Beim Stadtbrand vor 120 Jahren löste ein kleiner Funken eine Katastrophe aus. Was würde heute passieren? Die Binsdorfer Feuerwehr ist 150 Jahre alt – und hat mit einer Übung ihre Schlagkraft bewiesen.
Ein kleiner Glutfunken hat im 1904 zu einem Inferno geführt. Das Feuer in der Werkstatt des Schumachers August Schädle – heute erinnert noch ein Schriftzug an einem Gebäude neben der Schule daran – griff schnell auf die Nachbaranwesen über und verwandelte, vor allem auch wegen des starkes Windes, das Städtchen in ein Flammenmeer. Zum Glück gab es keine Verletzten oder gar Toten zu beklagen. Das Ausmaß der Zerstörung war aber enorm.
Die Feuerwalze machte nicht nur 67 Wohnhäuser dem Erdboden gleich, sondern auch die Schule und das Rathaus. Die Markus-Kirche, das Pfarrhaus und das imposante Kloster konnten aber gerettet werden.
So schnell wäre ein Feuer unter Kontrolle
Wie würde die Feuerwehr heute ein Feuer im dicht bebauten Ortskern löschen? Schnell und effektiv, wie die großangelegte Übung am Samstag im Rahmen der 150-Jahr-Feier zeigte. Innerhalb von nur 20 Minuten wäre ein Feuer unter Kontrolle, die sogenannte Riegelstellung – so heißt die Brandbekämpfung im Feuerwehr-Jargon – würde verhindern, dass die heutige Grundschule in Schutt und Asche liegt.
Zahlreiche Binsdorfer und Gäste von auswärts verfolgten das Szenario, das so echt wirkte, dass der eine oder andere eine Gänsehaut bekam. Nachdem erster Rauch zu sehen war, durfte eine junge Zuschauerin bei der Leitstelle einen Notruf absetzen. Trotzdem läuteten auch die Kirchenglocken, um, wie vor 120 Jahren, die Bevölkerung zu warnen.
Aus Rosenfeld wird die Drehleiter geschickt
Nicht lange dauerte es, bis die Einsatzkräfte aus dem Ort mit eingeschaltetem Martinshorn vor die Schule vorgefahren kamen und es „Wasser marsch“ hieß. Es folgte fast schon im Minutentakt eine ganze Armada an Fahrzeugen und Feuerwehrleuten aus Geislingen, Gruol, Heiligenzimmern und Sulz. Rosenfeld hatte die Drehleiter geschickt, um – so die Annahme – Kinder aus den verrauchten Klassenzimmern zu retten und den Geislinger Rotkreuzlern zu übergeben.
Einsatzleiter war Marc Brobeil, der Kommandant der Feuerwehr Geislingen, Übungsleiter der Binsdorfer Abteilungskommandant und neue Ortsvorsteher Andreas Bonaus, der am Mikrofon für die Schaulustigen erklärte, was abläuft. Stefan Jetter, Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes, schaute ebenfalls, mit Argusaugen versteht sich, zu – und sparte nicht mit Lob. Es mache ihm große Freude, wenn man Übungen so öffentlichkeitswirksam zelebriere.
Für die Helfer gibt es viel Lob
Den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sprach Jetter ein dickes Dankeschön aus. An 365 Tagen im Jahr, tags und nachts, einsatzbereit zu sein, sei eine Riesenleistung. Viele würden dabei sogar einen Verdienstausfall in Kauf nehmen. Um die Schlagkraft weiter erhöhen zu können, warb er um Nachwuchs. Wer gleich beitreten wollte, hätte sofort unterschreiben können. Andreas Bonaus hat immer Anträge im Einsatzwagen liegen.
Die Übung war nur ein Höhepunkt während des Jubiläumsfestes. Vor allem die Einheimischen warteten gespannt auf den Film über den Stadtbrand, für den sich gleich zweimal der Vorhang hob. Originalaufnahmen liegen nicht vor, aber am ersten September-Samstag wurde das Geschehen schon mal nachgespielt, allerdings in historischen Uniformen und mit einer Löschspritze aus längst vergangenen Zeiten. Dafür gab es selbstverständlich viel Applaus, vor allem für die Macher. Andreas Schreijäg führte Regie, für den Schnitt war Linus Sorg zuständig.
Die Kinder löschen kräftig mit
Hunger und Durst musste am Samstag auch niemand leiden, und auch für die musikalische Umrahmung war gesorgt. Die Stadtkapelle spielte, und zu später Stunde rockte die Band „Nachtsound“ das Zelt. Für die jungen Besucher gab es Spiel-Stationen. Sie durften unter anderem versuchen, mit ganz viel Wasser einen fiktiven Brand zu löschen. Kleine Grisus aus Stoff und leckere Waffeln gab es bei der Jugendfeuerwehr zu kaufen. Und wer immer mal schon in ein Feuerwehrauto – auch eines von der Bundeswehr in Stetten a.k.M. – steigen wollte, hatte ausgiebig Gelegenheit dazu.
Zur Freude von Andreas Bonaus blieb schon am Freitag beim Handwerkervesper kein Platz vor dem Rathaus leer. Um es mit seinen Worten zu sagen: „Ich war baff.“