Das Filmfestival in Cannes wird dieses Jahr immer wieder Schauplatz politischer Proteste – am Mittwoch steht ein ukrainisches Filmteam im Fokus.
Ein ukrainischer Filmemacher hat seinen Auftritt bei den Filmfestspielen in Cannes am Mittwoch für politischen Protest genutzt. Mit seinem Team lief Maksim Nakonechnyi am Mittwoch zum Geräusch von Sirenen zur Premiere seines Films „Butterfly Vision“. Anschließend entrollten die Beteiligten ein Banner mit der Aufschrift: „Russians kill Ukrainians. Do you find it offensive or disturbing to talk about this genocide?“ (etwa: Russen töten Ukrainer. Finden Sie es anstößig oder verstörend, über diesen Genozid zu sprechen?). Die Beteiligten hielten anschließend transparente Scheiben mit der Aufschrift „Sensitive Content“ vor ihre Köpfe, so dass die Gesichter dahinter wie zensiert aussahen.
„Wir als ukrainische Künstler müssen unsere Haltung und unsere Gefühle ausdrücken“, hieß es vom Filmteam. „Jeden Tag hören wir vier- bis fünfmal Sirenen, es hat jetzt begonnen, ein Teil unseres Alltags zu werden.“
Dritte politische Aktion auf dem roten Teppich
Dies war bereits das dritte Mal dieses Jahr, dass es auf dem roten Teppich in Cannes eine politische Aktion gab. Eine fast nackte Frau, bemalt mit der ukrainischen Flagge, protestierte vor einigen Tagen gegen die Vergewaltigung von Kriegsopfern. Eine Gruppe von Aktivistinnen entrollte zwei Tage später ein Banner, um auf Morde an Frauen aufmerksam zu machen.
Zu den Protestierenden gehörten am Mittwoch neben dem Regisseur die ukrainische Hauptdarstellerin Rita Burkovska sowie die ukrainischen Produzentinnen Darya Bassel und Yelizaveta Smit. „Sirenen sind ein Geräusch der Gefahr, das die Zuschauer auf den Film „Butterfly Vision“ vorbereiten, und sie in die richtige Stimmung bringen, um die Geschichte des Films zu verfolgen“, hieß es in einer Stellungnahme des Teams.
Darum geht es in „Butterfly Vision“
„Butterfly Vision“ läuft bei den Filmfestspielen in der Kategorie „Un Certain Regard“. Der Film erzählt von Lilia, einer Soldatin der Luftwaffe, die nach mehreren Monaten in Gefangenschaft im Donbass zu ihrer Familie in die Ukraine zurückkehrt. Ihre traumatischen Erinnerungen an die Gefangenschaft lassen sie nicht los.
Er wolle zeigen, dass der Krieg nicht damit ende, dass die Waffen niedergelegt werden, sagte Nakonechnyi vor der Premiere. Ein Mensch könne auch die schlimmsten und unsichtbaren Spuren überwinden.