Immer mehr Aufgaben bedeuten auch in Althengstett stetig steigende Ausgaben. Derzeit bekommen neun von zehn Gemeinden in Baden-Württemberg keinen ausgeglichenen Haushalt mehr hin. Foto: © dule964 - stock.adobe.com

Die Gäugemeinde bekommt ein weiteres Jahr keinen ausgeglichenen Haushalt hin und schafft somit die Erwirtschaftung der Abschreibungen nicht – das sagen Bürgermeister und Gemeinderatsfraktionen zu dem Zahlenwerk.

In dieser Situation – mit einem Fehlbetrag von rund 3,16 Millionen Euro und damit noch einmal 1,3 Millionen Euro mehr als im Vorjahr (bei Umsetzung aller im Etat vorgesehenen Posten) – ist die Gäugemeinde ist bester Gesellschaft. „Neun von zehn Kommunen in Baden-Württemberg haben keinen ausgeglichenen Haushalt. Die Ausgabenlast erdrückt uns“, sagte Bürgermeister Rüdiger Klahm am Mittwochabend im Gemeinderat. Er nannte unter anderem die hohe Kreisumlage, die in den kommenden Jahren wohl noch weiter steigen werde, und die Personalkosten, die im Haushalt 2025 der größte Ausgabenposten sind. Letztere betrugen 2024 rund 8,27 Millionen Euro, in diesem Jahr plant die Kommune wegen der Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst mit rund 1,2 Millionen Euro Plus bei den Aufwendungen fürs Personal oder rund 9,44 Millionen Euro.

 

Klahm: reiner Pragmatismus

Man müsse weitere Einsparungen in den Blick nehmen und Projekte stärker priorisieren: „Wir müssen an Dinge rangehen, die uns weht tun“, so Klahm. Im aktuellen Haushalt sei zusammengestrichen worden, was ging. Klahm sprach von „reinem Pragmatismus“. Man müsse schauen, aus finanzieller Sicht so schadlos wie möglich durchzukommen und so wenig wie möglich Kredite aufzunehmen. Trotz der ernüchternden Bestandsaufnahme rief der Rathauschef dazu auf, zusammenzuhalten, sich keinesfalls auseinander dividiere zu lassen und die anstehenden Herausforderungen gemeinsam anzupacken.

Unabhängige Wählervereinigung

Von einer „spannenden Aufgabe“ für alle Beteiligten sprach Jürgen Walz für die UWV. Man müsse noch mehr zwischen Notwendigem und Machbarem unterscheiden. Die jetzt vorliegende Eröffnungsbilanz zeige klar die noch vorhandenen finanziellen Spielräume. Investitionen mit Augenmaß seien gefragt. Zusätzliche Gewerbeflächen und den Verkauf kommunaler Liegenschaften brachte Walz als Einnahmequelle ins Spiel. Er sprach sich für eine Klausurtagung aus, die skizzieren solle, wo Althengstett in fünf Jahren steht.

Freie Wählervereinigung

Dass der Kernhaushalt erneut nicht ausgeglichen sei, bezeichnete Thomas Schmidt (FWV) als besorgniserregend. Die Gemeinde habe immer mehr Aufgaben zu schultern. Kredite dürften dennoch nicht zur Regel werden. Wo mehr eingespart und wo mehr eingenommen werden könne, müsse im Fokus stehen. Bereits begonnene oder dringend notwendige Projekte wie Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes im Schulzentrum oder der Ausbau der Kläranlage nannte er als Beispiele. Es sei „ein kommunales Kunststück“, die Gäukommune lebens- und liebenswert zu erhalten und sie auch weiter voranzubringen. Schmidt sprach sich für eine „tragfähige und nachhaltige Finanzpolitik“ aus. Dabei dürfe es keine Denkverbote geben.

CDU

Man könne sich nur noch leisten, was gut und sinnvoll sei. Die geplante Kreditaufnahme von drei Millionen Euro seien nicht für Luxusprojekte vorgesehen, sagte Martin Wünsche. Investitionen müssten womöglich geschoben, offene Personalstellen vorerst nicht wieder besetzt und konkrete Pläne für kommunale Liegenschaften geschmiedet werden. „Alles muss systematisch auf den Prüfstand“, so Wünsche.

Hoffnungsvoller Blick nach Berlin

Die maßvolle Neuverschuldung könne die CDU mittragen. Unbedingt festgehalten werden solle am Ersatzneubau für die Verlässliche Grundschule in Althengstett und freilich an begonnenen Projekten wie der Ausgestaltung des Haltepunkts der Hermann-Hesse-Bahn. Man setze auf die neue Bundesregierung, die den Kommunen mehr finanzielle Unterstützung zugesagt habe nach der Maßgabe „Wer bezahlt, bestellt“.

Bündnis 90/Die Grünen

„Wir werden dem Haushalt nicht zustimmen“, kündigte Philipp Jourdan seine und die die Enthaltung von Amei Fischer und Eckhard Flik an. Bei Klimaschutzthemen sei in den vergangenen Jahren zu viel zurückgedreht worden, kommunale Klimaschutzmaßnahmen kämen nicht voran oder seien wie „Klimamobil“ nicht umgesetzt worden.

Seit Jahren keine Antwort

Seit Jahren erkundige sich seine Fraktion bei der Verwaltung nach den kommunalen energetischen Verbräuchen, wo man zum Schutz des Klimas ansetzen müsse, und bekomme keine Antwort.

„Wir waren schon viel weiter“, sagte Jourdan und erinnerte an den 2016 gefallenen Startschuss für das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept. Auch Jourdan forderte ein Nutzungskonzept für die kommunalen Liegenschaften und schlug eine Klausurtagung vor. Der jetzt vorliegende Haushalt „spiegelt die Erfordernisse unserer Zeit nicht wider“, so der Gemeinderat.

SPD

Fördermittel besser zu nutzen, könnte laut Paul Binder ein Hebel sein, um die finanzielle Situation Althengstetts zu verbessern: „Beim Einwerben von Fördermitteln waren wir mal ganze vorne dran“. Ein weiterer Hebel könnte laut SPD die Nutzung der eigenen Liegenschaften sein. Dafür brauche es ein aktives Liegenschaftsmanagement, „das soziale, wirtschaftliche und ökologische Ziele in Einklang bringt“.

Die kommunale Wohnraumgesellschaft müsse endlich auf den Weg gebracht werden, um Entwicklungsflächen, bebaubare Grundstücke und kommunales Eigentum systematisch zu identifizieren, um zielgerichtet und sozial ausgewogen neuen Wohnraum zu schaffen“.

Keine fundierte Strategie

Der Anspruch dürfe nicht sein, nur den Status quo zu verwalten. Man müsse sich die Frage stellen, wie sich die Gemeinde in den nächsten Jahrzehnten weiterentwickeln soll. Eine fundierte Strategie fehle bislang. Zwar habe es eine Gemeinderatsklausur mit vielen sinnvollen Inhalten gegeben, die aber nicht ausgereicht habe, um übergeordnete Entwicklungsziele, deren Priorisierung und konkrete Maßnahmen zu erarbeiten.

Nicht nur das Heute im Blick

Nachhaltige Haushaltspolitik bedeute, „nicht nur das Heute im Blick zu haben, sondern auch die langfristigen Auswirkungen unserer Entscheidungen. Wir müssen auch in den kommenden Jahren sparen, wo es vertretbar ist – aber wir dürfen nicht an den falschen Stellen kürzen“, so Binder. Mehr Transparenz und Augenmaß braucht es laut SPD beispielsweise bei der Ausgestaltung der Kita-Beiträge.

Keine Ansprechpartner

Im Bereich Klimaschutz müsse man wieder ins Handeln kommen. Niemand könne ernsthaft die Dringlichkeit leugnen und dennoch stocke das Engagement: „Seit dem Weggang des Klimaschutzmanagers und auch der Klimaanpassungsmanagerin fehlen zentrale Ansprechpartner und Impulsgeber. Was wir brauchen, sind nicht nur gute Vorträge, sondern verlässliche Strukturen, die konkretes Handeln ermöglichen“.

Das Abstimmungsergebnis

Bei drei Enthaltungen der Grünen – Philipp Jourdan, Amei Fischer und Eckhard Flik – wurde der im Januar öffentlich vorberatene Haushalt 2025 verabschiedet.