Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, macht seiner Unzufriedenheit über die Parteiführung Luft. Foto: dapd

Lasse Becker, Chef der Jungen Liberalen, macht seiner Unzufriedenheit über FDP-Führung Luft.

Stuttgart - Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, ist unzufrieden mit dem Erscheinungsbild der FDP. Im Interview fordert er mehr Teamarbeit.

Herr Becker, FDP-Chef Philipp Rösler tut sich schwer im Berliner Politikbetrieb. Haben Sie Mitleid?
Philipp Rösler will kein Mitleid. Aber ich stelle fest, dass er in seinem Amt – wie auch andere in der Führung – Fehler gemacht hat. Jetzt geht es darum, die Fehler abzustellen.

Um welche Fehler handelt es sich denn?
Die Parteiführung hat Großes angekündigt, aber wenig umgesetzt. So wie auch der Vorstand davor nichts von seinen Ankündigungen umgesetzt hat. Nehmen wir die Haushaltskonsolidierung: Davon ist nicht mehr die Rede. Das ist ein Problem.

Nimmt die FDP den Mund zu voll?
Die FDP hat in den letzten Jahren sicherlich zu viele Punkte angekündigt und dann nicht umgesetzt. Beim Steuersystem zum Beispiel haben wir eine Vereinfachung versprochen, doch im Bereich der Mehrwertsteuer lief es auf eine Verkomplizierung hinaus. Da verliert man an Profil. Deshalb bin ich von der gesamten Parteiführung, von der gesamten Fraktion enttäuscht.

Ist das Erscheinungsbild der FDP-Kabinettsmitglieder nicht reichlich schwach?
An manchen Stellen, zum Beispiel beim Sparen, ja. Wir Julis haben Sparvorschläge im Umfang von sechs Milliarden Euro vorgelegt, sind aber zu oft in der Partei auf Bedenken gestoßen. Wenn keiner bereit ist, in seinem Fachbereich Haushaltsposten zu streichen, brauchen wir uns nicht zu wundern.

Könnten Rainer Brüderle oder Christian Lindner die Partei besser führen?
Ich stelle die Frage nach dem inhaltlichen Konzept. Mit welcher Parteispitze wir unsere Profil wieder schärfen, ist unerheblich. Das Bundespräsidium muss sich endlich als Team begreifen und eigene Fehler abstellen. Philipp Rösler sollte zu sich selbst finden und nicht versuchen, wie auf dem Parteitag in Karlsruhe im April geschehen, eine Rede als Westerwelle-Double zu halten. Das Wirtschaftsministerium bietet eine Chance, die wir bisher nicht ausreichend genutzt haben.

„In Karlsruhe haben wir mit dem Grundsatzprogramm einen guten Wertekompass beschlossen“

Ist die Partei noch zu sehr an Westerwelle orientiert?
Wir haben es bisher kaum hinbekommen, die Strukturen weg von der Fokussierung auf eine Person in Richtung Teamfähigkeit umzugestalten.

Mit welchen Initiativen könnten die Liberalen denn Punkte sammeln?
Ich nenne drei Schwerpunkte: Da ist die Eurokrise, in der wir anders als die CSU eine ausgewogene Position vertreten müssen und weder Schreckensszenarien verbreiten noch Schönfärberei betreiben dürfen. Dann muss es um die Generationengerechtigkeit gehen, was aus Juli-Sicht besonders wichtig ist. Es geht dabei auch um die Reform der sozialen Sicherungssysteme. Und schließlich müssen wir uns für den Schutz der Bürgerrechte einsetzen. In diesem Punkt hat die FDP eine tadellose Bilanz vorzuweisen. In Karlsruhe haben wir mit dem Grundsatzprogramm einen guten Wertekompass beschlossen. Ich werde dafür kämpfen, dass dieser sichtbar und möglichst weitgehend umgesetzt wird.

Wird die FDP mit Rösler als Spitzenkandidat den Bundestags-Wahlkampf bestreiten?
Ich wünsche mir, dass sich die Führungsspitze zusammenrauft und dass Philipp Rösler, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Rainer Brüderle und andere gemeinsam das Spitzenteam bilden.

Es wird also es keinen herausgehobenen Spitzenkandidaten geben?
Ich halte die Teamlösung für besser. Damit können wir die verschiedenen politischen Felder besser abdecken.