Der Projektraum Ostend wird zur inszenierten Frauenarztpraxis – mit Vulva-Workshops, feministischer Kunst und einem „Museum der Menstruation“. Bis 26. Oktober.
Der Projektraum Ostend war schon vieles: Kiosk, Versicherungsbüro, Pommes-Bude. Aktuell befindet sich in den Räumlichkeiten in der Achalmstraße 18 das „Gyn-Gym“, das an eine gynäkologische Praxis erinnert. Alles im Rahmen der Kunst versteht sich.
Das Stuttgarter Künstlerpaar Elin Doka und Andreas Bär denkt sich bald seit acht Jahren immer wieder neue Ausstellungen, Performances und Konzerte mit lokalen und nationalen Künstlerinnen und Künstlern aus. In der aktuellen Ausstellung stehen der weibliche Körper und die Sexualität im Vordergrund.
Empfangstresen, Wartezimmer und Behandlungsraum – Interessierte finden den Projektraum vom 2. bis 26. Oktober als inszenierte Frauenarztpraxis vor. Im Wartezimmer gibt es neben feministischer Lektüre Malereien der Stuttgarter Künstlerin Nana Hülsewig. Ihr Ensemble „Verwandtschaften“ brachte sie 2020 zur Ölmalerei. Zu sehen ist eine Großfamilie, jedes Porträt einzeln gerahmt. Die Verwandtschaftsgrade sind nicht genau zu erkennen, da anstelle eines Gesichts das jeweilige Geschlechtsteil abgebildet ist. „Ich hinterfrage damit gängige Familienkonstrukte und zeige, wie vielseitig Geschlechter sind“, sagt die Künstlerin. „Ein Penis ist halt ein Penis. Seine Abbildung begegnet uns im Alltag wesentlich häufiger als die einer Vulva oder eines trans*-Geschlechtsteil.
Ausstellung im Projektraum Ostend will aufklären und Safe Space sein
Aufklären und einen Erfahrungsraum schaffen, das wollen die Künstlerinnen, die sich an dieser Ausstellung beteiligen. Mit dabei sind Alexandra Haas, Katharina Göppert, Nana Hülsewig und Dünne Jungs Kollektiv. Auch Elin Doka selbst stellt aus. Neben dem „Gyn-Gym“-Logo - ein weibliches Geschlechtsorgan - entwarf sie den Paravent, der den Empfangstresen vom Behandlungsraum trennt und unter anderem lebensgroße, nackte Barbiepuppen zeigt. „Der Paravent entstand 1994, da war ich Anfang 30 und beschäftigte mich mit der Frage, welche Rollenbilder greifen.“ Sie finde es interessant, dass viele der damaligen Anforderungen an Frauen auch heute noch aktuell seien. Zum Beispiel das Schönheitsideal, dass Frauen schlank sein sollen.
Die eigene Vulva drucken
Zum Programm gehören auch verschiedene Workshops. Am Sonntag 12.10. startet das Programm mit einem 2D-Print-Workshop, bei dem Teilnehmende gemeinsam mit Karla Nowosimski individuelle Vulva-Prints auf Postkarten gestalten können. Parallel dazu bietet Elin Doka Siebdruck mit dem Gyn‑Gym‑Motiv an – auf mitgebrachte Textilien oder auf Second‑Hand‑T-Shirts. Am Dienstag 14.10. folgt eine Live‑Radioshow bei „Bär on air“ im Freien Radio für Stuttgart. Am Mittwoch gibt es ein Workout mit Katharina Göppert (Autorin des Buchs „Nachrichten von Mama“), das zur Reflexion über Körper, Leistung und gesellschaftliche Normen anregt. Am 16.10. hält Paula Kohlmann den Vortrag „MOM – Museum of Menstruation“ zur Kulturgeschichte der Menstruation – inklusive Diskussion über Mythen, Tabus und feministischen Perspektiven. Am Samstag 18.10. folgt schließlich ein weiterer Print‑Workshop: Unter Anleitung von Karla Nowosimski und Lilou Prochazkova können Teilnehmende dreidimensionale Abdrücke der Vulva anfertigen.
Das „Gyn-Gym“ ist Teil der Veranstaltungsreihe „Sexgyngym“, die in Kooperation mit dem Feministischen Frauen*gesundheitszentrum Stuttgart (FF*GZ) entsteht. Zeitgleich gibt es in der Necktar Galerie die Ausstellung „Sex - cum meet me at my essence“, die sich mit den Themen Intimität, Scham und Sinnlichkeit auseinandersetzt.