Das völlig unterkühlte Mädchen wird momentan auf der Intensivstation einer Klinik versorgt.

Fellbach – Ein neugeborener Säugling ist am Dienstagmorgen in einem Innenhof eines Wohnkomplexes in der Fellbacher Innenstadt ausgesetzt worden. Verkäuferinnen einer dortigen Bäckereifiliale fanden das Mädchen gegen 8.45 Uhr auf Höhe des Gebäudes Cannstatter Straße 51.

Das Baby wimmerte leise, war nicht einmal in eine Decke gehüllt, lag splitternackt inmitten niedriger Sträucher. Bei Temperaturen von allenfalls fünf Grad Celsius war der Säugling stark unterkühlt. Die von den Bäckereibediensteten alarmierte Polizei war mit zahlreichen Einsatzkräften am Fundort. Beamte der Schutz- und Kriminalpolizei suchten auf dem nur wenige Hundert Meter nördlich vom Rathaus gelegenen Areal, auf dem sich mehrere bis zu zwölfstöckige Hochhäuser befinden, nach Spuren und befragten Zeugen. Auch Spür- und Suchhunde waren im Einsatz. "Wir vermuten, dass das Kind kurz nach der Geburt ausgesetzt worden ist", sagt Renate Rösch, Sprecherin der zuständigen Waiblinger Polizeidirektion.

Baby wiegt 3000 Gramm

Das Baby wiegt etwa 3000 Gramm, ein etwas unterdurchschnittliches, aber relativ normales Geburtsgewicht. Es wird derzeit intensivmedizinisch in einem Krankenhaus betreut. Man müsse aber annehmen, "dass auch die Mutter dringend ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen sollte", so die Polizeisprecherin. Sie appelliert an die Mutter, sich auch in ärztliche Behandlung zu begeben.

Entlang der Cannstatter Straße befinden sich in jenem Bereich eine Vielzahl an Geschäften, beispielsweise zwei Bäckereien, ein Metzger, ein Drogeriemarkt, ein Obst- und Gemüsehändler, ein Kaffeegeschäft und ein Friseur. Zudem führt die Passage entlang der Straße direkt in Richtung Endstation der Stadtbahnlinie U 1 an der Fellbacher Lutherkirche. Es wäre also gut möglich, dass Berufspendler in Richtung Stuttgart oder auch Einkäufer in den frühen Morgenstunden etwas bemerkt haben.

Verzweiflungstat der Mutter?

Die Polizei hat mehrere Fragen: Wer kennt eine Frau, die schwanger war und nun kein Baby vorweisen kann? Wer hat in der Cannstatter Straße im Bereich der Wohncity zwischen 6 und 8.45 Uhr am Dienstagmorgen Verdächtiges beobachtet oder bemerkt, dass eine Frau mit Baby sich merkwürdig verhalten hat?

Die Kripo in Waiblingen hat für Zeugenhinweise zwei Telefonnummern geschaltet: 07151/ 950529 oder 07151/ 950601.

Immerhin hat das kleine Mädchen, das wegen des Namenstages Frida oder Laura heißen könnte, die mutmaßliche Verzweiflungstat der Mutter überlebt. Bundesweit gibt es jährlich etwa 40 Aussetzungen, die Hälfte der Babys überlebt nicht. Wie Anna oder Maximilian: Im August 2009 war ein afrikanisches Baby tot in einer Plastiktüte in Stuttgart-Möhringen abgelegt worden, im Februar des selben Jahres wurde ein Säugling im Plochinger Hafen tot gefunden.

Auch andere haben überlebt

Die Polizei hofft auf einen glücklichen Ausgang wie etwa 2007 beim Findelkind Amir, der im März in einer Kirche im Stuttgarter Osten ausgesetzt worden war. Ermittlungen führten zu einem rumänischen Ehepaar. Die beiden hatten das Baby, das erblindet war, in bessere Hände geben wollen. Im Herbst holten sie den kleinen Amir von einer Pflegefamilie zurück.

Andere Kinder wachsen bei einer Pflegefamilie auf. Etwa Martin, der demnächst seinen zwölften Geburtstag feiert. Er war im November 1998 im Stuttgarter Süden ausgesetzt worden, fast zeitgleich mit einem Buben in Fellbach. Der lag in eine Tischdecke gewickelt in einem Sonnenstudio.