Wenig Lichtblicke und neue aufziehende Wolken: Der Stuttgarter Fernsehturm ist geschlossen – und die Bemühungen, ihn der Öffentlichkeit zurückzugeben, kommen nicht recht voran. Foto: Leif Piechowski

750.000 Euro reichen für einen besseren Brandschutz im Fernsehturm nicht aus. Die Aufhebung der Sperrung zur Jahresmitte 2014 ist nicht gesichert.

Die Sehnsucht, dass Stuttgart wieder einen wahren Leuchtturm hat, wächst. Ein Architekt regte jetzt an, den gesperrten Fernsehturm nachts wenigstens wieder zu beleuchten. Bisher hat die Initiative aber keinen Erfolg. Auch das Projekt Wiedereröffnung kommt nicht recht voran.

Stuttgart - Er ist das Wahrzeichen der Landeshauptstadt und des Südwestrundfunks (SWR). Doch der Stuttgarter Fernsehturm ist für die Öffentlichkeit wegen Brandschutzmängeln gesperrt – und das wird möglicherweise noch länger so bleiben als zuletzt gedacht. Das liegt an bisher nicht geklärten technischen Details der Nachrüstung beim Brandschutz. Und an höheren Kosten.

Die Perspektiven für den Turm scheinen weiterhin so unklar zu sein, dass die Kündigung von derzeit noch zwölf Mitarbeitern für den Turmbetrieb näher rückt. Der ursprüngliche Termin, Mitte November, ist zwar verstrichen, ohne dass die Kündigungen unterschrieben worden wären. „Aber wir verhandeln über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan“, sagt Siegfried Dannwolf, Geschäftsführer der SWR-Tochter und Betreiberfirma SWR Media Services GmbH. Er fügt hinzu: „Wir können nicht ausschließen, dass es zu den Kündigungen kommt.“ In Kreisen des Turm-Eigentümers SWR befürchtet man, dass die Briefe noch vor Weihnachten rausgehen. Betroffen wären dann zwölf von ursprünglich 13 Mitarbeitern. In einem Fall sei die Kündigung schon vor Monaten vollzogen worden, weil bald die Probezeit ausgelaufen wäre, sagt Dannwolf. Sechs der 13 Mitarbeiter waren als Aufzugsführer tätig, die anderen überwiegend im technischen Bereich. Nach der Sperrung des Turms am 28. März kam es zu Freistellungen.

Lage hat sich verschlechtert

Im besten Fall könne der Turm Mitte 2014 wieder geöffnet werden, hat Dannwolf im September im Bezirksbeirat Degerloch gesagt. Inzwischen betont er noch ein bisschen mehr eine Bedingung dafür: Zur Jahresmitte könne es nur klappen, wenn über die nötigen technischen Maßnahmen und ihre Ausführung rechtzeitig Klarheit herrsche. Im Frühjahr, wie der eine oder andere im Stuttgarter Rathaus gehofft hatte, kann der Turm keinesfalls wieder für Besucher aufgemacht werden. Da ist sich Dannwolf ganz sicher.

Was die Nachrüstung des Kulturdenkmals im Sinne von mehr Brandschutz letztlich kosten wird, will der Hausherr nicht sagen. „750.000 Euro werden aber nicht reichen.“ Das war die Größenordnung, die Dannwolf selbst im September nannte. Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten dürften die Maßnahmen deutlich mehr kosten. Das sei, verlautet aus der Verwaltung, OB Fritz Kuhn (Grüne) im November in einem Spitzengespräch mit dem SWR-Intendanten Peter Boudgoust gesagt worden.

Damit steht fest, dass sich die Lage in den letzten Wochen, von der Öffentlichkeit unbemerkt, verschlechtert hat. Vom SWR war schon länger signalisiert worden, dass die SWR Media Services GmbH nicht mehr als rund eine halbe Million Euro für die Nachrüstung aufbringen könne. Seit Monaten klaffte also schon eine Lücke von 250.000 Euro. Inzwischen geht es vermutlich um ein Mehrfaches. Der SWR will und darf keine Einnahmen aus der Rundfunkgebühr in den Fernsehturm pumpen – und Dannwolf weiß inzwischen, dass sich das Defizit der SWR-Tochter in diesem Jahr auf 1,1 Millionen Euro summieren wird. Das sei ausschließlich auf die Turmsperrung zurückzuführen.

Im Rathaus ist bisher kein Ansatz für einen Ausweg aus dieser Situation zu erkennen – für eine Lösung, wie der nach Plänen von Fritz Leonhardt errichtete und 1956 in Betrieb genommene Fernsehturm der Öffentlichkeit schnell zurückgegeben werden könnte. Die Stadtverwaltung habe allerdings den Erbpachtvertrag mit dem SWR über das Grundstück auf eine Verpflichtung des Senders geprüft, die Einrichtungen im Turm für die Öffentlichkeit zu betreiben, heißt es im Rathaus. Eine Lösung wird spätestens das dritte Spitzengespräch zwischen Kuhn und Boudgoust, voraussichtlich im ersten Quartal 2014, bringen müssen.

Kann Turm wenigstens in den Abendstunden beleuchtet werden?

Zwischen der Stadtverwaltung und den Ratsfraktionen gibt es noch viel Klärungsbedarf. Bisher hat nur der Bezirksbeirat Degerloch im Herbst gefordert, dass die Stadt sich an den Kosten beteiligen müsse. Die Wiedereröffnung des Stuttgarter Wahrzeichens müsse jetzt höchste Priorität haben.

Für den Stuttgarter Architekten Hans Martin Mader hätte vorher noch eine andere Detailfrage oberste Priorität: ob der Fernsehturm wenigstens in den Abendstunden beleuchtet werden könnte. Das sei man seiner Bedeutung und seiner Werbewirksamkeit für Stuttgart schuldig. Für die Illuminierung anderer wichtiger Gebäude in der Stadt habe sich die Kommune ins Zeug gelegt. Der Fernsehturm aber bleibt abgeschaltet – weil SWR und Stadt sparen wollen. Vielleicht auch, weil sie demonstrativ die jeweils andere Seite in die Pflicht nehmen wollen. Mader hatte am 2. Dezember an OB Kuhn geschrieben – mit Kopien an Ratsfraktionen. „Von dem Brief ist mir nichts bekannt“, sagte Kuhns Sprecher am Dienstag.

Die Fassung hat Mader freilich gleich am 3. Dezember verloren. Da antworteten ihm die Freien Wähler, auf ihren Antrag für das Anknipsen der Turmbeleuchtung hätten sie seit Mai von der Verwaltung nichts gehört.

Dannwolf lässt immerhin prüfen, wie hoch die Stromkosten sind. Infrage kommt die Beleuchtung aus seiner Sicht aber nur in der Weihnachtszeit – wenn überhaupt.