Taxiunternehmen fürchten um ihre Existenz, weil sie bisher nicht wissen, ob es für sie Ausnahmen von den geplanten Fahrverboten geben wird Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die angekündigten Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge haben in vielen Branchen große Unruhe ausgelöst. Denn noch ist nicht klar, ob und für wen es Ausnahmen geben wird. Das Taxigewerbe will sich jetzt mit anderen Betroffenen zusammentun – und bekommt Unterstützung aus der Politik.

Stuttgart - Es herrscht dicke Luft. Grund sind Feinstaub und Stickoxid. Die sind zwar im Besprechungszimmer der Cannstatter Taxi-Auto-Zentrale (Taz) kein wirkliches Problem, dafür aber im übertragenen Sinne. Denn wegen der Überschreitungen am Neckartor kommt vom nächsten Jahr an ein Fahrverbot für Diesel unter der Abgasnorm Euro 6, sobald Feinstaubalarm ausgerufen wird. Rund 73 000 Fahrzeuge allein in Stuttgart sind betroffen. Darunter befinden sich auch die meisten Taxis.

Der Vorstand der Genossenschaft, die in Stuttgart den Großteil der Taxifahrten vermittelt, hat den verkehrspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Jochen Haußmann zu Gast. Rund 20 Vertreter der Branche sind gekommen, um zu diskutieren. Dabei ist man sich schnell einig. Von einer „Hau-Ruck-Entscheidung“ ist die Rede und davon, dass ein solches Fahrverbot an die Existenz gehe: „Wir können uns doch nicht alle neue Autos kaufen. Und selbst wenn wir das machen: Wer garantiert uns, dass das dann in zwei Jahren nicht auch auf der Streichliste landet?“, sagt einer.

Es ist auch die fehlende Planungssicherheit, die die Branche wütend macht. Denn noch hat die Politik nicht entschieden, ob und für wen es Ausnahmegenehmigungen geben soll. Nicht nur in der Taxibranche sind die meisten Fahrzeuge Diesel, viele davon mit Euro 5. In den Tagen nach der Entscheidung der Grün-Schwarzen Landesregierung hat sich ein Verband nach dem anderen gemeldet, um darauf hinzuweisen, dass er Sonderregelungen brauche: Busunternehmen, Handwerker, Fahrschulen.

Flugblätter und Zugehen auf Abgeordnete

Für die Taxler steht deshalb schnell fest, dass es wenig sinnvoll ist, wenn jeder für sich selbst gegen das Verbot kämpft. Derzeit überarbeitet das Regierungspräsidium den Luftreinhalteplan, voraussichtlich bis April will man sich mit Stadt und Land auf Details des Fahrverbots geeinigt haben. Es muss also schnell gehen, wenn man für die eigene Sache trommeln will. Die Taxifahrer denken deshalb nicht nur darüber nach, Flugblätter an täglich bis zu 10 000 Fahrgäste zu verteilen, sondern sie wollen auch auf die anderen betroffenen Branchen zugehen, um die Bemühungen zu koordinieren. Stadträte, Landtags- und Bundestagsabgeordnete sollen auf die Situation hingewiesen werden. Als letzte Möglichkeit wird gar eine gemeinsame Demonstration erwogen.

Wie umfangreich dieser Zusammenschluss werden könnte, ist derzeit noch offen. Gerd Kistenfeger, Pressesprecher der Handwerkskammer Region Stuttgart, sagt dazu: „Soweit es um pauschale Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge geht, sind wir mit allen Betroffenen zu Gesprächen bereit. Erster Ansprechpartner ist allerdings die Politik, und hier die Stadt Stuttgart.“ Das Verkehrsministerium hat allerdings jüngst gegenüber unserer Zeitung betont, dass es durchaus nicht selbstverständlich sei, dass es Ausnahmen geben wird – auch nicht für das Taxigewerbe als Teil des öffentlichen Nahverkehrs.

Das wiederum kann FDP-Vertreter Haußmann nicht verstehen. „Der öffentliche Nahverkehr sollte eher Lösung als Teil des Problems sein“, sagt er. Er unterstreicht die Haltung seiner Partei, die nichts von Diesel-Fahrverboten hält. Er rät, Maßnahmen wie die vor wenigen Tagen aufgestellte Mooswand oder bessere Straßenreinigung auszuprobieren und auf Verbesserungen in der Automobiltechnik zu setzen: „Ich bin überzeugt, dass es auch so gelingt, die Vorgaben einzuhalten.“ Auch weitere Verbesserungen des Verkehrsflusses spielten eine Rolle. Und er kritisiert, dass man mit all diesen Maßnahmen zu lange gewartet habe. Falls es doch bei Fahrverboten bleibe, müsse es zumindest Sondergenehmigungen oder finanzielle Förderung für betroffene Branchen geben: „Da geht es um die Existenz.“

Das Verhältnis zu den Grünen ist unterkühlt

Haußmann ist freilich nicht der einzige, der den Kontakt zur Taxibranche sucht, seit sie vor wenigen Wochen die Fahrverbote und die Verkehrspolitik besonders der Grünen scharf kritisiert hatte. Es stehen Termine mit Vertretern von CDU, SPD und Freien Wählern aus dem Gemeinderat, Land- und Bundestag an. Die Grünen dagegen halten sich nach den harschen Worten bisher zurück.

Für die betroffenen Branchen steht fest: Es muss schnell eine Lösung her – denn bis zum Fahrverbot sind es nur noch gut neun Monate. „Wir brauchen Planungssicherheit“, sagt ein Unternehmer in der Taxi-Zentrale. Und er merkt an: „Wir haben als Teil des öffentlichen Nahverkehrs eine Beförderungspflicht. Da kann der Gesetzgeber doch nicht einfach drüber hinweg gehen.“ Als nächsten Schritt will man nun noch in dieser Woche auf die anderen betroffenen Branchen und Verbände zugehen.