Anlässlich der Fastenzeit haben die Künstler Albrecht Behmel und Adriana Adam ein Fastentuch kreiert. Mit diesem wird das Kreuz in der Taborkirche bis Ostern verhüllt, was die Leidenszeit Jesu vor seinem Tod symbolisieren soll.
Die Tradition der Kreuzverhüllung in der katholischen Kirche besteht bereits seit dem Mittelalter, ist mancherorts aber etwas in Vergessenheit geraten. Die Künstler Albrecht Behmel aus Freudenstadt und Adriana Adam aus Dietersweiler haben sie nun in der Taborkirche in Freudenstadt wiederbelebt. Dekan Anton Bok hatte das Projekt von Anfang an begleitet.
Das von ihnen kreierte Fastentuch hängt dort offiziell seit Aschermittwoch, dem Beginn der Fastenzeit und wird in der Osternacht wieder abgenommen. Durch das Verhüllen des Kreuzes solle bildlich auf die Leidenszeit Jesu vor seinem Tod am Kreuz aufmerksam gemacht werden.
Die Abnahme des Tuches an Ostern soll zeigen, dass Jesus fortan wieder unverhüllt in seiner Göttlichkeit vor den Menschen steht und den Himmel für diese geöffnet hat. Die Idee für ein solches Projekt hatten der ehemalige Pastoralreferent Michael Paulus und Behmel, der ebenso wie Adam der Taborkirchengemeinde persönlich sehr verbunden sei.
Italienische Farben
Da Behmel malt, habe von Anfang an festgestanden, dass das Fastentuch in diesem Fall bemalt – und nicht wie sonst häufig bestickt – werden sollte. Klar war auch, dass er dabei nicht seine sonst übliche, sehr farbintensive Maltechnik anwendet, sondern etwas ganz anderes, erzählt der Künstler und dreifache Vater. „Was wir deshalb jetzt auf dem Fastentuch sehen, das sind römisch anmutende, italienische Farben wie Terrakotta, die mit der Kirche und dem Interieur harmonieren“, erklärt der 53-jährige.
Der Leinenstoff für das drei auf vier Meter große Fastentuch stamme aus Hamburg. Ein örtlicher Schneider habe den Hohlsaum, durch den die Stange zum Aufhängen gezogen wurde, genäht. Behmel hatte zudem die aus Rumänien stammende Künstlerin Adriana Adam mit ins Boot geholt. Die Beiden kennen sich durch die Taborkirchengemeinde. Gemeinsam haben sie sich die Gestaltung des Fastentuchs überlegt, Arbeitsskizzen angefertigt und schließlich gemalt. Verwendet wurden spezielle Pinsel und stark verdünnte Acrylfarbe. Gemalt wurde kniend auf dem Boden in Behmels Atelier über den Zeitraum von etwa einem Monat, bis alles fertig war.
Zahlreiche Motivoptionen
Aufgrund der unzähligen Symbole, die in der katholischen Kirche eine Rolle spielen, sei die Entscheidung für die endgültigen Motive gar nicht so leicht gewesen. Entschieden haben sich beide unter anderem für die Abkürzung „INRI“. Diese steht für den lateinischen Satz „lesus Nazarenus Rex ludaeorum“, zu Deutsch: „Jesus von Nazaret, König der Juden“.
Umrahmt wird sie von zwei Getreideähren, die das Brot symbolisieren sollen, das in der Eucharistiefeier für den Leib Christi verwendet wird. Die beiden griechischen Buchstaben Alpha und Omega stehen für den Anfang und das Ende. Dazwischen steht der Pokal, aus dem der Wein – symbolisch für das Blut Jesu – gesammelt wird.
Fastentuch geht auf Wanderschaft
Die Darstellung der Zahl sechs als „Schlenker“ steht für die sechs Schöpfungstage. Ebenfalls abgebildet sind das „Herz Jesu“ und zwei Fische, die sowohl an die große Speisung als auch an die „Menschenfischer“ in der Bibel erinnern sollen.
Das Fastentuch soll den Betrachter und Gottesdienstbesucher deshalb anregen, sich Gedanken über das zu machen, was in der Kirche stattfindet und gefeiert wird, erklärt Behmel. Gerade in der Fastenzeit stehe neben dem körperlichen Fasten nämlich auch die Spiritualität sehr stark im Vordergrund, ergänzt Adam.
Das Fastentuch gehe in den kommenden beiden Jahren während der Fastenzeit auf Wanderschaft. Dann verhülle es auch die Kreuze der Sankt Franziskus Kirche in Dornstetten und der Sankt Martinus Kirche in Loßburg. Vielleicht werden im Laufe der Zeit noch weitere Fastentücher entstehen.