FDP-Christian Lindner ist nach der Wahl sichtlich zufrieden. Foto: dpa/Sebastian Kahnert

FDP-Chef Christian Lindner betont nach der Wahl die Eigenständigkeit seiner Partei. Dabei sendet er schon klare Signale in die Richtung möglicher Koalitionspartner.

Berlin - Christian Lindner lässt seine Anhänger warten an diesem Abend. Eigentlich war damit gerechnet worden, dass der FDP-Chef und die Mitglieder des Parteipräsidiums zwischen 18.20 Uhr und 18.40 Uhr im Hans-Dietrich-Genscher-Haus vor jubelnde Parteifreunde und die Öffentlichkeit treten würden. Doch dann dauert es erst einmal, bis Lindner ans Mikrofon tritt. „Hier ist ja gute Stimmung“, sagt er schließlich – und gute Stimmung herrscht tatsächlich. Tosender Beifall brandet auf, als Lindner sagt: „Die FDP hat eines der besten Wahlergebnisse in ihrer Geschichte erzielt.“

Bangen um Fünf-Prozent-Hürde ist für die FDP vorbei

Das hat sie. Zum ersten Mal seit 1949 konnte sie an diesem Wahlsonntag ein zweistelliges Ergebnis von der Wahl zuvor (2013 kam die FDP auf 10,6 Prozent) halten. Jedenfalls sagten das die Prognose und die ersten Hochrechnungen so voraus. Die Zeiten, in denen die FDP massiv schwächelte und immerzu an der Fünfprozenthürde entlang schrammte, sind offenbar vorbei. Selbst in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern – zwei Ländern, in denen die Liberalen nie stark waren – schafften sie am Sonntag mal knapp (Mecklenburg-Vorpommern) und mal sicher (Berlin) den Sprung in die Landtage.

„Die politische Mitte wurde gestärkt, die Ränder geschwächt“, sagte Lindner unter Anspielung auf die Ergebnisse von AfD und Linkspartei und hatte dabei nicht nur die Bundestagswahl, sondern auch die Landtagswahlen im Blick. Die FDP sei als „eigenständige Kraft“ für ihre Inhalte gewählt worden – also nicht als Anhängsel der Union und auch nicht aus rein taktischen Motiven, um eine bestimmte Koalitionsbildung zu erreichen. Diese Eigenständigkeit werde sich die Partei auch nach der Wahl erhalten. Die Bürger, so Lindner, wollten eine „Regierungsbildung aus der Mitte heraus“.

Keine Frotzelei, kein Seitenhieb in Richtung der Grünen

Lindner war sichtlich bemüht, Brücken zu den Grünen zu bauen. Die wollten genau wie die FDP eine Modernisierung und den Stillstand der großen Koalition überwinden. Es sei „Zeit für einen Aufbruch“. In Summe hätten Union und SPD abermals Stimmen eingebüßt.

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Keine Frage: Lindner bereitet sich auf die nahenden Sondierungsgespräche vor – Gespräche, bei denen die Grünen mit am Jamaika- oder Ampel-Tisch sitzen werden. Dabei fällt auf: Von ihm kam nicht mal der Anflug einer Frotzelei oder eines Seitenhiebs auf die Grünen, die am Sonntag deutlich schlechter abschnitten, als sie selbst erhofft hatten. Als Liberale und Grüne noch in inniger Gegnerschaft verbunden waren, hätte ein FDP-Vertreter womöglich Salz in die Wunde des Gegners gerieben. Davon jedoch fand sich am Sonntag bei Lindners Auftritt vor den hoch zufriedenen Liberalen nicht mal die Spur. Es könne sogar sein, dass Grüne und FDP zuerst miteinander sprechen, um dann die folgenden Gespräche zu strukturieren, wurde Lindner später in der „Berliner Runde“ bei ARD und ZDF noch deutlicher.

Theurer betont: Jamaika ist aber kein Selbstläufer

Im ZDF hatte der FDP-Chef zuvor gesagt: „Die inhaltliche Nähe zwischen Union und FDP ist die größte. Wie jetzt aber Gespräche organisiert werden, das kann man zur Stunde nicht sagen.“ Dafür seien auch noch die Beratungen der Parteigremien am Montag wichtig. Wie bereits vor der Wahl, betonte Lindner: „Die größten inhaltlichen Übereinstimmungen sehe ich in einer Jamaika-Koalition.“ Der baden-württembergische Landeschef und Fraktionsvize im Bundestag, Michael Theurer, warnte allerdings: „Natürlich haben wir aufgrund der inhaltlichen Nähe in den zentralen finanz- und wirtschaftspolitischen Fragen eine gewisse Präferenz für Jamaika, das ist aber kein Selbstläufer.“

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