Foto: Schwannauer

Auf dem Nillkopf treffen sich Skeptiker der Windenergie. "Schlamassel" von oben betrachten.

Fischerbach - Auf dem Nillkopf, einem möglichen Windkraftstandort, haben sich gestern Vertreter aus Landespolitik, Anwohnern und Bürgerinitiativen getroffen. Die Ziele: Den "Schlamassel" von oben zu betrachten und den Abgeordneten damit zurück in den Landtag zu schicken.

Am Nillkopf trifft sich die Gruppe, weil man von dort einen Überblick über den "sich schleichend ausbreitenden Windpark" hat, sagt Florian Adler von der "Interessengemeinschaft Nill". Weder sei er generell gegen Windenergie, noch daran interessiert, jemanden persönlich anzugehen oder die Verantwortlichen von der Energieversorung Mittelbaden persönlich zu bewerten. Jedoch: "Von hier oben sieht man, was gerade passiert: Es werden nach und nach mehr Windräder genehmigt, und am Ende haben wir einen Windpark. Von hier aus kann man sehen, wie der Windpark auf uns zuwächst." Er deutet auf die 25 Kilometer entfernte Prechtaler Schanze, auf der sich die Windräder langsam drehen, und hinüber zum Kambacher Eck, wo die Räder stillstehen an diesem windstillen Novembertag. Im Hintergrund sieht man Burg Geroldseck, in der Ferne zeichnet sich blau die Kette der Vogesen ab. "14 Windräder in vier Jahren sind zu viel – wir sind gegen die schrittweise Erschließung eines Windparks", sagt Willhelm Schmider von der Oberwolfacher Bürgerinitiative "Radlos", die sich vor einem Jahr gründete und die inzwischen 116 Mitglieder zählt.

Alle Probleme, an denen sich vielerorts die Diskussion entzündet, kommen zur Sprache: Die Veränderung der Landschaft, die mögliche Bedrohung der Natur und Umwelt durch die Räder und die teure Erschließung für den Bau im schwer zugänglichen Wald, der Lärm, der Schattenwurf und der befürchtete Einbruch des Tourismus im Schwarzwald.

Letzteren befüchtet auch Hubert Seiferling vom Höhengasthof Nillhof, der gerade dabei ist, zweieinhalb Millionen Euro in eine Wohlfühloase mit Wellnessbereich zu investieren. Auf dem 650 Meter hohen Nillkopf könnten einmal zwei mehr als 200 Meter hohe Windräder stehen, mindestens eines davon nur rund 600 Meter von Seiferlings Hotel entfernt. Auch er sagt, nicht generell gegen Windkraft zu sein: "Wenn der Nutzen da ist, nimmt man auch Schmerzen in Kauf und macht Kompromisse."

Der Nutzen indes, da sind sich die Teilnehmer der Runde einig, sei fraglich. "Kein Windrad dreht sich mit dem Ergebnis, dass dafür konventionelle Energiegewinnung eingespart wird" – dieser Satz fällt oft bei dem rund zweistündigen Treffen am Nillkopf. Hubert Seiferling zeigt sich enttäuscht: "Ich investiere, schaffe Arbeitsplätze und zahle Gewerbesteuer hier in der Region. Ein Windradbetreiber tut all dies nicht." Er wolle kämpfen und die beiden möglichen Räder auf dem Nillkopf mit aller Macht verhindern.

Jürgen Jensen von der Bürgerinitiative "Pro Schuttertal" berichtet, dass wegen der Lärmbelästigung vor allem Nachts die Räder am Kambacher Eck teilweise zurückgefahren werden: "Dort konnten Kinder nicht mehr schlafen und Bürger haben sich beschwert."

Der eingeladene FDP-Landtagsabgeordnete aus Münsingen auf der Schwäbischen Alb, Andreas Glück, nimmt alles interessiert auf und berichtet von den Erfahrungen mit Bürgerinitiativen auf der Alb, die dabei sei, zwei Windräder direkt hinter Schloss Lichtenstein zu verhindern: "Die machen einen heiden Rabbatz." Glück teilt mit, dass Baden-Württemberg das Bundesland sei, in dem der Wind am schwächsten weht. Darum müsse sich die Politik auf die Stärken des Landes konzentrieren und nicht an den Schwächen wie der Windkraft herumoperieren.

"Wenn es heißt, eine Windkraftanlage habe eine Leistung von so und soviel, dann ist damit immer die technische Höchstleistung gemeint, die sie erbringen kann", informiert Florian Adler, "in der Praxis werden diese Werte übers Jahr gerechnet nicht erreicht." Rentabel seien solche Anlagen nur für die Betreiber. Er finde es unlauter, dass die Befürworter von immer mehr Windkraftanlagen dennoch mit den Höchstleistungen rechneten und diese als Grundlage für ihre Planungen nähmen.

Adler hatte gemeinsam mit Lukas Braun, dem parlamentarischen Sprecher Energie und Umwelt der FDP das Treffen angeregt. Die Teilnehmer der Runde eint der Unmut über die Landespolitik in Sachen Windräder. Artenschutz zum Beispiel, so Willhelm Schmider, spielte keine Rolle mehr: "Auf dem Gütschkopf sind drei Räder im Vogelschutzgebiet geplant, und am großen und kleinen Hundskopf hat man Auerwild gefunden", sagt er. Trotzdem werde weiter geplant.

Die Runde auf dem Nillkopf bestand aus Windkraftkritikern, von denen niemand "generell gegen Windkraft sein will". Aber sie einte die Ansicht, dass der Bau von Windkraftanlagen im Schwarzwald "rücksichtslos und brutal" vorangetrieben werde, wie aus den Beiträgen der Gäste hervorging. Der Abgeordnete nutzte den Termin auch, um Politik zu machen: "Im Rahmen der Energiewende sind große Herausforderungen zu meistern", sagte er, doch der Ausbau der Windkraft sei der falsche Weg.

Weitere Informationen:

Am kommenden Montag, 28. November, informiert die Initiative "Radlos – Windvernunft an Wolf und Kinzig e.V." die Bürger zum Thema Windkraft im Kinzigtal. Beginn der Veranstaltung in der Festhalle Oberwolfach ist um 19 Uhr.