Die Proteste gegen Polizeigewalt haben in den USA ein neues Ausmaß erreicht. Foto: EPA

Zunächst beschränkten sich die Proteste gegen Polizeigewalt auf Ferguson - jetzt greifen sie auf andere US-Städte über. Der Polizist, der einen unbewaffneten Teenager erschossen hatte, meldet sich öffentlich zu Wort und hat ein reines Gewissen.

Ferguson - Die Empörung über die Straffreiheit für den weißen Todesschützen von Ferguson erfasst weite Teile der USA. In gut 170 Städten von New York über Los Angeles bis San Francisco gingen in der Nacht zum Mittwoch Menschen auf die Straße. Sie demonstrierten gegen die als rassistisch bewertete Entscheidung von Geschworenen in Ferguson bei St. Louis, kein Gerichtsverfahren gegen einen weißen Polizisten zu eröffnen, der den unbewaffneten schwarzen Teenager Michael Brown in vermeintlicher Notwehr erschossen hatte.

Der Sender CNN berichtete, in vielen Städten hätten die Demonstranten den Verkehr lahmgelegt. Zu so schweren Krawallen wie der Nacht zuvor in Ferguson im US-Staat Missouri kam es jedoch nicht.

Der Polizist Darren Wilson hatte Brown Anfang August mit mehreren Schüssen niedergestreckt, weil er sich bedroht fühlte. Die Entscheidung der Jury bedeutet nicht, dass der Fall nicht juristisch aufgearbeitet wird. Justizminister Eric Holder machte klar, dass auf Bundesebene wegen des Todes des 18-jährigen Brown sowie wegen des Verhaltens der Polizei bei den folgenden Unruhen ermittelt werde.

US-Präsident Barack Obama nannte es tragisch, dass „in zu vielen Teilen dieses Landes ein tiefes Misstrauen“ zwischen den Sicherheitskräften und der farbigen Bevölkerung bestehe. Das sei auch ein Erbe der Rassendiskriminierung. „Dieses Problem ist kein Ferguson-Problem, das ist ein amerikanisches Problem“, sagte Obama später. Zu den Ausschreitungen machte er klar: „Ich habe keinerlei Sympathie für diejenigen, die ihre eigene Gemeinde zerstören.“

Proteste über die ganzen USA verteilt

In New York marschierten Hunderte Demonstranten vom Manhattans Union Square zum Times Square und nach Harlem. Ein Teilnehmer sagte CNN, er wolle nur helfen, Veränderungen anzumahnen. Er habe sich spontan dem Protestzug angeschlossen. „Manchmal werde ich aufgrund meiner Hautfarbe diskriminiert.“

In Atlanta, dem Geburtsort des Bürgerrechtlers Martin Luther King, blockierten Demonstranten eine Schnellstraße. „Es ist ein Hohn“, sagte die Demonstrantin ShaCzar Brown. „Vor 70 Jahren war es erlaubt, Schwarze umzubringen“, sagte sie mit Hinweis auf Lynchmorde in den US-Südstaaten. „Im Prinzip ist es das immer noch.“

Demonstranten in Oakland in Kalifornien warfen Scheiben ein und plünderten Geschäfte, während in Los Angeles eine Schnellstraße blockiert wurde. Auch aus Großstädten wie Boston, Denver, Seattle, Washington und Dallas wurden Proteste gemeldet.

In Ferguson selbst kam es in der Nacht zu kleineren Zwischenfällen. Ein Polizeiwagen wurde angezündet und Demonstranten blockierten Straßenkreuzungen. Beamte hatten die Straßenzüge, wo es in der Vornacht zu Plünderungen gekommen war, abgeriegelt. Vor der Polizeizentrale skandierte eine Menschenmenge. „Wir sind nicht der Feind, wir wollen nur Gerechtigkeit.“ Nach Angaben eines dpa-Reporters wurden mindestens zwei Menschen festgenommen.

Der Todesschütze Wilson erklärte am Dienstag, er bedauere den Tod Browns, würde aber erneut so handeln. Er habe um sein Leben gefürchtet und nur seine Arbeit getan, sagte er dem TV-Sender ABC. Er habe ein reines Gewissen.

Diesen Donnerstag feiern die USA Erntedank, auch der Freitag ist für viele arbeitsfrei. Ob die Proteste über die freien Tage weitergehen, war nicht absehbar.