Die beiden Calwer Schlagmänner Bernd Bodler (rechts) und Raphael Schlattinger (am Ball) erwischten ebenso wie die Abwehrspieler gegen den TSV Pfungstadt einen Sahnetag. Foto: Kraushaar

Faustball: Aufsteiger begeistert das Publikum beim 5:4-Sieg gegen TSV Pfungstadt. Energieleistung wird belohnt.

Mit einer großartigen Energieleistung, angetrieben von einem euphorisierten Publikum schafften die Bundesliga-Faustballer des TSV Calw, was nicht vielen Teams gelingt: Sie schickten den TSV Pfungstadt mit einer Niederlage nach Hause.

TSV Calw – TSV Pfungstadt 5:4 (7:11, 8:11, 11:4, 12:10, 3:11, 10:12, 11:9, 11:5, 11:5). Als frischgebackener Europapokalsieger waren die Hessen gekommen – mit vier Welt- und Europameistern. Sie standen dem Aufsteiger aus Calw gegenüber, der in seiner Premieren-Saison in der Hallenrunde der 1. Bundesliga auf Tabellenplatz drei steht.

Verzichten mussten die Calwer auf ihren zentralen Mann Nick Stoll (beruflich verhindert). Für ihn rückte Philipp Kübler auf die Zuspielposition, Lukas Gruner übernahm die vakante Abwehrseite. Die Angriffsabteilung bildete das bewährte Duo Bernd Bodler und Raphael Schlattinger.

Auf Seiten der Pfungstadter griffen Steve Schmutzler, vor der Saison vom Vizemeister MTV Rosenheim für den verletzten Patrick Thomas gekommen, und das junge Talent Johannes Jungclaussen (früher TV Vaihingen/Enz) an. Dahinter standen Ajith Fernando und Alexander Schmidt, in der Mitte Sebastian Thomas.

Das Match vor 200 Zuschauern in der Walter-Lindner-Sporthalle begann mit einem Abtasten. Der TSV Calw blieb bis zur Satzmitte auf Augenhöhe, wirkte dann aber übermotiviert gegen die abgezockten Hessen, die jeden kleinen Fehler umgehend bestraften. Folglich gingen die beiden ersten Sätze an den Favoriten aus Pfungstadt.

Der Calwer Schlagmann Raphael Schlattinger versuchte es nun häufig über Schmutzler, doch der wehrte stark ab. Erfolgreicher waren die Angriffe über Schmidt: Der TSV Calw ging 7:3 in Führung und brachte den dritten Satz wenig später überraschend locker mit 11:4 Punkten unter Dach und Fach.

Nach der ersten Zehnminutenpause wechselte der TSV Pfungstadt Andrew Fernando für Bruder Ajith ein, es entwickelte sich ein Match auf hohem Niveau, das das Publikum zusehends mitriss. Die Calwer drehten einen 1:3-Rückstand in eine 5:4-Führung, doch dann erspielte sich der 26-malige und amtierende deutsche Meister beim 10:8 zwei Satzbälle. Der TSV Calw verkürzte auf 9:10, und beim zweiten Satzball gelang Lukas Gruner eine von mehreren ganz starken Abwehraktionen. Schlattinger glich mit einem riskanten Cross-Schlag aus. Die verdutzten Pfung-stadter legten eine Auszeit ein, doch der TSV Calw machte den Sack zum 2:2-Satzausgleich zu.

Mit Wut im Bauch zeigten die Gäste im fünften Satz ihr ganzes Können. Schmutzler, der mehrfache Weltmeister, setzte Nadelstiche auch aus schwierigen Situationen heraus. Sein junger Nebenmann Jungclaussen stieß in jede kleine Abwehrlücke. Die Calwer hatten nicht den Hauch einer Chance.

Dramatisch der sechste Satz: Die Calwer hatten sich wider gefangen, Küblers blitzsaubere Zuspiele verwerteten Schlattinger und Bodler. Beim Stand von 9:7 nahm Bodler eine zu lang geratene Vorlage der Pfungstadter unnötigerweise an. Das Spiel ging weiter, der TSV Pfungstadt punktete. Kurz darauf, der TSV Calw hatte beim 10:8 zwei Satzbälle, gingen die Pfungstadter aus einer unglückliche Blocksituation als Sieger hervor und nutzten die Konfusion bei den Calwern aus. Diese gaben den schon sicher geglaubten Satz noch aus der Hand gaben (10:12).

Die Zuschauer auf der Tribüne waren sich einig: Der Calw ist auf Augenhöhe mit dem große Gegner, aber in engen Situationen zu ungestüm und hektisch. "In der folgenden Pause bei 2:4 war die Stimmung im Keller", gab Raphael Schlattinger später zu Protokoll. "Aber wir haben uns ausdiskutiert und alle am Riemen gerissen."

Trainer Thomas Stoll gab die Devise aus: "Wir gewinnen jetzt nicht drei Sätze, sondern erst mal nur den nächsten. Danach sehen wir weiter." Dass die Calwer den Reset-Knopf tatsächlich fanden, war das Erfolgsrezept. Der TSV Pfungstadt stand in Bestbesetzung mit vier Weltmeistern auf dem Platz, bis zum 7:7 waren beide Seiten gleichauf. Thomas Stoll nahm noch einmal eine Auszeit, um etwas Ruhe ins Spiel zu bringen und wechselte die Rollen seiner Angreifer. Bernd Bodler wehrte überragend ab und entlastete Schlattinger, der nun sicher punktete. Mit einem hart unterschnittenen Angriffsball sorgte der Schweizer Nationalspieler für die 10:8-Führung, kurz darauf gewann der TSV Calw 11:9.

Eine herausragende Rettungsaktion von Philipp Kübler und der anschließende Block Bodlers gaben den Startschuss in einen furiosen Calwer Endspurt: 5:2, 8:4, 11:5 – der Satzausgleich zum 4:4 war geschafft, und zum dritten Mal in bis dahin vier Heimspielen ging es über die volle Distanz von neun Durchgängen.

Den erfolgsverwöhnten Pfungstadtern fiel nicht mehr viel ein gegen die heimstarken Calwer, deren Abwehr mit Marco Stoll, Philipp Kübler und Lukas Gruner bombensicher stand.

Bei Spielstand von 6:3 wurden letztmals die Seiten gewechselt. Schmutzler und Jungclaussen unterliefen Fehler, Schlattinger und Bodler trafen. Mit 11:5 Punkten entschieden die Gastgeber das Spiel, die Halle kochte, die Spieler des TSV Calw wurden mit Standing Ovations belohnt. "Ein Meilenstein für den Faustball in Calw", so Trainer Thomas Stoll abschließend.