Einen Blick auf die Persönlichkeit des Verurteilten und mögliche Gründe für seine Taten haben im Verlauf des Verfahrens verschiedene Zeugen ermöglicht.
In seinem frühen Geständnis und auch am letzten Prozesstag hat der Mann beschrieben, dass er unter Alkoholeinfluss gestanden habe, als er im Sommer vergangenen Jahres Feuer an drei landwirtschaftlichen Gebäuden legte. Zeugen, Videos und Spuren, die die Ermittler in seiner Wohnung gefunden haben, bestätigen das.
So berichtete eine Mitarbeiterin der Geislinger Tankstelle über sein auffälliges Verhalten. Die Frau hatte am 4. Juli 2024 Spätschicht. Gegen 19.30 Uhr kaufte der Angeklagte etwas bei ihr. Er hatte eine starke Alkoholfahne und schrie irgendetwas durch den Verkaufsraum.
Am selben Abend hat der Mann sechs Autos beschädigt – eines davon stand direkt hinter der Tankstelle. Diesen Bereich deckten keine Überwachungskameras decken ab – wohl aber die Umgebung der landwirtschaftlichen Halle, die der Täter in der folgenden Nacht anzuzünden versuchte.
Zeuge zu Täter-Video: „Der war besoffen“
Die Videoaufnahmen zeigten den Mann, der zum Gebäude ging und Feuer legte. „Die Person war betrunken“, interpretierten die beiden Besitzer der Halle vor Gericht dessen Bewegungen.
Den gleichen Eindruck hatte auch die Kriminaloberkommissarin, die alle Videos ausgewertet hat – beispielsweise jene, auf denen der Täter sich nach der Brandstiftung am 4. Juli zügig über die Wiese in Richtung Ortsrand entfernt.
„Ging er schwankend?“, wollte der Vorsitzende Richter von der Polizistin wissen, „alkoholisiert?“ Diese bestätigte: „Man hat auf den Videos gesehen, dass er betrunken war.“
Unzufrieden mit seinem Leben
Doch in seinem Gutachten hat der psychologische Sachverständige deutlich gemacht, dass der Alkoholmissbrauch nicht der Auslöser für die Brandstiftungen und Sachbeschädigungen gewesen ist: Das Trinken sei Folge seiner „schizoiden Persönlichkeitsakzentuierung“ gewesen und ebenso wie die Taten ein Mittel, um seine Unzufriedenheit mit seinem eigenen Leben zu bekämpfen.
Ein ehemaliger Arbeitskollege des Angeklagten hat während der etwa sechs Monate gemeinsamer Tätigkeit für einen Sanitärtechnikbetrieb keine Anzeichen für zuviel Alkohol beobachtet: „Er war immer pünktlich da, fehlte nie.“
Er sei auch nie gereizt oder wütend gewesen, nie explodiert, habe mitunter „tiefenentspannt“ gewirkt. Fragen seiner Kollegen nach seinem Zustand, wenn er wahrnehmbar nicht bei der Sache war, wich er aus – „ein sehr verschlossener Mensch“, fasste der Richter die Beschreibungen zusammen.
Nie länger als ein Jahr bei einem Arbeitgeber
Der Zeuge berichtete von Tagen, an denen der Angeklagte nichts leisten konnte – „wie wenn er alles vergessen hätte“ – und von unerklärlichen Aktionen während der Arbeit. So transportierte er einmal eigenmächtig eine Heizungsanlage auf einem entwendeten Anhänger ab. Danach wurde er zum ersten Mal von der Polizei befragt und verlor bald darauf seine Stelle.
Es war der letzte von sechs oder sieben Arbeitgebern innerhalb weniger Jahre, mit denen es auseinander ging, beschrieb der Brandstifter selbst: „Ich hab mich oft gestritten“, sei nie länger als ein Jahr bei einer Firma geblieben. Mehrfach habe er von Arbeitgebern Lohn eingeklagt.
Die zahlreichen Zeugenaussagen verfolgte der Mann weitgehend ohne erkennbare Gefühlsregung, meist mit gesenktem Blick. Nur bei den Angaben zu seiner Person sprach er mehr als einzelne Wörter, antwortete kurz und präzise, nannte seine Taten „Vorfälle“.
Eigenen Frust lässt er an Fremden aus
In der Schule sei er an seiner „Verweigerungshaltung“ gescheitert, in der Pubertät sehr aggressiv gewesen: „Da gab es oft Stress.“ Er hat die Realschule abgebrochen, auf Umwegen noch einen Hauptschulabschluss gemacht und mit 21 eine Ausbildung zum Heizungsanlagenmechaniker abgeschlossen.
Sechs Jahre später war er arbeitslos, verschuldet und unzufrieden mit seiner Lebenssituation. Das alles ließ der Einzelgänger an Menschen aus seinem Wohnort aus, die ihn zumeist gar nicht kannten, und zündete ihre Gebäude an.