Mokhtar Boulachab sieht durch das Fasten keinen großen Einfluss auf seine Leistungen auf dem Platz. Foto: Eibner/Baur

Zum ersten Mal gibt es in der Bundesliga Unterbrechungen für muslimische Spieler, damit diese kurz nach Sonnenuntergang ihr Fasten im Ramadan brechen können. In den Sommermonaten sind Trinkpausen bereits Normalität. In dieser Form stellen sie jedoch ein Novum dar. Villingens Mokhtar Boulachab spricht mit unserer Redaktion über seine Erfahrungen.

Es ist 19.54 Uhr. Bundesliga-Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck wartet kurz mit der Spielfortsetzung der Partie zwischen Mainz und Augsburg. Für die Zuschauer sowie alle Beobachter eigentlich nicht der Rede wert, doch für den Mainzer Moussa Niakhaté und alle Muslime ist es ein wichtiger Moment. Zum ersten Mal wurde es einem muslimisch gläubigen Fußballer im deutschen Oberhaus ermöglicht, das Fasten während des Ramadans zu brechen.

Hintergrund: Im Fastenmonat Ramadan dürfen Muslime beginnend mit dem Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang weder Nahrung noch Trinken zu sich nehmen. Jöllenbeck, der haupftberuflich als Arzt tätig ist, sei von der Anfrage Niakhatés in der Halbzeit überrascht gewesen. Er habe so etwas zwar noch nie erlebt, habe aber selbstverständlich zugestimmt. Antragsteller Moussa Niakhaté hätte derweil auch eine Absage nachvollziehen können. 

April im Zeichen des Ramadans

Ähnlich ergeht es auch Mokhtar Boulachab. Der 23-jährige Deutsch-Algerierer spielt in der Oberliga beim FC 08 Villingen auf der Position des Rechtsverteidigers. Der April steht nun auch für ihn im Zeichen des Ramadans. "Ich würde so eine Unterbrechung jetzt nie fordern. Das ist ja meine Entscheidung, dass ich das mache. Wenn man es vor dem Spiel abspricht, nehme ich das natürlich dankend an, aber ich würde das niemals verlangen. Auch eine feste Regelung muss meiner Meinung nach nicht sein", sagt Boulachab.

Mit seinen Erfahrungen ist der 23-Jährige indes nicht allein - noch drei weitere Spieler fasten in der Villinger Mannschaft. Wie sieht FC 08-Trainer Marcel Yahyaijan die Situation rund um Ramadan? "Ich habe in die Runde gefragt, welche Spieler fasten. Es ist einfach wichtig zu wissen, wie man mit den Spielern in der Zeit umgehen muss. Uns steht es aber nicht zu, das grundsätzlich zu bewerten. Das ist die Entscheidung der Spieler", berichtet der Übungsleiter.

Toleranz sehr wichtig

Yahyaijan hat selbst iranische Wurzeln, die Fasten-Regeln sind ihm also durchaus bekannt. Selbst fastet er aber nicht, wie er zugibt: "Ich bin selbst mit zwei Kulturen aufgewachsen. Das Thema Fasten war aber nie so groß in unserer Familie. Meiner Meinung nach geht es dabei sehr um das Thema Toleranz und ich finde, dass ich ein sehr toleranter Mensch bin." Schon fast zustimmend erklärt Boulachab im Gespräch mit unserer Redaktion: "Ich war positiv überrascht, dass der Trainer auf uns zukommen ist. Ich bin auch dankbar, dass wir unsere Kultur so ausleben können. Das ist ja nicht selbstverständlich."

Unterbrechung in zwei Spielen

Aus diesem Grund sieht der Deutsch-Algerier auch die Spielunterbrechungen positiv. Nicht nur in der bereits angeführten Partie, auch im Spiel zwischen Leipzig und Hoffenheim wurde den betroffenen Spielern die Möglichkeit eingeräumt, ihr Fasten zu brechen.

"Das hat schon einen hohen Stellenwert, wenn man das sieht", sagt Boulachab. Er selbst fastet seit dem er zwölf Jahre alt ist. "Es gibt außerhalb vom Fußball noch wichtigere Dinge. Man muss einfach die erste Woche überstehen, aber je länger es geht, desto mehr wird es zur Normalität", erklärt der Fußballer weiter. 

Flüssigkeitsverzicht besonders schwer

Besonders im ersten Jahr sei das Fasten in der Oberliga schwer, doch es gebe ja auch viele Profis, die im Ramadan weder Essen noch Trinken zu sich nehmen würden. Der 23-Jährige sagt: "Die ersten Trainingseinheiten braucht es zur Gewöhnung. An den ersten Tagen ist man schon kaputt und dann fühlt man sich ohne Trinken schnell ausgetrocknet." Vor allem die fehlende Flüssigkeitsaufnahme mache den Fußballern zu schaffen. Doch auch gewichtstechnisch sei der Ramadan durchaus eine Herausforderung.

"Früher als ich noch nicht so drauf geachtet habe, habe ich schon schnell mal abgenommen", berichtet Boulachab. Nun achte er aber darauf, nachts zweimal groß zu essen. Die erste große Mahlzeit stehe gleich für den Sonnenuntergang auf den Plan. "Um Fünf stehe ich dann meistens auf und esse nochmal groß. Anschließend schlafe ich dann weiter", berichtet Mokhtar Boulachab. Die frühe Essenspause, sagt der 23-Jährige, sei vor allem an Spieltagen wichtig, da: "Wir ja schon von Anfang an im Nachteil sind. Deswegen braucht es eine gute Vorbereitung." 

Datteln zum Sonnenuntergang

Worauf er sich nach einem langen Fastentag am meisten freut? "Kurz nach Sonnenuntergang gibt es traditionell Datteln. Da wünschen uns die Mitspieler in der Kabine dann auch immer einen Guten. Dazu gibt es dann immer viel Wasser oder auch Milch." Zwar respektiert Trainer Yahyaijan das Fasten als persönliche Entscheidung, doch er gibt zu: "Aus sportwissenschaftlicher Sicht sehe ich das nicht so förderlich. Ich habe die Spieler auch gefragt, ob sie es über 90 Minuten schaffen." Er könne auch nicht ausschließen, dass die Situation unterbewusst oder vielleicht sogar bewusst Einfluss auf seine Entscheidungen nimmt.

"Das könnte natürlich auch Auswirkungen auf die Auswechslungen haben, wenn ich weiß, dass von einem der vier Spieler gegen Ende nicht mehr so viel zu erwarten ist. Die Spieler müssen da einfach auch ehrlich auf mich zukommen", sagt der Trainer.

Leistung soll entscheiden 

Auch für Boulachab sollte es am Ende des Tages um die Leistung gehen, auch während des Ramadans. "Ich würde das Fasten niemals als Ausrede nutzen. Ich denke, dass man seinen Körper selber immer am besten kennt. Das ist reine Kopfsache. Es kommt einfach auf die Leistung an."