Fatih Akin auf der Bühne im Scala vor der Aufführung seines Films „Rheingold“ Foto: Werner Kuhnle

Der Hamburger Regisseur Fatih Akin hat beim Kino-Festival „Lichtspielliebe“ im Ludwigsburger Scala seinen Migrations-Thriller „Rheingold“ präsentiert.

„Das Scala strahlt“, sagt der Ludwigsburger Filmproduzent Jochen Laube zur Eröffnung seines Kinofestivals „Lichtspielliebe“ auf der Bühne vor der Leinwand. Nach zwei Jahren Zwangspause hat er wieder ein facettenreiches Programm zusammengestellt, in dem eines im Zentrum steht: die Liebe zum Kino.

„Das ist kein Filmfestival, bei dem ich Filme zeige, die mir gefallen“, sagt Laube. „Mir geht es darum, Menschen aller Gesellschaftsschichten mal wieder ins Kino zu locken – deswegen spreche ich von einem Kinofestival, es geht um das gemeinsame Erlebnis.“ Das bestätigt der Stargast des Eröffnungsabends, der Regisseur Fatih Akin. Er präsentiert seinen aktuellen Migrations-Thriller „Rheingold“ und erklärt vorab: „Ich versuche, weiter Kino zu machen – auf der Couch mit Pizza kann jeder!“

Zum Einstieg eine Rap-Einlage

Zwei junge Rapper und eine Sängerin aus Ludwigsburg haben die Bühne für ihn angewärmt mit Stücken über Selbstfindung und die Liebe, das bunt gemischte Publikum ist ihrer Aufforderung nachgekommen, bei einem Song aufzustehen und mit den Handys zu leuchten. „Wenn es mir durch so ein Vorprogramm gelingt, ein paar Rap-affine Jugendliche mal wieder ins Kino zu locken, habe ich mein Ziel schon erreicht“, sagt Laube im Gespräch.

Rheingold“ ist das fiktionalisierte Drama des realen Migrantensohns Giware Hajabi, der sich im kriminellen Milieu verliert, einen Goldraub bei Ludwigsburg versemmelt, im Gefängnis eine Läuterung erfährt und heute als erfolgreicher Rapper Xatar ein Leben gefunden hat. „Ich mag das, mit Kino zu spielen“, sagt Akin im Interview. „Diese Geschichte ist Kriegs-, Coming of Age-, Flüchtlings-, Gang-, Räuber-, Knast- und Hip-Hop-Film, eine Reise durch meinen eigenen Blick aufs Kino.“

Der Straßenkampf-Trainer ist real

Der junge Xatar lernt boxen und schlägt dann auch sehr hart zu, um auf der Straße respektiert zu werden. „Ich habe mich gefragt: Wie mache ich das, dass das nicht so wird wie bei Rocky?“, sagt Akin. „Der Typ, der ihn im Film trainiert, ist real, kein Schauspieler. Das ist viel härter, aber so eine Straße hat ja ein anderes Narrativ, das muss man auch so rüberbringen.“

Xatar und seine Gang sind eher Dilettanten, beim Goldraub jedenfalls viel zu unprofessionell. „Ich zeige nur, was die Beteiligten mir erzählt haben“, sagt Akin. „Es ist schon sehr lustig, die hatten wirklich nicht mal eine Halterung für ihr ,Bitte folgen‘-Schild. Aber sie waren oft genug von Cops hochgenommen worden, um zu wissen, wie sie glaubhaft Polizisten spielen.“

Eine echte Parallelgesellschaft

Biodeutsche tauchen in „Rheingold“ überwiegend als Strafverfolger auf. „Das ist eine echte Parallelgesellschaft“, sagt Akin“. „Ich habe deren Welt beim Schreiben ein paar Monate lang beobachtet, da waren keine Biodeutschen. Und ich dachte: Das könnte ein sehr konsequenter Film werden. Das ist übrigens auch den Zuschauern im Ausland aufgefallen.“

Nichts beschönigt hat der Filmemacher schon in seinem brillanten NSU- und Selbstjustiz-Thriller „Aus dem Nichts“ (2017) mit Diane Kruger. „Wenn man die Populärkultur mit solchen Themen mischt, kann man die Leute unterhalten und zugleich Aufmerksamkeit auf einen wunden Punkt lenken“, sagt er. Nun arbeitet er an einer Serie über Marlene Dietrich: „Diane hat den Stoff für uns beide entdeckt.“

Laubes Gäste teilen dessen Liebe zum Kino

Jochen Laube ist einer der agilsten deutschen Filmproduzenten, er hat „Berlin Alexanderplatz“ (2019) realisiert , aktuell läuft seine „Sisi“-Serie „Die Kaiserin“ auf Netflix und die Fußball-Serie „Das Netz“ in der ARD-Mediathek. Trotzdem nimmt er sich die Zeit, in seiner Heimatstadt Ludwigsburg die „Lichtspielliebe“ zu organisieren.

Prominente Gäste wie Fatih Akin folgen seinem Ruf ins Scala gern. „Die Leute denken, ich würde die alle kennen, aber das stimmt nicht“, sagt Laube. „Das sind Menschen, die das Kino so lieben wie ich. Das war auch 2018 bei Wim Wenders so, den ich vorher nicht persönlich kannte. Ich habe da wohl einen Nerv getroffen.“

Thees Ullmann leitet einen Stephen-King-Abend ein

Am 5. November ist der Musiker Samstag Thees Ullmann zu Gast. „Auf seinem aktuellen Album ist ein Lied namens ,Danke für die Angst‘, eine Hymne an den Horror-Autor Stephen King“, sagt Laube. „Also habe ich ihn eingeladen, ein paar Songs zu spielen, und danach schauen wir die ganze Nacht Stephen-King-Filme.“

Stanley Kubricks „Shining“ steht auf dem Programm. Am 4. November präsentiert der Schauspieler und Autor Dimitri Schaad „Aus meiner Haut“, den einzigen deutschen Beitrag bei den diesjährigen Filmfestspielen in Venedig; am 6. November zeigt Laube den deutschen Oscar-Beitrag „Im Westen nichts Neues“. Anschließend stellen sich der Regisseur Edward Berger und einige Schauspieler via Zoom den Fragen des Publikums.

Zum Abschluss ein Poetry Slam

Zum Abschluss am Sonntagabend (6. November) gibt es den „Movie Slam“: Dichterinnen und Dichter haben vorab Kurzfilme zugeschickt bekommen und dazu einen Text verfasst. Das Publikum sieht zuerst den Film und dann den zugehörigen Poetry Slam, außerdem Texte über Lieblingsfilme und die Schauspielerei. Am Ende kürt das Publikum eine Siegerin oder einen Sieger.

Das gesamte Programm der „Lichtspielliebe“ gibt es hier.