Der kommende Kanzler hat sein Ziel – die Grundgesetzänderung – erreicht, zahlt aber dafür einen hohen Preis, sagt Berlin-Korrespondent Norbert Wallet.
Es ist vollbracht. Nachdem nun auch der Bundesrat der Grundgesetzänderung zugestimmt hat, die Milliardenbeträge für die Sanierung der maroden Infrastruktur und die Ertüchtigung der Bundeswehr frei macht, hat Friedrich Merz sein Ziel erreicht. Er kann nun genau die Politik machen, die die Ampel gerne gemacht hätte und die er in der ablaufenden Wahlperiode erbittert bekämpft, blockiert und vehement verworfen hatte. Dass er sogar die Grünen, denen stets seine massivsten Attacken galten, dazu gebracht hat, ihm bei seinem Vorhaben über die Hürden zu helfen, ist eine Tatsache, die einerseits nicht der Ironie entbehrt, andererseits aber doch für eine gewisse strategische Gewitztheit des kommenden Kanzlers sprechen könnte.
Wahlkampf unter falscher Flagge
Dennoch startet Merz mit einer gewaltigen Hypothek. Das wichtigste Kapital jeder neuen Regierung ist Vertrauen. Der Merz-Wahlkampf unter falscher Flagge hat da viel Porzellan zerschlagen. Das muss er nun zunächst mit seiner eigenen Partei, dann irgendwann auch wieder mit den Wählern ausmachen.
Niemand kann der kommenden Koalition ein Scheitern wünschen. Dazu ist die Bedrohung durch Demokratiefeinde im Innern und Äußern zu groß. Aber Politik ist schnelllebig. Merz hat nun genug Geld zur Verfügung, um kraftvoll handeln zu können. Die Aufgaben sind klar: Eine wieder wehrfähige Bundeswehr muss ihren Beitrag zu einer möglichst eigenständigen europäischen Verteidigungsarchitektur leisten. Und im Innern muss endlich ein Modernisierungsschub entstehen.
Und die Fortschritte müssen nicht abstrakt bleiben, sondern für die Bürger spürbar sein: Wenn am Ende der Wahlperiode die Bahn wieder pünktlich fährt, die Digitalisierung in den Verwaltungen vorangekommen ist, und die Fortschritte nicht von Kürzungen bei den Schwächsten begleitet worden sind, wäre immerhin etwas erreicht.