Elija (von links), Theodor, Lennard und Alexander: Die vier Freunde bei den Vorbereitungen zur Präsentation in der Aula der Bad Herrenalber Falkensteinschule. Foto: Zoller

Vier Grundschüler haben sich ihre ganz eigenen Gedanken zum Ukraine-Krieg gemacht. Diese, und eine selbst geschriebene Geschichte, präsentierten sie jetzt in der Falkensteinschule.

Bad Herrenalb - Es ist der vorletzte Schultag in diesem Schuljahr und die Sommerferien locken. Doch in der Falkensteinschule in Bad Herrenalb sind alle Schülerinnen und Schüler nach wie vor angespannt "und neugierig wie ein Flitzebogen", weil jetzt endlich das Geheimnis rund um die vier Grundschüler Theodor Heilemann, Lennard Flammiger, Alexander Pribbernow und Elija Ruppert gelüftet wird.

Lange schon wird in der Schule darüber gewispert, doch keiner weiß genaueres darüber. Jetzt endlich, nach der großen Schulpause, strömen die 220 Schüler in die Aula der Falkensteinschule und warten gespannt auf die Ansprache. Nico Werner, der auf einem Podest steht und das Mikrofon vor der Präsentationswand in die Hand nimmt, sagt: "Ihr habt es ja schon in den letzten Wochen mitbekommen, dass hier etwas entstanden ist und ein paar Kinder aus unserer Schule etwas ganz Tolles gemacht haben – und das präsentieren sie uns heute."

Sichtlich begeistert

Der Konrektor der Schule ist sichtlich begeistert darüber, dass sich die zehnjährigen Viertklässler viele Gedanken zum Ukraine-Krieg gemacht haben und argumentiert vor seinem jungen Publikum: "Die vier haben sich bei ihrer Präsentation etwas gedacht und möchten, dass alle Kinder darauf aufmerksam gemacht werden und auch darüber sprechen." Nun endlich kommen die vier Jungs auf das Podest und starten mit ihrer Präsentation, die auf der blau-gelben Fläche der ukrainischen Flagge die Überschrift trägt: "Kein Krieg!" Mit dem Mikro in der Hand startet Theodor: "Am 24. Februar 2022 hat der russische Präsident Putin russische Soldaten losgeschickt, um das Nachbarland Ukraine anzugreifen. Damit hat er die wichtigste Regel gebrochen, die sich fast alle Länder auf der Welt schon vor langer Zeit gegeben haben." Es folgen ausgesuchte Folien an der Wand, die die Entwicklungen des Krieges seit Februar dokumentieren. Passend dazu erklären die Grundschüler die Ereignisse und wechseln sich am Mikrofon ab. Alles läuft wie am Schnürchen, und das Publikum ist mucksmäuschenstill. Theodor beschreibt die geografische Lage der Ukraine, und wie weltweit andere Länder mit Demonstrationen auf den Krieg reagieren. Und so starten die vier Freunde mit ihrer Präsentation auch einen Aufruf an die Zuhörer in der Falkensteinschule: "Wie können wir der Ukraine helfen?"

Als Antwort folgt: "Kein Licht nutzlos brennen lassen – denn Europa zahlt Russland für den Strom pro Tag rund 800 Milliarden Euro. Wir können zudem Klamotten oder Spielzeug und Konserven spenden." Damit endet der erste Teil der Präsentation. Doch damit nicht genug.

Persönliches Erlebnis

Auslöser für den öffentlichen Aufruf zur Unterstützung der Ukraine war für Theodor ein persönliches Erlebnis in der Familie. "Mein Opa und meine Oma mussten aus der Ukraine flüchten und leben jetzt bei uns in Bad Herrenalb." Als er noch ein Kleinkind war, war er selbst einmal im Land seiner Großeltern, doch daran erinnern kann er sich nicht mehr. "Nach einem Bombenanschlag sind meine Großeltern geflüchtet, denn Gas, Wasser, Strom, alles war platt, nichts hat mehr funktioniert. Und binnen einer Stunde haben sie sich dazu entschlossen, zu flüchten." Bewegt von der Geschichte der Flucht und der Hilfsaktionen für das Land ist in Zusammenarbeit mit seiner Mitschülerin Elizabet Dragosinova ein besonderes Lesewerk für seine Mitschüler entstanden, das nun beim öffentlichen Vortrag in der Aula Premiere feiert.

Unter dem Titel "Schlimme Zeiten" trägt Theodor die fiktive Geschichte vor, die auf teils wahren Begebenheiten basiert und beschreibt die Flucht aus der Perspektive eines Kindes: "Hallo, ich bin Daria und ich bin zehn Jahre alt. Ich möchte euch meine Geschichte erzählen." Diese handelt von einem glücklichen Geburtstag und danach vom Ausbruch des Krieges, der abenteuerlichen Flucht und der Ankunft in Bad Herrenalb.

Am Ende gibt es ein Wunder

In der Geschichte spielt die Falkensteinschule ebenfalls eine große Rolle und Theodor liest vor: "Wir haben herausgefunden, dass einen halben Kilometer entfernt eine Schule steht. Meine Eltern haben gegoogelt, dass die Schule ukrainische Kinder annimmt. Meine Eltern meldeten mich dort an und keine zehn Minuten später kam die Rückmeldung, dass sie mich angenommen hatten. Am nächsten Tag gingen wir die Schule anschauen. Sie heißt Falkensteinschule." Die Protagonisten der Geschichte lernen Deutsch, finden Freunde. Dann kommt die schöne Nachricht: "Wir können wieder in die Ukraine zurückfahren." Die Geschichte endet mit den Sätzen: "Es war ein Wunder, unsere Heimatstadt war wieder komplett aufgebaut... Es sah so aus, als ob nie etwas geschehen wäre. Eine Woche später hatte alles wieder seinen Alltag angenommen."

In der Aula schweigen alle – dann aber gibt es großen Applaus. Für Paul Rappold aus der dritten Klasse ist das Vorgetragene ein großartiges Erlebnis: "Ich fand das Ukraine-Projekt richtig super und auch gut, dass sich die Viertklässler das getraut haben." Auch Miriam Leder aus der vierten Klasse ist davon angetan: "Ich fand es sehr gut, weil es viele Infos gab. Die Präsentation mit dem Computer war cool und die Geschichte war schön, weil es ein gutes Ende gab."

Extraportion Eis

Auch Nico Werner ist begeistert. Er verteilt an die jungen Referenten Gutscheine für eine extra große Portion Eis und verrät: "Die Kinder sind auf mich zugekommen, und dann hat sich das nach und nach entwickelt. Wir haben uns immer wieder getroffen, haben neue Termine vereinbart, dann gab es technische Probleme, aber wir haben auch alle aus dem Weg geräumt. Und ich muss sagen, das ist alles ganz alleine bei den Kindern entstanden. Ich war nur begleitend dabei und habe kleine Tipps gegeben." Ein großes Kompliment für die vier Freunde, die nun künftig allesamt den Weg aufs Gymnasium beschreiten.

Und Theodor? "Ich finde es fast ein bisschen schade, dass nun alles nach so langer Vorbereitungs- und Planungszeit vorbei ist."

Wie die "Fünf Freunde"?

Viele Leser kennen vielleicht noch die Jugendbücher der britischen Schriftstellerin Enid Blyton? In ihrer Kinderbuchserie "Fünf Freunde" werden die abenteuerlichen Geschichten von fünf Kindern erzählt, die ohne Aufsicht von Erwachsenen ihr Tun selbst bestimmen und tolle Abenteuer erleben. Irgendwie erinnern die vier Freunde aus der Falkensteinschule an die Kinderbuchserie – und sicherlich kann man gespannt sein, welche Projekte Theodor und seine Freunde im neuen Schuljahr anschieben.