Eine Mitarbeiterin der Behörde im Gespräch mit einer geflüchteten Familie. Foto: Huber

Am Montag startete das zentrale Aufnahmezentrum für Geflüchtete aus der Ukraine im Schwarzwald-Baar-Kreis in den Betrieb. Bei einer Begehung wurde nun erklärt, wie die Stelle aufgebaut ist.

Villingen-Schwenningen - Bei einer Begehung des zentralen Aufnahmezentrums für Geflüchtete aus der Ukraine im Schwarzwald-Baar-Kreis erklärten Vertreter des Landratsamts und der Städte Villingen-Schwenningen sowie Donaueschingen das Vorgehen in der sogenannten Registrierstraße der Aufnahmestelle. Seit Montag ist sie schon in Betrieb.

Durch die Räumlichkeiten in der Schwenninger Sturmbühlstraße 177 führten Jürgen Stach, Sozialdezernent des Landratsamts, Jan Hauser, Leiter des Sozialamts im Landratsamt sowie Landrat Sven Hinterseh, die Oberbürgermeister Jürgen Roth (Villingen-Schwenningen) und Erik Pauly (Donaueschingen).

Mit Flüchtlingen war zu rechnen

Mit Flüchtlingen sei bei dieser "schrecklichen Situation" in der Ukraine zu rechnen gewesen, sagte Landrat Hinterseh. Deshalb habe das Landratsamt schon frühzeitig den Kontakt zu den Ausländerbehörden gesucht, um schnellstmöglich innerhalb rund einer Woche ein solches Aufnahmezentrum auf die Beine stellen zu können. "Wir wollten eine zentrale Anlaufstelle im Schwarzwald-Baar-Kreis schaffen". Die Geflüchteten sollen hier nämlich mit einem Besuch alle Behördengänge auf einmal erledigen können. Wichtig sei, dass die Menschen, die im Kreis ankämen, sich auch bei der Aufnahmestelle melden würden.

Zeitfenster vorab vereinbaren

Es wird darum gebeten, dass nicht alle Geflüchteten unkoordiniert zur gleichen Zeit in die Sturmbühlstraße kommen. Vorab solle in Kontakt mit der Aufnahmestelle ein bestimmtes Zeitfenster vereinbart werden, in welchem dann das Zentrum besucht werden könne. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Zuge einer späteren Anmeldung keine Leistungen verloren gingen. Notwendige Arzttermine oder ähnliche Leistungen könnten schon vor der Registrierung wahrgenommen werden und würden im Nachgang dann vergütet werden.

Menschen sollen "zur Ruhe kommen"

"Es ist wichtig, dass die Menschen hier zur Ruhe kommen können", meint OB Roth. "Diese Zentrale ist ein erster Schritt", so Roth. Weitere Angebote zur Flüchtlingshilfe seien schon in der Pipeline. Man wolle die Menschen so unterstützen, dass sie schnellstmöglich ein normales Leben nach dem Krieg führen könnten.

"Unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft"

OB Pauly sprach von einer "unglaublichen Welle der Hilfsbereitschaft". Bei der Situation in der Ukraine verstehe man oft die Welt nicht mehr. Ziel sei es, möglichst unbürokratische Hilfe zu leisten. Bürokratie sei nun mal aber trotzdem notwendig. Er richtete den Appell auch an Privatpersonen: nur mit einer Mischung aus privaten Hilfsaktionen und Unterstützung aus der Politik könne die Krise bewältigt werden.

"Von einer Krise in die nächste"

"Wir kommen von einer Krise in die nächste", stellte Pauly fest. Daher sei man aber mittlerweile schon etwas "krisenerprobt". Dazu kämen dann noch die bestehenden Strukturen aus der Flüchtlingskrise 2015/ 2016. Genau dort möchte Sozialamtsleiter Hauser ansetzen. "Wir müssen die richtigen Schlüsse aus der vergangenen Flüchtlingskrise ziehen und daraus lernen", regte er an.

Überrascht über große Anzahl

Es sei dem Landratsamt bewusst gewesen, dass ein effizientes Verfahren benötigt werde, um allen ankommenden Geflüchteten schnell helfen zu können. "Wir haben nicht mit so vielen gerechnet", zeigte er sich dennoch überrascht. Rund 300 bis 400 Menschen, die im Kreis untergebracht sind, seien schon erfasst worden. Eine genaue Anzahl, wie viele Geflüchtete sich wirklich im Schwarzwald-Baar-Kreis aufhalten, sei nicht zu beziffern. Er geht davon aus, dass die Anzahl um ein vielfaches größer ist. Wie das Landratsamt in einer Mitteilung schreibt, sei die Prognose durchaus realistisch, dass mindestens 860 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften benötigt und wohl über 2000 Menschen in den Schwarzwald-Baar-Kreis kommen würden.

Drei Warteräume

Das Vorgehen in der Registrierstraße läuft wie folgt ab. Zunächst kommen die Geflüchteten in drei Warteräume. Diese sind jeweils auf die Aufenthaltsorte Donaueschingen, Villingen-Schwenningen und das restliche Kreisgebiet aufgeteilt. Dann bekommen sie eine Nummer zugeteilt, mit der sie später an die nächste Station gerufen werden.

Diese nächste Station ist die untere Aufnahmebehörde. Hier wird geklärt, ob die Menschen schon eine Unterkunft haben oder noch nach einer gesucht werden muss.

Einsatz eines vereinfachten Verfahrens

Ist das Thema Unterkunft geklärt, geht es im Anschluss mit den Ausländerbehörden weiter, wo eine Erfassung erfolgt und das Verfahren eingeleitet wird, um einen Aufenthaltstitel erteilen zu können. An dieser Stelle wird anstatt dem sonst üblichen umfangreichen Verfahren ein vereinfachtes Verfahren, das sogenannte PIK-Verfahren, eingesetzt. Nur so könne die Großzahl der Geflüchteten schnell registriert werden. Das umfangreichere Verfahren werde dann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt beziehungsweise ergänzt. So kommt es dann zur Ausstellung der Fiktionsbescheinigung mit angeschlossener Arbeitserlaubnis.

In einem letzten Schritt geht es zur Asylbewerberleistungsbehörde, wo unter anderem die Daten aufgenommen werden und ein Antrag auf Asylleistungen gestellt wird. Werden all diese Schritte durchlaufen, dann ist die Registrierung abgeschlossen.

Größere Räumlichkeiten gesucht

Die Räumlichkeiten, in denen die Aufnahmestelle untergebracht ist, sind sehr eng gebaut. Auf dem Gang und in den einzelnen Zimmern stehen sich die Menschen regelrecht auf den Füßen. Den zuständigen Behörden ist das schon bewusst. Deshalb sind sie schon auf der Suche nach Standorten mit mehr Platz für die Aufnahmestelle.

Laut OB Roth habe die Stadt Villingen-Schwenningen angeboten, das Villinger Heilig-Geist-Spital für die Unterbringung von Flüchtlingen zu reaktivieren. Seitens des Vermieters sei zwar alles geregelt. Eine finale Entscheidung liege aber nicht vor, man müsse erst noch endgültig abstimmen, ob eine Nutzung als Unterkunft möglich sei.

Gleichzeitig prüfe das Landratsamt weitere Unterbringungsmöglichkeiten, auch für die Anschlussunterbringung. Diese sei sehr wichtig, um Kapazitäten in den Gemeinschaftsunterkünften für spontan ankommende Flüchtlinge frei zu haben.