Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) Foto: dpa

Die große Zahl von Flüchtlingen, die nach Baden-Württemberg strömen, stellt die Politik vor gewaltige Herausforderungen. Aus der Opposition wird Kritik an Integrationsministerin Öney laut.

Stuttgart/Karlsruhe - Mit neuen Flüchtlingsunterkünften versucht das Land, der großen Zahl von Asylbewerbern Herr zu werden. Die Landeserstaufnahmeeinrichtungen (Lea) sind überfüllt. Teilweise beklagen sich Anwohner über die Zustände, immer wieder geraten Flüchtlinge aneinander. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) muss sich Kritik gefallen lassen.

In Sigmaringen wurde am Montag eine neue Lea eröffnet. 250 Menschen zogen in die Graf-Stauffenberg-Kaserne, Platz sei dort zunächst für 400, sagte ein Sprecher des Regierungspräsidiums Tübingen. Bis Anfang nächsten Jahres soll es dort 1000 Plätze geben. Entspannung soll auch eine weitere Lea mit bis zu 1000 Plätzen in der Polizeihochschule Wertheim (Main-Tauber-Kreis) bringen.

CDU und FDP warfen Öney schlechtes Krisenmanagement angesichts weiter steigender Flüchtlingszahlen vor. Der Abgeordnete Bernhard Lasotta (CDU) sprach von einem Offenbarungseid. Hintergrund ist die in einem Interview geäußerte Kritik der Ministerin an Kommunen, in denen es Widerstände gegen die Einrichtung von Lea gebe. Öney verkenne den Ernst der Lage. „Vor allem die vielen ehrenamtlichen Helfer fühlen sich im Stich gelassen, und die ersten beginnen, ihren Dienst zu quittieren“, teilte Lasotta mit.

Rülke: Öney verspielt ihre Glaubwürdigkeit

Nach Ansicht des FDP-Fraktionschefs Hans-Ulrich Rülke verspielt Öney ihre Glaubwürdigkeit. Nach den Erfahrungen mit den überfüllten Lea in Ellwangen (Ostalbkreis) und Meßstetten (Zollernalbkreis) müsse man die berechtigten Bedenken vor Ort ernst nehmen. Der Ausbau der Kapazitäten habe zu spät begonnen.

Die Karlsruher CDU-Abgeordnete Katrin Schütz kritisierte, dass zeitweise Asylbewerber die Lea in der Stadt ohne die vorgeschriebene Tuberkulose-Röntgenuntersuchung verlassen hätten. Auch seien sie zeitweise auf die Landkreise verteilt worden, ohne einen Asylantrag gestellt zu haben. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Vorsitzenden des Integrationsausschusses im Landtag an die Landesregierung hervor.

Öney begründet das mit den langen Bearbeitungszeiten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Röntgenuntersuchungen seien nur bei Flüchtlingen aus Ländern mit geringem Tuberkuloserisiko vorübergehend auf die Gesundheitsämter der Kreise verlagert worden.

In Wertheim ist eine Lea mit bis zu 1000 Plätzen in der Polizeihochschule geplant. Die Gebäude würden spätestens zum Jahresende frei, teilte der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl mit. „Das ist momentan die größte humanitäre Aufgabe und Herausforderung im Land, die bei uns ankommenden Flüchtlinge so unterzubringen, dass Zelte möglichst vermieden werden können.“

Stimmung in Quartieren nicht immer gut

Unterdessen entstehen überall im Land bei Städten und Gemeinden weitere Unterkünfte. So teilte das Landratsamt im Rhein-Neckar-Kreis mit, dass 100 Flüchtlinge im ehemaligen Gebäude der Bodenseewasserversorgung untergebracht werden sollen. Der Kreis müsse alleine im August 625 Asylbewerber aus der Lea Karlsruhe aufnehmen.

Die Stimmung in den überfüllten Quartieren ist mancherorts aufgeheizt. Bei einer Massenschlägerei von etwa 50 Menschen in einer Flüchtlingsunterkunft in Heidelberg waren am Sonntag zwei Bewohner und ein Sicherheitsmitarbeiter verletzt worden.

Zuletzt lebten dort mehr als 2600 Menschen - ausgelegt war die Unterkunft ursprünglich für 1000 Asylbewerber. Beim Flüchtlingsgipfel der Landesregierung hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) das Ziel ausgegeben, bis zum Jahresende Tausende neue Lea-Plätze zu schaffen. Alle bestehenden Unterkünfte sind überfüllt.

Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) wies Kretschmanns Vorschlag für eine stärkere Unterbringung von Flüchtlingen im Osten Deutschlands zurück. Die Verteilung auf die Bundesländer nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel mit Orientierung an Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft sei eine gerechte Regelung.