Mit ihrem Projekt „Soundwerk“ haben Nicolas Haumann und der in Schiltach aufgewachsene Jonas Urbat das Gottlob-Freithaler-Haus jüngst in ein Film- und Tonset verwandelt. Im Auftrag der Stadt Schiltach produzieren sie Kurzfilme der besonderen Art, die bei der 750-Jahr-Feier im kommenden Jahr präsentiert werden.
Immer und immer wieder wurde im Schiltacher Pflegeheim der Sozialgemeinschaft Schiltach/Schenkenzell (SGS) das Mikrofon ausgerichtet, Kameraeinstellungen vorgenommen und Lichteinfall geprüft und dann hieß es: „Und bitte!“. So war die freundliche Aufforderung von Jonas Urbat und Nicolas Haumann am Dienstag im Gottlob-Freithaler-Haus in einer alltäglichen Pflegekulisse. Im Rahmen des Projekts der Berliner Ton- und Videokünstler namens „Soundwerk“ wurden Bewohnerstuben, Pflegebadezimmer und Aufenthaltsräume der Schiltacher Pflegeeinrichtung zu Film- und Tonsets und einige interessierte Bewohner zu Schauspielern. Davon berichtet die SGS in einer Mitteilung.
Das Duo machte Bild- und Klangaufnahmen, die Urbat in Musikkompositionen arrangieren wird. „Ich schaue, welche Musik steckt bereits in den aufgenommenen Klängen, bearbeite das Material und mache daraus eine Komposition, die zum Schluss mit Nicolas‘ Videoaufnahmen unterlegt wird“, erklärte Jonas Urbat, der in Schiltach aufwuchs.
Begonnen hat das „Soundwerk“-Projekt bereits 2014. Damals wollte sich der in Schiltach aufgewachsene Musiker mit einem Semesterferienjob bei dem lokalen Unternehmen Kunststoffteile Buzzi die Tuba für sein klassisches Musikstudium verdienen. Als er durch die vier Abteilungen des Industriebetriebs ging, fielen ihm die unterschiedlichen Klänge in den einzelnen Abteilungen auf, die er zu vier Sätzen einer Suite arrangierte und diese bei einem öffentlichen Konzert aufführte. Die damalige Idee nahm ihre Entwicklung und es kamen Videoaufnahmen hinzu. Videokünstler Nicolas Haumann gehört mittlerweile fest zu „Soundwerk“.
Heute arbeiten Urbat und Haumann in Berlin – und in den vergangenen Tagen im Auftrag der Stadt in Schiltach für ein Trio von Imagefilmen der besonderen Art. Es sollen Kurzfilme mit einer Klang-Suite von drei Sätzen entstehen. Musik und Video werden das wiedergeben, was Schiltach ausmacht. „Um einen Eindruck zu kreieren, schauen und hören wir in sonst verborgene, ungewöhnliche und ‚unerhörte‘ Winkel der Stadt“, erklärte Haumann.
Es wird mucksmäuschenstill
Das Pflegeheim der SGS, das Gottlob-Freithaler-Haus, wird dabei ein „ungewöhnlicher und unerhörter“ Winkel sein. Dort jedenfalls wurde es mucksmäuschenstill, als es „Und bitte!“ hieß. Mit dem Mikrofon rückte Urbat ganz nah an den Nassrasierer heran und nahm auf, wie die Klinge über die Haut schabte, die Feile bei der Maniküre an den Nägeln raspelte, wie sich die Blutdruckmanschette mit Luft füllte, Medikamente aus dem Blister gedrückt wurden oder der Kamm durch die Haare strich. Dann wurde dieselbe Szene für die Kamera wiederholt und Haumann versuchte, passende und ungewöhnliche Einstellungen zu den Klängen zu finden.
Besonders lustig wurde es, als die eifrigen Mensch-ärgere-dich-Spieler unter den Senioren trotz mehrfacher Erklärung keinen Sinn darin erkennen konnten, dass auch bei niedriger Würfelzahl irgendeine Spielfigur viele Stationen weiter „gehüpft“ werden sollte, weil‘s eben auf genau diese Geräusche ankam. „Der hat doch bloß eine Fünf gewürfelt. Wieso darf der 20 fahren?“, war dann neben Würfelgeräuschen unvermeidlich auf der Tonspur. Ob diese fassungslose Frage bei den Filmen, die an der 750-Jahr-Feier der Stadt Schiltach im kommenden Jahr präsentiert werden, zu hören sein wird, liegt im künstlerischen Ermessen des Duos.