Die Landtags-SPD will aus dem Fall Hoeneß weiteren Honig saugen. Fraktionschef Claus Schmiedel will im Südwesten die Zahl der Steuerprüfer erneut aufstocken. Aber nicht nur Finanzminister Schmid fragt sich, woher die so schnell kommen sollen.
Filderstadt/Reutlingen - Die SPD-Fraktion will den Kampf gegen Steuerbetrug im Land mit Hilfe von mehr Fahndern verschärfen. Fraktionschef Claus Schmiedel schlug am Wochenende vor, 500 weitere Steuerprüfer einzustellen. Jeder Fahnder bringe bis zu 1,8 Millionen Euro in die Staatskasse. „In meiner Fraktion sehe ich hohe Bereitschaft, noch in dieser Wahlperiode den Aufschlag zu machen“, sagte Schmiedel am Wochenende der dpa. Schließlich zeige der Fall des Bayern-München-Präsidenten Uli Hoeneß, wie viel Geld der öffentlichen Hand durch Steuerbetrug verloren gehe, sagte Schmiedel dem „Reutlinger General-Anzeiger“.
Nils Schmid tritt auf die Bremse
Der Finanzminister und SPD-Vorsitzende Nils Schmid trat dagegen auf die Bremse. Zwar sei es grundsätzlich eine gute Idee, die Steuerverwaltung zu stärken. „Vorrang hat aber erst einmal die Umsetzung der 500 Stellen, die bis 2016 geschaffen werden sollen“, sagte Schmid am Samstag am Rande einer SPD-Konferenz in Filderstadt bei Stuttgart. Ob es dann noch einen Mehrbedarf gebe, müsse man prüfen.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hielt der schwarz-gelben Bundesregierung in Filderstadt vor, sie kämpfe nicht glaubwürdig gegen Steuerhinterziehung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe mit der Schweiz ein Steuerabkommen ausgehandelt, bei dem die Betrüger in der Anonymität geblieben wären. Erst durch den Widerstand der SPD sei das Abkommen nicht zustande gekommen. „Das macht unsere Glaubwürdigkeit aus“, sagte Steinbrück.
Es sei die SPD gewesen, die das Thema Steuerbetrug bereits vor Jahren maßgeblich auf die Tagesordnung gesetzt habe. Nun komme die CDU daher und fordere ein Steuer-FBI, sagte Steinbrück. „Manchmal habe ich den Eindruck, ein mangelhaftes Kurzzeitgedächtnis ist der größte Feind dieser Bundesregierung.“ Durch den Fall Hoeneß sehe er sich in seiner Politik bestätigt. Es dürfe keinen Prominentenbonus oder -malus geben.
Auch SPD-Landeschef Schmid sagte: „Steuerbetrug untergräbt das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.“ Die Ablehnung des Steuerabkommens mit der Schweiz im Bundesrat sei „goldrichtig“ gewesen. „Es war der Einsatz dieser Landesregierung, die diesen modernen Ablasshandel verhindert hat. Für Steuersünder darf es keinen Verjährungsrabatt geben.“
Straffreiheit für Selbstanzeige auf dem Prüfstand
Schmid zeigte sich zudem offen für Änderungen bei der strafbefreienden Selbstanzeige für Steuersünder. „Es wird zu Recht diskutiert, ob man sie einschränken oder abschaffen soll“, sagte Schmid. Es sei absolut einzigartig, dass Reue dazu führe, dass man völlig straffrei bleiben könne. Sein Ministerium prüfe gerade, ob man die Regelung abschaffen oder auf Bagatellfälle beschränken solle. Die Bundes-SPD will im Fall eines Sieges bei der Bundestagswahl im Herbst die Möglichkeit der Selbstanzeige, die Schwarzgeld-Anlegern bei voller Aufklärung und Nachzahlung Straffreiheit bietet, mittelfristig abschaffen.
Schmiedel sagte, die Steuergewerkschaft sei der Meinung, es sei möglich, noch in dieser Legislaturperiode 500 weitere Steuerprüfer zu rekrutieren. Der finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Klaus Maier, sagte zu Schmiedels Vorschlag: „Die Idee ist sehr gut. Wir stehen dahinter.“ Als nächstes werde man das Vorhaben mit Schmid in der Fraktion besprechen. „Ich gehe davon aus, dass man ihn überzeugen kann“, sagte Maier der dpa.
Baden-Württemberg und Bayern geringste Quote an Steuerprüfern
Schmiedel erklärte, Baden-Württemberg und Bayern hätten im bundesweiten Vergleich die geringste Quote an Steuerprüfern. Die alte schwarz-gelbe Regierung habe 2000 Finanzbeamte abgebaut. Grün-Rot habe bereits 300 der im Koalitionsvertrag versprochenen zusätzlichen Fahnder eingestellt.
In Baden-Württemberg hätten sich nach dem Ankauf der letzten Steuer-CD mehr als 10.000 Steuersünder selbst angezeigt, erklärte der Fraktionschef. Dadurch seien der öffentlichen Hand 1,2 Milliarden Euro zugeflossen. „300 Millionen Euro davon verbleiben in Baden- Württemberg.“