Foto: dpa

Der Stuttgarter Schauspieler Sebastian Koch interpertiert in der neuen Verfilmung von Jack Londons Roman "Der Seewolf" einen menschenfeindlichen Kapitän.

Stuttgart - Nach Albert Speer und Stauffenberg interpretiert der Stuttgarter Schauspieler Sebastian Koch in der neuen Verfilmung von Jack Londons Roman "Der Seewolf" einen menschenfeindlichen Kapitän.

Herr Koch, wenn man an den "Seewolf" denkt, fällt einem immer die Szene ein, in der Raimund Harmsdorf als Wolf Larsen eine rohe Kartoffel mit der Hand zerdrückt.

Der neue "Seewolf" ist ja eine internationale Produktion. Für Engländer und Amerikaner spielt die Szene bei weitem nicht die Rolle wie fürs deutsche Publikum. Aber hier muss man der legendären Kartoffel Rechnung tragen. Ich habe selbst darauf gedrängt, dass man das nicht übergeht. Allerdings haben wir versucht, die Szene etwas anders zu lösen als in der ersten Verfilmung. Ich denke mit einem kleinen Augenzwinkern, dass uns das ganz gut geglückt ist.

Haben Sie den alten Film und andere Versionen zur Vorbereitung angesehen?

Nein, ich habe die Romanvorlage von Jack London zweimal gelesen und war sofort davon fasziniert. Natürlich habe ich die Harmstorf-Verfilmung als Jugendlicher gesehen, aber damals konnte ich die Dimension dieses Stoffs noch nicht erkennen. Heute, 30 Jahre später, stelle ich mit Begeisterung fest, "Der Seewolf" ist hoch philosophisch, ein Stück Weltliteratur. Es ist ein faustischer Stoff, ein Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Henry van Weyden und Wolf Larsen.

Weyden ist der schmächtige Denker, Larsen der körperlich agierende Machtmensch. Bekommt man da beim Dreh schon mal Allmachtsfantasien?

(Lacht.) Es macht schon Spaß, sich in Fantasien zu bewegen. Es ist beeindruckend, ein paar Wochen lang so ein Regime zu führen. Und es hat natürlich auch einen Reiz, eine so physisch agierende Figur zu spielen. Die beiden befinden sich in einem ständigen Duell - der eine will beweisen, die Welt ist gut, der andere sagt, die Welt ist schlecht.

Was fasziniert uns an Larsen?

Er ist ein klassischer Mephisto, ein gefallener Engel, der immer noch Sehnsucht nach dem Guten hat, ihr aber nicht nachgibt. Einer, der ums Gute herumschleicht wie ein streunender Hund. Das macht ihn zur schillernden Figur. Auch seine Angst und Unfähigkeit, Gefühle zuzulassen. Jede Anwandlung von Gefühl muss er kaputt machen. Larsen spürt ja, dass er auf dem Holzweg ist, aber er gibt es nicht zu.

Was treibt diesen Mann?

Ich glaube, er ist unterfordert auf seinem Bötchen. Er spricht im Buch auch von Napoleon, den er bewundert. Er hätte gern eine wirklich große Aufgabe. Im Buch sind einige solcher Diskurse zu lesen, die wir natürlich nicht alle aussprechen können - weshalb ich den Stoff auch als Hörbuch eingelesen habe. Mir war es wichtig, dass man Jack London aus der Jugendabenteuerecke zieht.

Larson verprügelt einen Matrosen wegen einer Lapalie - wie ein brutaler Schläger.

Ich wollte vermeiden, dass die Gewaltszenen wie reiner Sadismus wirken. Aber man muss ihn brutal finden, das war uns wichtig. Es müssen solche Regungen kommen, dass man sagt, jetzt geh' ich nicht mehr mit, der Typ ist eine Bestie. Doch dann hat er trotzdem auch etwas Brillantes, etwas Intelligentes. Man kann sich diesem Mann nicht entziehen. Der Text ist eine Parabel. Was er auf seinem Robbenschoner macht, würde in der Gesellschaft nicht funktionieren. Nur auf dem Schiff kann er sein eigener Herrscher sein und nach eigenen Gesetzen leben.

Das Schiff ist eine kleine, eigene Welt.

Er sagt, er will lieber in der Hölle Herr sein als im Himmel Knecht. Er regiert diese Welt nach seinen Regeln. Das hat etwas Archaisches. Es gibt heute doch kaum Menschen, die ihre Meinung sagen. Jeder ist vorsichtig, hat Angst anzuecken, seinen Job zu verlieren. Wir sind eine freundliche, merkwürdige Gesellschaft geworden. Es gibt keine Pole, das ist wie die Große Koalition der vergangenen Jahre. Larsen ist anstrengend, aber in unserer so freundlich eingerichteten Demokratie braucht man jemanden, der Fragen stellt, der sagt, was er denkt.

Sie haben einige Bösewichte gespielt, den Terroristen Andreas Baader, den Nazi-Architekten Albert Speer. Wo ordnen Sie Larsen ein?

Gut und Böse - schwierige Sache. Speer dachte auch nicht, dass er etwas Böses tut, und doch sind damals unter dem Deckmantel der herrschenden Moral Katastrophen anderer Größenordnung geschehen.

Was ist Ihr nächstes Projekt?

Eine Komödie.

  • ZDF, Sonntag und Mittwoch, 20.15 Uhr
  •