wie niemand aus dem Bürgerkriegsland kam.

Kerry und US-Präsident Barack Obama wollen Ende September am Rande der Vollversammlung der Vereinten Nationen versuchen, eine Lösung zu finden. Nach Informationen aus dem US-Außenministerium steht Kerry täglich mit seinen europäischen Kollegen in Kontakt. Ausdrücklich verwahrt sich Washington vor dem Vorwurf, nicht genügend zu tun. Mit vier Milliarden Dollar (3,5 Mtrd. Euro) man mehr an Hilfsmitteln für die Flüchtlinge als jeder andere Staat.