Der Chef des Finanzamts Freudenstadt, Erich Kiefer. Foto: Peer Meinert

Viele Bürger stehen dem Finanzamt reserviert bis kritisch gegenüber. Zu Unrecht, wie es im Finanzamt Freudenstadt beim jährlichen „Finanzamt update“ heißt. Vor allem in Sachen Digitalisierung sei die Behörde durchaus Vorreiter.

Erich Kiefer, Chef des Finanzamts Freudenstadt, sieht sein Haus oftmals zu Unrecht in der Kritik. „Wir werden oft an den Pranger gestellt“, sagte er beim alljährlichen „Finanzamt update“. Dabei sei es die Politik, die für die mitunter komplizierten Steuergesetze verantwortlich sei. „Wir drangsalieren niemand ohne Grund“, beschwört der Behördenchef, „das möchte ich ausdrücklichen betonen.“

Zusätzliche Belastungen für rund 140 Mitarbeiter

Zugleich wirbt Kiefer aber auch um Verständnis, dass in seinem Haus nicht alles so klappt, wie Bürger es sich wünschen. „Wir haben keine einfachen Zeiten hinter uns“, sagt er. Allein die Corona-Pandemie habe zu zusätzlichen Belastungen seiner rund 140 Mitarbeiter geführt.

Hinzu kämen die Folgen der Grundsteuerreform, die seine Behörde abzuwickeln habe. Doch trotz Mehrbelastungen habe man „in der Summe“ nicht mehr Personal bekommen, heißt es.

Vor allem die Reform der Grundsteuer stelle für die Behörde eine enorme Herausforderung dar, sagt die Expertin Anita Armbruster. Nicht alles klappt daher einwandfrei: Da sind etwa die Beschwerden wegen der Telefon-Hotline. „Viele Menschen sind sehr unzufrieden, weil sie bei uns nicht durchgekommen sind“, sagt Armbruster. Die Hotline sei schlichtweg zu stark frequentiert worden. „Trotz Personalaufstockungen“, so Armbruster weiter, hätten „unzählige Anrufe nicht entgegengenommen werden können.“

Allein beim Finanzamt Freudenstadt seien etwa 72 000 Erklärungen zur Grundsteuer zu bearbeiten. „Jeder Fall ist eine Akte, bei uns hängen 72 000 Akten.“

Viele Bürger lassen die Frist verstreichen

Allerdings kritisiert die Finanzbeamtin auch, dass viele Bürger „erst auf den letzten Drücker“ aktiv würden. „Das ist für die Bewältigung der Aufgaben problematisch.“ So sei der Abgabetermin für Grundvermögen zwar bereits Ende Januar abgelaufen – doch viele Bürger hätten die Frist verstreichen lassen.

Das Finanzamt räumt ihnen aber nochmals eine Chance ein. Daher der dringende Rat: „Wer seine Erklärung noch nicht beim Finanzamt eingereicht hat, sollte daher jetzt tätig werden.“ Ab Juli gebe es dann Erinnerungsschreiben, „die enthalten dann eine Frist“, warnt die Beamtin. „Darüber hinaus werden keine weiteren Fristverlängerungen gewährt.“

Ein weiteres Problem: „Viele Bürger befürchten, dass sie die neuen Grundsteuern nicht bezahlen können“, räumt Armbruster ein. Doch entsprechende Anfragen nach der Höhe der künftigen Abgaben könne das Amt nicht beantworten, da ausschließlich die Stadt die Hebesätze festlegt. Man könne da nur auf eine Art Faustregel verweisen: So müssen etwa Eigentümer einer Wohnung in einem Hochhaus wohl weniger zahlen. Auf denjenigen, der ein großes Grundstück mit einem kleinen Haus sein Eigen nennt, kämen sicherlich höhere Kosten zu, schätzt Armbruster.

Immer mehr nutzen Elster

Erfreuliches sei allerdings in puncto digitaler Fortschritt zu vermelden. Immer mehr Bürger wählen für ihre Steuererklärungen und andere Vorgänge das Finanzamt-Online-Portal Elster. „Im professionellen Bereich sind wir nahe bei 100 Prozent“, so der zuständige Experte Axel Günthner. Bei der Lohnsteuer liege der Anteil bei über 90 Prozent.

In anderen Behörden des Landes liege der Digital-Anteil deutlich darunter. Dazu Amtsleiter Kiefer nicht ohne Stolz: „Wir sind in Sachen Digitalisierung die am weitesten fortgeschrittene Verwaltung.“