Thomas Steimle, Leiter der Abteilung Ordnung und Baurecht im Landratsamt Tübingen (von links), Werner Walz, Leiter des Geschäftsbereichs 1 im Landratsamt Tübingen und Landrat Joachim Walter stehen in einer der leeren Kabinen, in der die Geflüchteten vorübergehend untergebracht werden. Foto: Gezener

Der Landkreis Tübingen hat die Kreissporthalle im Tübinger Stadtteil Derendingen als Ankunftszentrum für geflüchtete Menschen aus der Ukraine eingerichtet. Seit Wochenbeginn sind dort bereits ein paar Dutzend Geflüchtete untergebracht worden. Sie sollen von dort aus so schnell wie möglich in Wohnungen verteilt werden.

Kreis Tübingen - Zwei Jugendliche werfen abwechselnd einen Basketball in den Korb. Wer mehr Bälle durch das Netz jagt, gewinnt. Der ältere der beiden gewinnt. "Faires Match", sagt der jüngere, die beiden klatschen sich sportlich ab. Ein paar Meter weiter befindet sich eine Spieleecke, in der kleine Kinder mit Bällen spielen. Eine Seniorin und ein kleines Mädchen spielen sich mit Kunststoff-Tennisschlägern einen Tennisball hin und her, während zwei Teenager aus ihren Kabinen herauslaufen, um sich am Kaffee- und Teeautomaten zu bedienen. Dann kehren sie in ihre Kabinen zurück. Andere wiederum sitzen lieber an langen Bierbänken, nehmen Zwischenmahlzeiten zu sich und unterhalten sich dort.

Ankunftszentrum funktioniert vom Prinzip her wie ein Hotel

"Manche der Geflüchteten wollen in Deutschland bleiben, andere wiederum sind nur auf Durchreise", sagt Werner Walz, Leiter des Geschäftsbereichs 1 im Landratsamt Tübingen. Vom Prinzip her funktioniere das Ankunftszentrum "quasi wie im Hotelbetrieb", merkt Walz an: "Die Menschen kommen hier an, werden aufgenommen und registriert. Dann werden sie in Räume beziehungsweise Kabinen zugeteilt, erhalten Decken und Bettbezüge. Es gibt jeden Tag ein Frühstück, ein Mittagessen und ein Abendessen. Für zwischendurch gibt es aber auch Zwischenmahlzeiten wie Brötchen mit Honig oder Marmelade, Äpfel oder Pudding. Die Eingangs- und Ausgangstür ist immer geöffnet. Die Menschen können aus der Halle raus an die frische Luft und wieder zurück in die Halle – vom Prinzip her also quasi wie im Hotelbetrieb. Nur abends muss man sich abmelden, bevor man rausgeht."

Platz für bis zu 280 Flüchtlingen

In der Halle könnten bis zu 280 geflüchtete Personen untergebracht werden, wie Walz anmerkt. Einzelkabinen gebe es nicht. Es werde aber versucht, die Menschen möglichst in Familienverbünden in den Kabinen unterzubringen. Für Geflüchtete sei zudem ein Wäscheraum mit Waschmaschinen und Wäschetrocknern errichtet worden. "Ein großer Vorteil der Sporthalle ist auch, dass es hier sehr viele Duschen und Umkleidekabinen gibt", fügt Walz hinzu und lobt die "sehr große Hilfsbereitschaft" der Firmen, die bei der Errichtung des Ankunftszentrums mitgewirkt hätten. "Vom Bodenleger bis zum Schreiner war eine sehr große Hilfsbereitschaft da. Ohne die Firmen wäre all das hier nicht möglich gewesen.

Geflüchtete Personen sollen nur kurz in der Sporthalle bleiben

"Unser Ziel ist es, die Menschen, die hier ankommen, so schnell wie möglich in Wohnungen unterzubringen, in denen sie alle auch genug Privatsphäre haben", betont der Tübinger Landrat Joachim Walter. Das Ankunftszentrum in der Kreissporthalle soll für die geflüchteten Menschen "nur eine kurze Übergangsstation" sein. Denn es sei "wichtig, dass die Menschen nach all ihren Fluchterfahrungen für sich selbst sein können". In zwei Fällen habe das auch einwandfrei funktioniert. "Zwei Personen, die hier am Montag untergebracht wurden, konnten schon am Folgetag in eine Anschlussunterkunft ziehen", freut sich Walter.

Mit Stand vom Dienstagmittag gebe es im Landkreis Tübingen "etwa 50 sofort bezugsfertige Plätze". Weitere Wohnungen und Einzelzimmer würden geprüft. Es gebe zwar weit mehr als 50 Wohnungen und Einzelzimmer, die in Frage kämen. "Diese sind aber noch renovierungs- oder umbaubedürftig, so dass sie erst in einigen Wochen oder Monaten genutzt werden können", sagt Walter. "Was wir jetzt brauchen, sind vor allem sofort bezugsfertige Wohnungen", fügt der Tübinger Landrat hinzu.

Aufbau der Ukraine würde sehr lange dauern

Ukrainer dürfen laut EU-Regel bis zu 90 Tage ohne Visum in Deutschland bleiben. "Das ist natürlich gut und absolut richtig so", sagt Walter, fügt aber hinzu: "Für uns macht es das Ganze auch unberechenbarer. Wir wissen morgens nicht, wie viele Menschen im Laufe des Tages woher in den Landkreis Tübingen kommen. 2015 war das nicht so. Damals wussten wir ziemlich genau, wie viele Menschen woher kommen würden."

Dass die Ukraine-Krise aber schon sehr zeitnah Geschichte sein könnte, das glaubt Walter nicht, so sehr er es sich wünschen würde. Wenn überhaupt könnte die Ukraine-Krise "nicht mehr in ihrer hocheskalierten Form, sondern in einer anderen Form" weitergehen. Allein die Ukraine wieder aufzubauen, so der Landrat, würde eine unglaublich große und lang andauernde Herausforderung darstellen. "Wir alle haben nicht geglaubt, dass ein solcher Krieg in Europa möglich sein könnte. Nun haben wir einen solchen Krieg. Ein funktionierendes Land ist total lahmgelegt und in großen Teilen zerstört worden", beklagt der Tübinger Landrat. Er hofft aber wie so viele Menschen auf der Welt auf ein baldiges Ende des Krieges. Walter: "Der glücklichste Tag wird für uns der Tag sein, an dem wir das Ankunftszentrum hier zumachen und alles abbauen können. Denn das würde bedeuten, dass die Menschen nicht mehr aus der Ukraine fliehen müssen."