Coppola gewann am Samstag für "Somewhere" den Goldenen Löwen in Venedig.
Venedig - Verlorenheit, innere Leere und Einsamkeit scheinen die Lieblingsthemen der US-Regisseurin Sofia Coppola zu sein. Schon in "Lost in Translation" ließ sie Scarlett Johansson verloren durch Tokio streifen.
Auch in ihrem neuen Werk "Somewhere" geht die 39-jährige Tochter des berühmten "Pate"-Regisseurs Francis Ford Coppola gekonnt diesen Gefühlen nach und überzeugte damit die Jury beim Internationalen Filmfestival in Venedig: Coppola gewann am Samstag den Hauptpreis des ältesten Filmfests der Welt, den Goldenen Löwen. Der Deutsche Tom Tykwer ging mit seinem Film "Drei" dagegen leer aus.
In "Somewhere" erzählt Coppola von der Sinnkrise im Leben des Hollywoodschauspielers Johnny Marco. Der ist zwar beruflich sehr erfolgreich, fährt ein schnelles Auto und kriegt zahlreiche Frauen ab - doch glücklich ist er trotzdem nicht. Das offenbart sich, als seine eigentlich bei der Mutter lebende, elfjährige Tochter Cleo (Elle Fanning) für einige Zeit zu ihm stößt. Die Leere in Johnnys Leben ist nicht mehr zu überspielen, sie schmerzt und lähmt. Diesen einsamen Mann verkörpert Schauspieler Stephen Dorff hervorragend und lässt beispielsweise nur durch Blicke die Traurigkeit spürbar werden.
"Somewhere" erinnert dabei in mehrfacher Hinsicht an "Lost in Translation", gibt es hier doch ebenfalls das Leben in Hotelzimmern, das Gefühl von Verlorenheit inmitten vieler Menschen. Dennoch hat das Werk nicht ganz die Größe von "Lost in Translation" und spaltete beim Festival auch das Publikum. Während die einen die einprägsame Stimmung des Films lobten, kritisierten andere die Ähnlichkeiten zu "Lost in Translation" und "Marie Antoinette" sowie die Langsamkeit in der Erzählung.
Die siebenköpfige Jury des Filmfestes störte das aber ganz offensichtlich nicht. Sie habe sich einhellig für "Somewhere" entschieden, erklärte Jury-Präsident Quentin Tarantino: "Dieser Film hat uns von der ersten Szene an verzaubert, ist zu einer Passion geworden." Für etwas Klatsch sorgen könnte die Entscheidung trotzdem: Der 47-jährige "Inglourious Basterds"-Regisseur und Sofia Coppola sollen vor einigen Jahren eine Affäre gehabt haben.
Wie auch immer, mit dem Preis setzte sich Oscarpreisträgerin Coppola gegen 23 Konkurrenten aus dem Wettbewerb durch. Zuletzt hatte 2001 eine Frau den Hauptpreis gewonnen: Mira Nair für "Monsoon Wedding". Außerdem holte Coppola so einen weiteren Löwen in die Familie - ihr Vater hatte 1992 einen Goldenen Löwen für sein Lebenswerk erhalten.
Mit den weiteren Preisen zeichnete die Jury vor allem politische Filme aus. Der Spanier Álex de la Iglesia erhielt für "Balada triste de trompeta" den Silbernen Löwen für die beste Regie und einen Preis für das beste Drehbuch. Eingebettet in das Leben in einem Zirkus und vor dem Hintergrund der Franco-Diktatur erzählt der Regisseur auf grotesk-überdrehte Weise die Geschichte von dem traurigen Clown Javier. Der muss im Laufe seines Lebens einiges erleiden, Verluste und Erniedrigungen. Doch dann läuft er Amok, unter anderem gegen Führer der Franco-Diktatur, und wird so zu einer Art Freiheitskämpfer.
Auch der Film "Essential Killing" des Polen Jerzy Skolimowski gewann gleich zwei Preise: den Spezialpreis der Jury und die Auszeichnung für den besten Darsteller. Der US-Amerikaner Vincent Gallo war von vielen Kritikern bereits als heißer Favorit gehandelt worden, nahm er die Leinwand doch überzeugend ein. Gallo spielte Mohammed, einen Mann aus Afghanistan, der vom US-Militär gefangen genommen und nach Europa transportiert werden soll. Er entkommt aber und flieht durch verschneite Wälder vor seinen Verfolgern. Um zu überleben, muss er immer wieder töten.
Warum er von den Amerikanern überhaupt gefangen und gefoltert wurde, bleibt dabei unklar. Und damit auch, ob er erst durch die Umstände zum Killer wurde. Bezeichnend ist dabei, dass der Film, der das in der Schwebe lässt, am Jahrestag des 11. September 2001 ausgezeichnet wurde.