Der Kreishaushalt weist ein Rekordminus auf. Die Haushaltsstrukturkommission des Kreistags hat Maßnahmen erarbeitet, um aus dem Schlamassel herauszukommen. Die erste betrifft ausgerechnet Schüler und ihre Eltern. Die Kritik der SPD ist massiv.
Der Landkreis Calw steckt finanziell mächtig in der Klemme. Im jüngst von Landrat Helmut Riegger vorgestellten Haushalt für 2025 klafft eine Lücke von mehr als 27 Millionen Euro. Da das schon länger abzusehen war, hat der Kreistag eine so genannte „Haushaltsstrukturkommission“ einberufen. Die sollte Möglichkeiten erarbeiten, wie der Kreis in Zukunft sparen kann und das Defizit merklich senken kann.
Es wurden Maßnahmen erarbeitet, doch nur eine wurde bereits öffentlich bekannt – weil sich der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung damit befasst hat. Grund dafür war eigentlich, dass der Beschluss eigentlich bereits zum 1. Januar 2025 umgesetzt werden sollte, nun aber auf den 1. März nach hinten verlegt wurde.
Entlastung des Haushalts um 800 000 Euro erwartet
Schon unmittelbar nach dem Mehrheitsbeschluss im Kreistag – nur die SPD stimmte gegen das Vorgehen – verkündete die Verkehrsgesellschaft Bäderkreis Calw (VGC) auf ihrer Homepage die Kernaussage der Entscheidung: „Der Kreistag des Landkreises Calw hat am 16.12.2024 mit großer Mehrheit beschlossen, dass mit Wirkung vom 1.3.2025 ausnahmslos alle Schülerinnen und Schüler, die bislang keinen Eigenanteil bezahlen mussten, mit Wirkung vom 1.3.2025 wie alle anderen Inhaber eines D-Ticket JugendBW monatlich 39,42 Euro zu bezahlen haben. Dies betrifft insbesondere Grund- und SBBZ-Schüler (Schüler an sonderpädagogischen Bildungszentren) sowie alle, die bislang von der „Drittkindregelung“ profitiert haben.“
Betroffen von dieser Neuregelung sind dabei insgesamt 1654 Schüler an Grundschulen, sowie 213 Schüler an sonderpädagogischen Bildungszentren – insgesamt also 1867 Schüler und deren Eltern. Beim Landkreis rechnet man durch diesen Beschluss mit einer Entlastung des Kreishaushalts in einer Größenordnung von 800 000 Euro.
„Wir haben uns nicht nur die Schwachen herausgepickt“
So richtig wohl fühlten sich die wenigsten Kreisräte und Mitglieder der Verwaltung mit dem eingeschlagenen Weg: „Wir müssen handeln und wir müssen schnell handeln“, sagte etwa CDU-Fraktionschef Jürgen Großmann angesichts der Finanznöte. Vorwürfe von Seiten der SPD, dass die Schwächsten die Zeche für die Krise zahlen müssten, wies Landrat Helmut Riegger zurück: „Wir haben uns nicht nur die Schwachen herausgepickt.“
Insgesamt herrschte im Kreistagsgremium die Stimmung vor: „Wir machen das alle nicht gern.“ Und doch stimmte eine breite Mehrheit für das Vorgehen. Nur die SPD-Fraktion stimmte dagegen. Sie und ihr Fraktionschef Florian Kling waren schon vor der eigentlichen Abstimmung mit dem Vorschlag gescheitert, das Thema zu vertagen und im Rahmen der Haushaltsstrukturkommission neu zu bewerten.
SPD-Führung im Kreis Calw zeigt sich von Entscheidung „entsetzt“
Die SPD im Kreis Calw will die getroffene Entscheidung nicht hinnehmen und zeigte sich „entsetzt“von dem Beschluss, wie es in einer Pressemitteilung der beiden Kreisvorsitzenden Daniela Steinrode und David Mogler heißt. Die Maßnahme belaste insbesondere Familien und treffe kinderreiche Haushalte „unverhältnismäßig hart“, wie es in dem Papier heißt.
„Es ist nicht akzeptabel, dass der Kreis an den Kleinsten spart, um das Chaos im Haushalt zu kaschieren. Die Abschaffung der Freistellung für Grundschüler, die Abschaffung der Befreiung für das dritte Kind und die Abschaffung der Zuschüsse für die Beförderungskosten an sonderpädagogische Bildungszentren, sind unsoziale Maßnahmen, die ausschließlich Familien belasten und keine wirkliche Lösung für die Finanzmisere darstellen“, erklärte David Mogler.
„Anstatt Elterntaxis zu reduzieren, fördert man sie mit dieser Maßnahme“
„Mit dieser Entscheidung wird ein völlig falsches Signal gesetzt“, legt Daniela Steinrode nach. Wenn Eltern aufgrund der neuen Kostenbelastung auf Tickets verzichten und ihre Kinder stattdessen mit dem Auto zur Schule bringen, wird das nicht nur die Verkehrsgesellschaft in existenzielle Schwierigkeiten bringen, sondern auch die Schulen mit Autos fluten. Anstatt Elterntaxis zu reduzieren, fördert man sie mit dieser Maßnahme.“
Die SPD fordert den Landkreis in dem Schreiben auf, die Entscheidung zurückzunehmen und stattdessen die „dringend nötige Reform der internen Verwaltung und Finanzstruktur“ in Angriff zu nehmen.