Feinstaubmessung am Neckartor in der Stuttgarter Innenstadt. Foto: Peter-Michael Petsch

Verwaltungsgericht liegt seit Wochenanfang eine weitere Klageschrift von Rechtsanwalt Kugler vor.

Stuttgart - Das seit Jahren währende gerichtliche Ringen um Maßnahmen gegen Feinstaub und Stickoxide in der Stuttgarter Luft geht weiter. Das liegt daran, dass der Stuttgarter Rechtsanwalt dem Verwaltungsgericht die nunmehr dritte Feinstaubklage vorgelegt hat. Sie richtet sich gegen das Land, vertreten durch das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart.

Ziel sei es, endlich wirksame Maßnahmen gegen die lebens- und gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung in Stuttgart zu erzwingen, teilte Kugler mit. Dazu seien das RP und das Verkehrsministerium auch nach dem Regierungswechsel leider noch immer nicht in dem notwendigen Umfang bereit.

Mit der Klage wollen Kugler und sein Mandant, der im Bereich Neckartor wohnt, das Land erneut zwingen, den Luftreinhalteplan und den Aktionsplan für Stuttgart zu ergänzen. Das Land soll sicherstellen, dass die Grenzwerte für Feinstaub (maximal 35 Tage im Jahr mit mehr als 50 Mikrogramm pro Kilogramm Luft) sowie die Grenz- und Alarmschwellen für Stickstoffdioxid (maximal 18 Einstundenwerte im Jahr mit mehr als 200 Mikrogramm) eingehalten werden. Die Realität sieht anders aus. Nach Kuglers Angaben gab es am Neckartor beim Stickstoffdioxid bis zum 29. Juli 49 Tage mit Überschreitungen, beim Feinstaub 53 – obwohl die Stadt nach der Installation von zwei Tempomesssäulen an der Cannstatter Straße im Jahr 2011 eine signifikante Verringerung der Stickoxide vermeldete.

Mit flexiblen Anzeigen die Geschwindigkeit auf B 14 zeitweise auf Tempo 30 reduzieren

Was in Stuttgart zusätzlich geplant ist, reicht nach Kuglers Einschätzung nicht aus. Tempo 40 auf der Hohenheimer Straße (B 27) aufwärts vorzuschreiben, bringe dem Kläger nichts. Der wohne mehr als einen Kilometer davon entfernt im Bereich Neckartor. Dort will das RP mit flexiblen Tempoanzeigen und einem neuen Blitzer beim Amtsgericht dafür sorgen, dass der Verkehr langsam, aber stetig am Messgerät vorbeifließt und weniger Schadstoffe produziert.

Die Wirksamkeit sei aber nicht wissenschaftlich ermittelt worden, wendet Kugler ein. Er regte an, mit den flexiblen Anzeigen die Geschwindigkeit auf der B 14 zeitweise auf Tempo 30 zu reduzieren. Und zwar an Tagen, an denen Grenzwertüberschreitungen zu erwarten sind. Anwalt Kugler und sein Mandant hoffen auf eine Entscheidung des Gerichts binnen acht bis zehn Monaten.

Mit der Klage geht ein seit Jahren währendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Kugler und dem RP weiter. Die Behörde bestreitet regelmäßig, dass Kugler ihr Sorgen mache, und verweist auf eigene Aktivitäten. Tatsächlich aber haben das RP und die Stuttgarter Stadtverwaltung ihre Maßnahmen gegenüber der Öffentlichkeit immer wieder mal mit drohenden Klagen begründet.

„Der Bundesgesetzgeber lässt uns alle im Regen stehen“, sagt Kugler

Seit im Land Grün-Rot regiert, werde er auch schon mal in die Landesbehörde eingeladen, wenn es um die Bekämpfung von Luftschadstoffen geht, sagt der frühere Grünen-Stadtrat Kugler. Insofern habe sich durch den Regierungswechsel auf diesem Sektor ein bisschen was verändert. Mehr aber auch nicht. Im RP wird die Einladung ebenfalls als Zeichen des guten Willens hervorgehoben. „Ein vernünftiger Vorschlag ist aber nicht gekommen“, sagte RP-Sprecher Peter Zaar auf Anfrage. Dabei gibt es durchaus auch Gemeinsamkeiten: nämlich in dem Urteil, dass die Möglichkeiten beim Kampf gegen Luftschadstoffe und Lärm weitgehend ausgelotet sind und nur der Gesetzgeber mehr Instrumente schaffen könnte.

„Ich sehe die Schwierigkeiten des Regierungspräsidiums durchaus – der Bundesgesetzgeber lässt uns alle im Regen stehen“, sagt Kugler. Die Maßnahme, die seiner Meinung nach etwas bringen könnte, nämlich die City-Maut für Stuttgart, sei nach der geltenden Straßenverkehrsordnung nicht zulässig. Die Politik setze sich aber nicht für eine Änderung ein, weil die City-Maut beim Volk so unbeliebt sei. Selbst Kuglers Parteifreund Fritz Kuhn, der für das OB-Amt in Stuttgart kandidiert, ist dagegen. Grund: Die Gesetzesänderung und die Einführung dieses Instruments würden viel zu lang dauern. Die City-Maut sei daher „nur theoretisch gut“. Der gesetzeswidrige Zustand, dass die Stuttgarter mit zu schlechter Luft leben müssen, sei bereits jetzt ein Fakt.

Kuhn, der im Wahlkampf in Kürze mit dem Slogan werben will, dass er „den Feinstaub aus dem Verkehr ziehen“ will, redet lieber einem Programm mit sieben oder acht Punkten das Wort. Da geht es um mehr Parkraummanagement, nicht nur im Stuttgarter Westen, um Initiativen der Arbeitgeber für umweltfreundlichere Fahrten ihrer Mitarbeiter, um abgestufte Tempolimits auf Stuttgarter Straßen, um eine große Kampagne fürs Fahren mit herkömmlichen und elektrisch unterstützten Fahrrädern und um regionale Strategien für die Schadstoffvermeidung in Stuttgart. Daher könne er seinen Slogan bei allen Schwierigkeiten der Feinstaubproblematik durchaus vertreten, rechtfertigte sich Kuhn auf Nachfrage.