Das öffentliche Abstauben, so wie es in Schwenningen praktiziert wird, gibt es seit 60 Jahren. Beim Fasnetsauftakt am Montag, 6. Januar, kann die Narrenzunft Schwenningen auf dieses kleine Jubiläum blicken.
Hierbei werden nicht nur die Masken abgestaubt, auch mancher Zeitgenosse, der sich im vergangenen Jahr das eine oder andere „geleistet“ hat, wird vom Staub befreit und bekommt noch vom Abstauber-Duo Jörg Schlenker und Bärbel Noel einen lustigen Spruch mit auf den Weg – auch sehr zur Erheiterung des Publikums.
Auf Empfehlung der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte wandte sich 1965 auch die Narrenzunft Schwenningen vom 11.11. als Fasnetseröffnung ab. Der 6. Januar, der Dreikönigstag, zum Schluss der Raunächte wurde schließlich zum Auftakt auserkoren. Auch am Neckarursprung erinnerte man sich an eine alte Überlieferung, nach der durch das Schütteln (Abstauben) von Narrengschell die bösen Mächte durch den Krach vertrieben werden sollten. Auch war ein Grund, dass man die Fasnet ohne jedes alte Staubkorn beginnen wollte.
Das Abstauben hat in der Gegend um Schwenningen eine langjährige Tradition. Während in Rottweil und Deißlingen beispielsweise Abstaubergruppen zu den Narren nach Hause gehen und dann jeweils die Narrenkleider und Schemen vom Staub befreien, hat man sich seit 1965 bei der Narrenzunft daraufhin verständigt, ein gemeinsames Abstauben von Häs und Gschell durchzuführen.
Der erste Abstauber
Erster Abstauber der Narrenzunft war Ernst Schlenker, genannt „Bürschtle“ – ein närrisches Urgestein der Schwenninger Fasnet, dessen Witz und Humor so manche (Freuden)-Tränen in die Augen schießen ließen. So war es auch beim ersten Abstauben am 6. Januar vor 60 Jahren, als er mit der gebotenen Betulichkeit und Sorgfalt Scheme, Gschell und die Ehrengäste im damaligen Zunftlokal „Felsen“ abstaubte, damit ja kein Staubkorn auf der Fasnet 1965 liegen blieb.
Die ersten Jahren erledigte Ernst Schlenker das Abstauben alleine. Lediglich mit Staubwedel und Eierkörble bestückt, kam er mit schwarzem Gehrock und Zylinder zum Abstauben. Der Fasnetsauftakt entwickelte sich in den Folgejahren zusehends. Erst als Schlenker das Oberteil eines Stubenwagens als Korbersatz nahm, fand er 1971 in Siegfried Hanselmann seinen ersten Gehilfen. Es sollte einen ganze Reihe von weiteren Abstaubern folgen. 1973 wechselte die Narrenzunft am 6. Januar ins Frohsinn-Sängerheim, da dort mehr Platz für die Narren war.
Das Abstauben erfuhr einen großen Zulauf. Ab dieser Zeit kam Jürgen Wangler als Abstauber hinzu. 1974 wechselte man in den Saal des Hotels „Neckarquelle“. 1976 wurde Heinz Kaltenmark neuer Abstauber mit Ernst Schlenker, der schließlich 1985 in den Abstauber-Ruhestand ging. Von Mitte der 1980er-Jahre an, war das Beethovenhaus die neue Heimat für den Fasnetsauftakt. Von 1986 bis 1993 waren Heinz Kaltenmark und Siegfried Heckl die Abstauber der Narrenzunft. Heinz Kaltenmark wurde 1994 von Markus Stegmann abgelöst.
Am 6. Januar 2005 ging schließlich Siegfried Heckl in den Abstauberruhestand. Im Jahr darauf präsentierte Markus Stegmann mit Bärbel Noel eine neue Mitabstauberin. Seit 2018 bildet Jörg Schlenker mit Bärbel Noel das Abstauberteam. 2019 ging es erstmals in Neckarhalle. Eine Unterbrechung gab es im Coronajahr 2021, wo das Abstauben als Videobeitrag im Internet gezeigt wurde und 2022, als man sich nochmals wegen Covid im Zunftgärtle bei der Zunftstube traf.
Die „Lieblingsopfer“
„Lieblingsopfer“ waren und sind bei den Fasnetsnarren immer die Stadtoberhäupter und Gemeinderäte, die nach Auffassung der Abstauber fast nie eine Gelegenheit auslassen, um in irgendein Fettnäpfchen zu treten, ganz zur Belustigung des anwesenden Publikums. Auch Leute ohne Amt und Würden sind vor den Abstauben nicht geschützt. Abgestaubt werden immer nur anwesende Personen.
Jörg Schlenker und Bärbel Noel sind beim Fasnetsauftakt der Narrenzunft „gschwatzfrei“. Das heißt, dass sie jedem nach dem Abstauben so in die Augen schauen können wie bisher. Dabei wird immer das oberste Gebot befolgt, nämlich nie beleidigend zu sein.
Am Dreikönigstag
Der Fasnetsauftakt
mit Gschellabstauben und Ehrungen langjähriger Mitglieder, beginnt am Montag, 6. Januar, um 10.16 Uhr in der Neckarhalle. Für die musikalische Unterhaltung sorgen der Musikverein „Harmonie“ sowie der Fanfarenzug der Narrenzunft Schwenningen, mit Unterstützung durch den Fanfarenzug der Glonki-Gilde Villingen. Im Anschluss an das Abstauben hat die Zunftstube geöffnet.