Komödie/Satire, USA 2016. 106 Minuten Foto:  

Die Brüder Coen widmen sich in ihrem neuen Film „Hail, Caesar!“ der goldenen Hollywood-Ära der 1950er Jahre mit einer fröhlichen Hommage. Die überbordenden Kulissen und der naive Witz zeugen von einer Welt, die nicht komplex und unübersichtlich war, sondern simpel und klar.

Stuttgart - Ist Hollywood die Hölle? Robert Altman zeigte in „The Player“ (1992), wie der Produzent Griffin Mill in Gestalt von Tim Robbins alle Zusagen bricht und über Leichen geht. In Barry Levinsons „Inside Hollywood“ (2008) führte Robert De Niro die Sinnentleertheit des Produzentendaseins vor, David Lynch in „Mulholland Drive“ (2001), wie die Traumfabrik immer neue, hoffnungsvolle Neuankömmlinge zugrunde richtet. In David Cronenbergs „Maps To The Stars“ (2014) ist Hollywood eine schillernde Oberfläche, unter der verlorene Seelen Egoismen ausleben und Gefühle vortäuschen. Die Coen Brothers ließen in „Barton Fink“ (1991) John Turturro als Autor mit ernsthaften Ambitionen an der Fassadenhaftigkeit Hollywoods verzweifeln. Nun widmen sie sich erneut der Traumfabrik, aber in einer fröhlichen Hommage an deren goldene Ära in den 1950er Jahren.

Josh Brolin („No Country For Old Men“) löst als Filmstudio-Manager Eddie Mannix unerschütterlich lässig zig Probleme parallel. Das schwierigste: Der Hauptdarsteller eines Sandalenfilms ist abhandengekommen und weder auf Sauftour noch bei einer Frau. Kommunisten haben ihn entführt und fordern lächerliche 100 000 Dollar Lösegeld, während das gigantische Sandalenfilm-Set täglich Millionen verschlingt.

Die Satire verfängt, die überbordenden Kulissen und der naive Witz zeugen von einer Welt, die nicht komplex und unübersichtlich war, sondern simpel und klar.

Zu dick für den Meerjungfrauenschwanz

Scarlett Johansson zickt als Diva, der ihr Meerjungfrauenschwanz nicht mehr passt, weil sie schwanger ist – aber zum Leidwesen des Studios keinen Mann dazu hat. Ralph Fiennes ist köstlich als distinguierter Brite, der ein Kostüm-Beziehungsdrama dreht. Mangels Alternativen wird ihm für die Hauptrolle der Western-Star Hoby Doyle zugeteilt, der gut reiten und das Lasso schwingen kann, aber keinen geraden Satz herausbringt. Frances McDormand hat einen Auftritt als kettenrauchende, mit Filmschnipseln jonglierende Cutterin, Channing Tatum zeigt erneut seine tänzerischen Qualitäten, aber nicht wie in „Magic Mike“ als Stripper, sondern als Matrose und Stepptänzer in einer perfekt durchchoreografierten Kellerbar-Sequenz.

Zenturio im Schmierentheater

Tilda Swinton verkörpert die Klatschreporter-Zwillinge Thora und Thessaly Thacker, die Mannix permanent im Nacken sitzen. Und George Clooney, der als römischer Zenturio vor dem am Kreuz hängenden Jesus kniet, nimmt sein eigenes Star-Sein selbstironisch und souverän auf die Schippe. Spielend imitiert er schlechtes Schmierentheater, um dann vorzuführen, wie der Richtige auch den pathetischsten Dialog so aufsagen kann, dass alle den Atem anhalten.

Die Coens zeigen Hollywood in all seiner Zügellosigkeit, Verlogenheit und Oberflächlichkeit als sich selbst erhaltende Maschine – an Illusionen bekommt die Welt nie genug. Fast wirkt es wehmütig, denn der Mythos bröckelt: Piraterie, Qualitätsserien und Youtube setzen der Traumfabrik zu, die als Antwort leicht verdauliche Mainstream-Ware auswirft und alles noch schlimmer macht.

Das mag an einer Mentalität liegen, die Robert Altman in „The Player“ offengelegt hat. Tim Robbins sagt da als Griffin Mill bei einer Studio-Besprechung: „Können wir zur Abwechslung mal über etwas anderes reden als Hollywood? Wir sind gebildete Menschen.“ Für einen Moment herrscht Totenstille. Bis er grinst und alle erleichtert begreifen: Es war nur ein Witz.